Riga Dass sich Russland vom Westen abwendet, macht sich immer stärker auch in der Sprachpolitik des Landes bemerkbar: Nur kurz nachdem Chinas Staatspräsident Xi Jinping seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin Ende März einen dreitägigen Staatsbesuch abstattete, wurde bekannt, dass die russische Zentralbank ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nun dazu anhält, Chinesisch zu lernen.
Von Januar bis März 2023 soll die Zahl der offenen Stellen für chinesischsprachige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer laut der russischen Nachrichtenplattform RBC im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 42 Prozent gestiegen sein. Dabei bezieht sich RBC auf Daten des russischen Recruitingportals Headhunter. Schon im Jahr 2022 habe es einen Anstieg um 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gegeben.
Schlagzeilen machte Ende März außerdem das in Russland renommierte Moskauer Institut für Physik und Technologie (MIPT) mit einer Änderung im Fremdsprachenprogramm. Ab dem akademischen Jahr 2023/2024 hätte Chinesisch dort Englisch ersetzen sollen, bei anderen Fremdsprachen wie Spanisch oder Französisch war gar von einer Abschaffung des Sprachunterrichts die Rede.
Das MIPT gilt als eine der führenden technischen Universitäten im Land, ist aber von den USA mit Sanktionen belegt. Das US-Außenministerium nennt als Grund unter anderem die Beteiligung des Instituts an der Entwicklung von militärischen Drohnen.
Zuvor hatte die Universität gegenüber Wedomosti gesagt, man werde die Studierenden dazu verpflichten, Chinesisch zu lernen, damit sich diese „auf die neuesten wissenschaftlichen Veröffentlichungen verlassen und technische Dokumentationen lesen“ könnten.
Studierende kritisierten Chinesisch-Zwang
Viele Studierende waren davon allerdings wenig begeistert, wie unter anderem die Zeitung „Novaya Gazeta“ beschrieb. Sie berichtete von einer Petition des Studierendenrats, der unter anderem „das erzwungene Erlernen der chinesischen Sprache und den Qualitätsverlust des Fremdsprachenunterrichts“ kritisiert. Man habe versucht, mit der Führung des Spracheninstituts zu verhandeln, sei aber „in eine Sackgasse geraten“, zitiert die „Novaya Gazeta“ die Studierendenvertreter.
Anfang April dann die Kehrtwende: Die Universität werde zum traditionellen Schema des Sprachenunterrichts zurückkehren, meldete die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria – „um sich nicht in Diskussionen zu verzetteln“, so die Universität. Am MIPT sollte man demnach also weiter die Wahl haben, ob man Englisch oder Chinesisch lernen möchte. Auch andere Fremdsprachen wären dementsprechend weiterhin wählbar.
Laut einer aktuellen Umfrage der russischen Bank Otkritie ist Englisch für knapp 60 Prozent der russischen Bevölkerung noch immer die wichtigste Fremdsprache. Allerdings hat sich der Anteil der Russinnen und Russen, die Chinesisch für wichtig halten, innerhalb der vergangenen zwei Jahre auf 16 Prozent verdreifacht.
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Der Umfrage zufolge, die in Städten mit über 100.000 Einwohnern durchgeführt wurde, ist die Zustimmung in jenen Regionen besonders hoch, die auch geografisch nahe an China liegen. In Sibirien beispielsweise nannten 25 Prozent der Befragten Chinesisch als wichtigste Fremdsprache.
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