Berlin Sie war das sozialpolitische Prestigeprojekt der Liberalen im Bundestagswahlkampf 2021 – die Aktienrente. Doch passend zum FDP-Parteitag zeigt nun eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar Public im Auftrag der Gewerkschaft IG Metall, dass eine Mehrheit der Bürger die Idee skeptisch beurteilt. Selbst unter den FDP-Anhängern ist die Begeisterung nicht groß.
Die ursprüngliche Idee der Aktienrente sah vor, einen Teil der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung an den Kapitalmärkten anzulegen. Den Koalitionspartnern SPD und Grünen ging das aber zu weit.
Die Ampelkoalition einigte sich zwar, eine neue kapitalgedeckte Säule unter dem Dach der Rentenversicherung aufzubauen. Dieses „Generationenkapital“ soll aber nicht aus Rentenbeiträgen, sondern aus Steuermitteln aufgebaut werden. Laut Koalitionsvertrag sind dafür zunächst zehn Milliarden Euro vorgesehen.
Nach der Kantar-Umfrage, die Anfang April unter 1017 Wahlberechtigten erhoben wurde, lehnen zwei Drittel (67 Prozent) der Befragten es ab, Rentenbeiträge in eine kapitalgedeckte Säule zu stecken. Unter den Wählerinnen und Wählern der FDP sehen immerhin 42 Prozent einen solchen Systemwechsel skeptisch.
Sicherheit und Planbarkeit bei der Finanzierung der Altersvorsorge ist den Bürgern nach der Umfrage wichtiger als eine mit größerem Risiko verbundene höhere Rendite. IG-Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban warnt davor, das Generationenkapital zu einer Vorstufe für die ursprünglich angedachte Aktienrente werden zu lassen.
Generationenkapital für Lindner erst der Anfang
Zusätzliche Mittel aus dem Staatshaushalt zur Stabilisierung der Rentenbeiträge in einem Fonds anzulegen sei das eine, sagt Urban. „Rote Linien werden aber überschritten, wenn mit Rentenbeiträgen spekuliert wird und Rentenzahlungen am Anlageerfolg hängen.“ Ähnlich hatte sich zuvor auch schon Verdi–Chef Frank Werneke gegenüber dem Handelsblatt geäußert.
Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner hat mehrfach deutlich gemacht, dass die zehn Milliarden Euro für das Generationenkapital für ihn nur ein Anfang sind. Er würde gerne 15 Jahre lang Jahr für Jahr zehn Milliarden Euro in den Fonds legen und zusätzlich nicht benötigtes Staatseigentum als Sacheinlage buchen, sodass bis Ende der 2030er-Jahre ein dreistelliger Milliardenbetrag zur Verfügung stünde.
Diese kapitalgedeckte Säule soll helfen, die Rentenversicherung zu stabilisieren, wenn ab Mitte dieses Jahrzehnts die geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge in den Ruhestand gehen.
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Im Bundestagswahlkampf hatte die FDP aber noch für das weiter gehende Modell einer Aktienrente nach schwedischem Vorbild geworben. Nach den Vorstellungen der Partei sollten zwei Prozentpunkte des regulären Rentenversicherungsbeitrags von 18,6 Prozent, der je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen wird, in eine langfristige, chancenorientierte und kapitalgedeckte Altersvorsorge investiert werden.
Bürger haben kein Vertrauen in Lindners Rentenkompetenz
SPD und Grüne sind allerdings dagegen, der gesetzlichen Rentenversicherung Beitragsmittel zu entziehen und sie stattdessen in Aktien und anderen Wertpapieren anzulegen. Die beitragsfinanzierte Rente dürfe nicht dem Kapitalmarktrisiko ausgesetzt werden, argumentieren sie.
Dagegen hat Lindner sich bisher von der ursprünglichen Idee nicht verabschiedet. Wenn sich das Modell des Generationenkapitals irgendwann bewährt habe, spreche doch nichts dagegen, „dass auch die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler in die zukünftige Stabilität der Rente mit investieren“, sagte er Ende Januar in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“.
Allerdings vertrauen nach der Kantar-Umfrage 74 Prozent der Bürger dem Bundesfinanzminister grundsätzlich in Fragen der Rentenpolitik nur wenig. Von den FDP-Anhängern sind 61 Prozent in diesem Punkt misstrauisch.
Mehr: „Man muss schon recht gutgläubig sein“: Warum die Rente längst nicht mehr sicher ist
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