Die Liberalen wollen die Behörden mit dem neuen Onlinezugangsgesetz (OZG) verpflichten, Verwaltungsleistungen ab einem bestimmten Zeitpunkt digital anzubieten.
Berlin Die FDP will bei der Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland deutlich schneller als bisher vorankommen. Dazu wollen die Liberalen die Behörden mit dem neuen Onlinezugangsgesetz (OZG) verpflichten, Verwaltungsleistungen ab einem bestimmten Zeitpunkt digital anzubieten. Dies geht aus einem Positionspapier der Bundestagsfraktion hervor, das dem Handelsblatt vorliegt.
„Wir wollen für die Bürgerinnen und Bürger daher einen Rechtsanspruch auf digitale Verwaltung einführen, der an klare Fristen gekoppelt ist“, sagte der FDP-Digitalpolitiker Maximilian Funke-Kaiser dem Handelsblatt. Halten sich die Behörden nicht an die Fristen, sollen Strafen möglich sein.
„Staatliche Stellen sollten mit spürbaren Konsequenzen rechnen müssen, falls sie einem solchen Rechtsanspruch nicht gerecht werden“, heißt es in dem Papier. „Ein solches Modell schafft klare Bedingungen und einen wirkungsvollen Anreiz, Leistungen auf einem hohen Reifegrad zu entwickeln.“ Wie die Konsequenzen konkret aussehen sollen, steht nicht in dem Papier.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat ihren Entwurf für ein neues Gesetz zur Digitalisierung der Verwaltung bereits in die regierungsinterne Ressortabstimmung gegeben. Mit dem sogenannten OZG 2.0 reagiert die Ministerin auf die bisher schleppende Behördendigitalisierung.
Bund und Länder hatten fünf Jahre Zeit, um ihre Dienstleistungen zu digitalisieren. Dazu sollte das ursprüngliche OZG dienen, das im August 2017 vom Bundestag beschlossen worden war. Es gab den Ländern bis Ende 2022 Zeit, um alle 575 Verwaltungsdienstleistungen online anzubieten. Doch das Ziel wurde weit verfehlt. Um die Digitalisierung voranzutreiben, soll nun das OZG 2.0 Abhilfe schaffen.
FDP-Digitalpolitiker warnt Faeser vor „Weiter-so“
Funke-Kaiser forderte Faeser nun zu „mehr Elan“ auf. „Eine Neuauflage des OZG darf kein Weiter-so sein, sondern muss einen grundsätzlich neuen Ansatz präsentieren.“ Nicht der Bürger müsse begründen, warum er mit dem Staat digital interagieren wolle. „Der Staat muss sich erklären, wenn er dies nicht ermöglicht“, sagte Funke-Kaiser.
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Um voranzukommen, sei eine „ambitionierte Überarbeitung des OZG“ nötig, heißt es in dem FDP-Papier. Ein zentraler Punkt dabei ist, den Druck auf die Behörden zu erhöhen. Der angestrebte Rechtsanspruch soll sich daher entlang des „OZG-Reifegradmodells“ orientieren, mit dem die Onlineverfügbarkeit von Leistungen gemessen wird. Konkret soll es dabei um bereits priorisierte Leistungen gehen, auch „OZG-Booster“ genannt.
Gemeint sind damit 35 sogenannte „Einer für alle“-Projekte, also Onlinedienste für Verwaltungsleistungen, die von einem Bundesland entwickelt und betrieben werden und von anderen genutzt werden können. Dazu gehören etwa Ummeldung, Elterngeld, Baugenehmigung oder Führerschein.
Einen Anspruch auf staatliche Leistungserbringung des Reifegrads 2 (Onlinebeantragung möglich, ohne dass Nachweise übermittelt werden können) soll es bis 2025 geben, bei Reifegrad 3 (Onlineleistung kann einschließlich aller Nachweise vollständig abgewickelt werden) bis 2027.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat ihren Entwurf für ein neues Gesetz zur Digitalisierung der Verwaltung bereits in die regierungsinterne Ressortabstimmung gegeben.
Der FDP schwebt außerdem vor, finanzielle Hilfen für Länder und Kommunen an eine erfolgreiche OZG-Umsetzung zu koppeln. „Die Bezuschussung des Bundes richtet sich dann nach der Höhe des Reifegrads eines Projekts“, sagte Volker Redder, FDP-Obmann im Ausschuss für Digitales. „Dieses Modell setzt einen starken Anreiz, Projekte in kürzerer Zeit mit höherer Qualität abzuschließen.“
Union sorgt sich wegen Digitalisierungsrückstand um Wirtschafts- und Innovationsstandort
Als wesentliche Fortschrittsbremse sieht die FDP fehlende einheitliche Schnittstellen. Dies führt dazu, dass Behörden in den Kommunen und den Ländern Daten und Dokumente nicht ohne Weiteres austauschen können. „Der Bund muss zukünftig den Datenstandard vorgeben, damit Probleme mit nicht kompatiblen Daten endlich der Vergangenheit angehören“, sagte Redder.
Das Innenministerium sieht das neue OZG als „wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Verwaltungsdigitalisierung“. „Voraussetzung für das Gelingen ist aber auch das Zusammenspiel mit entschlossenem, konsequentem faktischen Tun in der weiteren OZG-Umsetzung“, heißt es in einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Unions-Bundestagsfraktion, die dem Handelsblatt vorliegt.
Gleichwohl verzichtet das Ministerium darauf, erneut einen Zeitplan für die Bereitstellung eines digitalen Angebots für Bürger und Unternehmen vorzugeben. „Die Bereitstellung eines elektronischen Zugangs zu Verwaltungsleistungen stellt eine Daueraufgabe für Bund und Länder einschließlich Kommunen dar“, heißt es in der Ministeriumsantwort. „Durch eine weitere Nachfrist würde diese Aussage konterkariert.“
Kritik an den Plänen äußerte die Vizechefin der Unions-Bundestagsfraktion, Nadine Schön (CDU). Die Haltung des Ministeriums offenbare „die Schwerfälligkeit des deutschen Digitaltankers mit antriebsschwachen Impulsen“, sagte Schön dem Handelsblatt. „Die selbst ernannte Fortschrittskoalition stellt dadurch nicht nur die Bürgerinnen und Bürger auf eine Geduldsprobe, sie riskiert auch unseren Wirtschafts- und Innovationsstandort.“
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