Berlin Spediteure und Logistikdienstleister warnen Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) davor, die geplante Verdopplung der Lkw-Maut bereits Ende des Jahres einzuführen. Sie kritisieren vor allem die Verteuerung durch eine Klimakomponente, wonach der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (CO2) und damit die vorherrschenden Diesel-Lastwagen belastet werden sollen. Bislang gebe es kaum Lkw mit alternativen Antrieben. Wissing solle sich dafür einsetzen, die Mauterhöhung frühestens 2025 einzuführen.
Zum geplanten Starttermin der zusätzlichen CO2-Mautsätze am 1. Dezember 2023 und auch in den Folgejahren würden weder „marktfähige Fahrzeuge mit alternativen Antrieben in ausreichenden Stückzahlen noch die erforderliche öffentliche und private Tank- und Ladeinfrastruktur verfügbar sein“, schreibt Axel Plaß, Präsident des Bundesverbands Spedition und Logistik in einem Brief an den FDP-Politiker. Er liegt dem Handelsblatt vor.
Der CO2-Aufschlag werde „lediglich der Verbesserung des Bundeshaushalts dienen“ und schmälere die ohnehin schon geringen Margen. Dies wirke sich „negativ auf die für die grüne Transformation dringend benötigten liquiden Mittel vieler Transportdienstleister und Flottenbetreiber“ aus, wie DSLV-Präsident Plaß schreibt. Ein Start erst 2025 hingegen würde den Unternehmen Planungssicherheit geben.
Das Verkehrsministerium hatte den Entwurf für ein neues Bundesfernstraßenmautgesetz am Mittwoch an die Verbände gesendet und um Stellungnahme binnen 24 Stunden gebeten. Der Entwurf sieht vor, die Maut von heute rund acht Milliarden Euro im Jahr auf mehr als 15 Milliarden Euro fast zu verdoppeln. Auch sollen künftig leichte Nutzfahrzeuge mit einem Gewicht von mehr als 3,5 Tonnen die Maut zahlen.
Bereits am 10. Mai soll das Bundeskabinett den Entwurf beschließen und mit ihm die Reform des Klimaschutzgesetzes, ein Klimaschutzsofortprogramm und die Reform des Straßenverkehrsrechts. Auf diese Punkte hatten sich SPD, Grüne und FDP bei ihrem Verhandlungsmarathon Ende März verständigt.
Deutschland muss bis 2030 seine Emissionen im Verkehr nahezu halbieren. Der Güterverkehr über die Straße verursacht besonders viel Kohlendioxid. Bisher hatte die Lkw-Maut, gestaffelt nach Emissionsklassen, dazu geführt, dass die Transportunternehmen mehr und mehr auf die modernsten Fahrzeugtypen mit Diesel-Verbrennungsmotoren umstiegen.
„Eine Klimawirkung geht von der CO2-Maut in den nächsten Jahren absehbar nicht aus“
Eine Umstellung auf emissionsärmere Fahrzeuge wird nach Einschätzung der Transportbranche mit der Klima-Maut nicht gelingen. Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) verweist auf Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes.
Demnach fuhren Anfang des Jahres nur 0,6 Prozent der Fahrzeuge mit einem Gewicht von mehr als 3,5 Tonnen batterieelektrisch oder mit einem Brennstoffzellenantrieb. Bei den schweren Lkw, die den Großteil der Waren transportieren, waren sogar nur 0,03 Prozent der Sattelzugmaschinen mit derartigen Antrieben ausgestattet.
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„Die Lieferzeiten der Nutzfahrzeughersteller sind für schwere Lkw in diesem Segment zudem außerordentlich lang und betragen häufig mehr als ein Jahr – wenn überhaupt ein konkreter Liefertermin genannt wird“, sagte Vorstandssprecher Dirk Engelhardt. Mit der Maut werde etwas als Klimaschutzmaßnahme verkauft, was gar keine sei. „Eine Klimawirkung geht von der CO2-Maut in den nächsten Jahren absehbar nicht aus.“
DSLV-Präsident Plaß wirft der Bundesregierung vor, mit der zusätzlichen Maut „die vollständige Verdrängung der Dieseltechnologie zugunsten elektrisch oder wasserstoffbetriebener Lkw“ anzustreben. „Grüne Kraftstoffe“ wie Bio-Gas würden aber nicht berücksichtigt. Sie könnten jedoch als Übergangskraftstoffe auf dem Weg zum klimaneutralen Gütertransport hilfreich sein, bis andere Antriebe marktreif seien.
Branche: „Grüne“ Nutzfahrzeuge und Ökostrom fehlen
Plaß verweist darauf, dass Kommunen und Energieversorger „absehbar“ nicht in der Lage seien, Betriebsstandorte, Logistikanlagen sowie Terminals, Hubs oder Häfen „mit den erforderlichen Strommengen zu versorgen“. Hinzu komme, dass die Bahn angesichts des desolaten Zustands des Schienennetzes nicht in der Lage sei, größere Gütermengen alternativ zu transportieren.
Sollte die Maut dennoch bereits am Ende des Jahres erhoben werden, dann solle das Geld nicht wie von der Koalition geplant, großenteils dazu dienen, das Schienennetz der Bahn zu sanieren. Vielmehr sei es „dringend erforderlich“, mit dem Geld die „energetische Transformation des Lkw“ mit besser ausgestatteten Förderprogrammen zu unterstützen und die Stromnetze auszubauen.
Das Ministerium hatte bereits vor vier Wochen eingeräumt, dass es bei der Förderung von leichten und schweren Nutzfahrzeugen mit klimafreundlichen Antrieben „zu Verzögerungen“ komme. So werden Anträge nur langsam genehmigt, fließt das Geld viel zu spät, ebenso verzögern sich neue Förderrunden.
Als Grund nennt das Ministerium fehlendes Personal und nicht digitalisierte Prozesse. Der Bundesverband Elektromobilität (BEM) warnt, dass sich wegen der schleppenden Förderung der Absatz der Hersteller verlangsamt. Dies habe gravierende Folgen, da der Markt für elektrische Lkw „noch jung, die Stückkosten entsprechend hoch“ seien.
2022 hatte es Anträge für rund 10.000 batterie-elektrische und brennstoffzellenbetriebene Fahrzeuge mit einem Fördervolumen von 1,5 Milliarden Euro gegeben. Weitere 2,2 Milliarden Euro will das Ministerium von 2023 bis 2026 bereitstellen. Fünf Milliarden dienen dazu, Ladeinfrastruktur aufzubauen.
Die Einnahmen aus der zusätzlichen Maut sollen sich in dieser Zeit laut Gesetzentwurf indes auf 23 Milliarden Euro belaufen.
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