Berlin Die SPD-Bundestagsfraktion fordert deutliche Fortschritte für die Etablierung der Raumfahrt in Deutschland. Vor allem brauche es eine eigene Infrastruktur, haben die Sozialdemokraten in einem Konzeptpapier festgehalten, das am Dienstag durch die Fraktion beschlossen werden soll. In dem Dokument, das dem Handelsblatt vorliegt, heißt es: „Deutschland benötigt unabhängigen Zugang zum Weltraum.“
Konkret wollen die Sozialdemokraten erreichen, dass innerhalb der Bundesrepublik eigene Startkapazitäten für Trägerraketen und Satelliten aufgebaut werden. Ein guter Anfang sei daher die geplante mobile Startplattform in der Nordsee.
Jenen geplanten deutschen „Weltraumbahnhof“ muss man sich nicht vorstellen wie Cape Canaveral in den USA oder Baikonur in Kasachstan. Stattdessen ist eine schwimmende Startplattform in der Nordsee geplant: Von einem Spezialschiff mit Startrampe soll es möglichst bald ins All gehen – für kleine Trägerraketen, die Satelliten von der Größe eines Schuhkartons transportieren.
Diese sind Bestandteil des neuen, milliardenschweren „New Space“-Marktes. „New Space“ bezeichnet die zunehmende Kommerzialisierung der Raumfahrt. Die Startplattform in der Nordsee ist eine zentrale Komponente, um diesen Markt „Made in Germany“ zu erschließen.
Allein bis 2030 werden weltweit 15.200 Satelliten ins All befördert – 90 Prozent davon sind Kleinsatelliten, schätzt der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). „Weltraumtechnologien sind Innovationstreiber“, sagt SPD-Wirtschaftspolitiker Sebastian Roloff. Sie seien in der Lage, die gesamte Industrie voranzubringen, ob bei Klima- und Umweltschutz, der Sicherheitsinfrastruktur, Telekommunikation oder Mobilität. Auch vom BDI heißt es: „Satelliten und durch sie generierte Daten gewinnen rasant an Bedeutung.“ Sie seien der Schlüssel für Zukunftstechnologien wie autonomes Fahren, Industrie 4.0 und datengetriebene Geschäftsmodelle.
„Monopolisierung kritischer Weltrauminfrastruktur sehen wir mit Besorgnis“
Aus der Nordsee könnten laut BDI möglicherweise schon in diesem Jahr die ersten Starts Richtung All klappen: „Deutschland hat damit die seltene Chance, in einem Zukunftsfeld mit noch geringem Mitteleinsatz eine weltweit führende Rolle einzunehmen.“
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Der Einsatz der finanziellen Mittel muss allerdings strategisch geplant werden, fordert die SPD-Fraktion. In ihrem Papier schreiben sie: „Entscheidend ist, das Budget für das nationale Raumfahrtprogramm perspektivisch so zu entwickeln, dass wir auf Augenhöhe mit unseren internationalen Partnern agieren können.“
Denn Deutschland droht abgehängt zu werden. China etwa hat seine Bemühungen in der Raumfahrt deutlich erhöht. In den USA sind es vor allem privaten Unternehmen wie Space-X von Tesla-Chef Elon Musk, die das Weltall für sich einnehmen wollen – auch wenn vergangene Woche eine seiner unbemannten „Starship“-Raketen bei einem Test kurz nach dem Start explodierte.
Und vor allem in Japan gehen derzeit große Schritte vonstatten. Am Mittwochabend Tokioter Zeit soll eine Sonde des Unternehmens Ispace auf der Mondoberfläche landen und dort einen „Rover“ zur Erkundung freilassen.
Es wäre die erste Landung eines Privatunternehmens. Japan könnte damit, von der Weltöffentlichkeit kaum beachtet, künftig beim Wettlauf um den Mond eine führende Rolle spielen – mit deutscher Technik, aber ohne direkte deutsche Beteiligung. Die Sonde, M1 genannt, ist eine Entwicklung aus der Bundesrepublik.
Grund für den globalen Kampf neben den Satelliten um die Vorherrschaft auf dem Mond sind die dortigen Pole. Dort gibt es Eis, aus dem sich Trinkwasser für Menschen und Wasserstoff als Treibstoff für Maschinen gewinnen lasse.
Entwicklungen wie die in Japan oder USA wollen die SPD-Politiker nicht noch weiter fördern. „Eine private Monopolisierung kritischer Weltrauminfrastruktur sehen wir mit Besorgnis“, heißt es in ihrem Konzeptpapier. Es brauche vielmehr einen klaren staatlichen Rahmen.
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So kommt das Papier der Sozialdemokraten auch nicht aus dem nichts. Vielmehr hat sich die Bundesregierung vorgenommen, ein nationales Weltraumgesetz vorzulegen. Die Vorschläge aus der SPD könnten nun Tempo in den Prozess bringen. Das Papier würde nach einen möglichen Beschluss allerdings nicht in ein Gesetz münden, sondern ist als Denkanstoß für die Regierung vorgesehen.
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