Bangkok Die Sonne brennt auf der Haut, das Atmen fällt schwer: Wegen extremer Hitze haben Thailands Behörden die Bevölkerung in den vergangenen Tagen dazu aufgefordert, nach Möglichkeit nicht ins Freie zu gehen. Zu groß seien die Gesundheitsgefahren angesichts der Rekordtemperaturen von mehr als 45 Grad Celsius.
Die Hitzewelle, die in diesem April große Teile Asiens erfasst hat, brachte auch im benachbarten Laos einen neuen Temperaturrekord. In China meldeten mehr als 100 Wetterstationen so hohe Werte wie noch nie zuvor. In der indischen Metropole Mumbai gab es bei einer Veranstaltung mindestens 14 Hitzetote.
Das Extremwetter, das aus Sicht von Meteorologen eine klare Folge des Klimawandels ist, hat auch spürbare ökonomische Konsequenzen: Die Zuflucht in klimatisierte Räume führte in mehreren Ländern zu einem drastischen Anstieg der Stromnachfrage.
In Bangladesch kam es deshalb zu weitreichenden Stromausfällen, die auch die für das Land wichtige Textilindustrie trafen. In Thailand stieg der Elektrizitätsverbrauch auf ein neues Hoch. Die Regierung in Bangkok reagiert mit einem 320-Millionen-Dollar Entlastungspaket, das die hohen Stromrechnungen der Privathaushalte abfedern soll.
Ökonomen der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) warnen nun, dass die wirtschaftlichen Schäden der Klimakrise in den Schwellenländern Asiens künftig auf dramatische Ausmaße anwachsen könnten: Laut einer am Donnerstag veröffentlichten Studie der Organisation drohen die Verluste durch den Klimawandel in der Region bis zum Ende des Jahrhunderts auf 24 Prozent der Wirtschaftsleistung anzuwachsen. Während China mit einem Minus von acht Prozent demnach vergleichsweise glimpflich davonkommen könnte, trifft es Indien mit Schäden im Umfang von 35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts besonders hart.
Asiens Anteil an den globalen Emissionen hat sich verdoppelt
David Raitzer, einer der Autoren der Studie, schätzt, dass die volkswirtschaftlichen Schäden für Asiens Schwellenländer in dem Szenario mit anhaltend hohen Treibhausgasemissionen doppelt so hoch ausfallen könnten wie im globalen Schnitt. „Die Verluste liegen substanziell über jenen, die entwickelte Volkswirtschaften zu erwarten haben“, sagte er bei der Präsentation des Berichts.
Frühere Studien hatten bereits massive volkswirtschaftliche Schäden für die Region prognostiziert. Eine vor anderthalb Jahren veröffentliche Modellrechnung des Beratungsunternehmens Deloitte bezifferte die möglichen Verluste für Südostasien auf 28 Billionen Dollar bis 2070.
Die jährlichen Schäden, etwa durch Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, entsprächen in einem halben Jahrhundert rund 16 Prozent der Wirtschaftsleistung. Dieser Wert stimmt ungefähr mit den Abschlägen überein, die die ADB-Volkswirte innerhalb der nächsten fünf Jahrzehnte für Südostasien erwarten.
Zuvor waren die von der Bank erwarteten Verluste in dem gleichen Szenario niedriger ausgefallen. Inzwischen fielen die Analysen von den Schocks in einzelnen Branchen genauer aus, erklären die Studienautoren.
Ihre Studie unterstreicht die essenzielle Bedeutung, die Asien mit Blick auf den Klimawandel zukommt: einerseits als ein Hauptbetroffener – der Kontinent beheimatet 70 Prozent der vom Meeresspiegelanstieg anfälligen Bevölkerung – und andererseits auch als Hauptverursacher klimaschädlicher Gase. Der Anteil der asiatischen Schwellenländer an den globalen Emissionen hat sich laut ADB von 22 Prozent im Jahr 1990 auf zuletzt 44 Prozent verdoppelt. Allein die drei größten Schwellenländer des Kontinents – China, Indien und Indonesien – stünden für ein Drittel des globalen Klimagasausstoßes.
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Gewirtschaftet wird in der Region besonders klimaschädlich: Die CO2-Intensität von Asiens Volkswirtschaften, also der Ausstoß im Verhältnis zum erwirtschafteten Bruttoinlandsprodukt, ist um mehr als 40 Prozent höher als im Rest der Welt – und doppelt so hoch wie in Europa.
Die ADB-Daten belegen, dass wichtige Klimaziele ohne ein stärkeres Engagement Asiens unerreichbar sind: So würde der Kontinent mit Emissionen auf aktuellem Niveau im Alleingang dafür sorgen, dass ein Scheitern des 1,5-Grad-Ziels bereits 2040 feststeht, heißt es in dem Bericht, der die bisherigen Klimazusagen der Region als zu wenig ambitioniert darstellt. Asiens Regierungen hätten „noch viel Spielraum, um die Dekarbonisierung zu beschleunigen“.
700 Milliarden Dollar an jährlichen Investitionen nötig
Dabei stehen Asiens Schwellenländer aber vor einem finanziellen Kraftakt. Allein für die Transformation der Energieversorgung seien jährlich Hunderte Milliarden Dollar an zusätzlichen Investitionen nötig, sagte ADB-Chefvolkswirt Albert Park.
Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens wie die Beschränkung des Anstiegs der weltweiten Durchschnittstemperatur oder der Senkung der Emissionen zu erreichen, müssten Asiens Schwellenländer demnach bis 2050 durchschnittlich mehr als 700 Milliarden Dollar im Jahr aufwenden. Damit würden aber auch große Geschäftschancen einhergehen: Laut der ADB-Studie würden bei der Umsetzung der Pariser Ziele in Asien 345 Milliarden Dollar pro Jahr in die Erneuerbare-Energien-Branche fließen – mehr als 280 Milliarden Dollar gingen an den Ausbau der Stromnetze und Speicherkapazitäten.
Die Ökonomen der Bank rechnen auch mit einem Schub für den Arbeitsmarkt: Der entschlossene Kampf gegen den Klimawandel würde in den asiatischen Schwellenländern 2,9 Millionen neue Arbeitsplätze schaffen – vor allem bei der Herstellung, Installation und dem Betrieb von Solar- und Windkraftanlagen. Demgegenüber stünden 1,4 Millionen Jobs, die im fossilen Energiesektor verloren gingen.
Die ADB sieht die Regierungen in der Pflicht, einen Ausgleich zwischen den Gewinnern und Verlierern der Energiewende zu schaffen. Insgesamt sehen die Volkswirte der Organisation aber immense Vorteile einer entschlossenen Klimapolitik.
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Die positiven Effekte – in erster Linie die Vermeidung von Klimaschäden – seien in Asien fünfmal so hoch wie die Kosten, die der Klimaschutz verursache. Bereits kurzfristig könnte die Lebensqualität deutlich zunehmen: So senke die Abkehr von fossilen Energien die Luftverschmutzung, unter der Asiens Metropolen besonders stark steigen. Bis 2030 könnten so jährlich 350.000 Todesfälle vermieden werden, schätzen die Volkswirte.
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