Im Wahlkampf war der Kanzler mit Klima-Versprechen angetreten, doch Umweltverbände üben Kritik an ihm.
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Berlin Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) will global beim Ausbau von Solar- und Windkraft vorankommen, das hat sie am ersten Tag des Petersberger Klimadialogs klargemacht. Aber was will eigentlich der Bundeskanzler? Nach Meinung von Umweltschützern hätte Olaf Scholz (SPD) an diesem Mittwoch mit seiner Rede auf der Konferenz die Gelegenheit, Baerbocks Vorstoß Nachdruck zu verleihen.
Christoph Bals, Geschäftsführer der Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch, sagt: „Es würde international wahrgenommen, wenn der Bundeskanzler des Landes, das die Energiewende vor über 20 Jahren weltweit bekannt gemacht hat, sich für den Beschluss eines ambitionierten Ziels für eine globale Energiewende starkmachen würde.“
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Bals zufolge sollten die Zahlen der Internationalen Organisation für erneuerbare Energien als Richtschnur dienen. Nach deren Angaben müssten die Erneuerbaren in den kommenden Jahren um im Schnitt 1000 Gigawatt pro Jahr ausgebaut werden – dreimal so viel wie heute.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte sich am Dienstag zum Auftakt des zweitägigen Treffens in Berlin vor allem dafür starkgemacht, ein Ziel für den weltweiten Ausbau erneuerbarer Energien zu verhandeln.
Klimakanzler oder Antiklimakanzler?
Die Rede des Kanzlers ist für diesen Mittwochnachmittag geplant. Im Wahlkampf hatte Scholz für sich als „Klimakanzler“ geworben, das ist nun gut zwei Jahre her. Inzwischen gilt er zumindest bei Umweltschutzverbänden wie dem BUND als „Antiklimakanzler“. Zuletzt wurde ihm zum Vorwurf gemacht, dass er bereit sei, eine Aushöhlung des Klimaschutzgesetzes hinzunehmen, das noch von der früheren Großen Koalition verabschiedet worden war.
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Welche Botschaft der Kanzler am Mittwoch verkünden will, ist nicht bekannt. Als sicher gilt aber, dass er vor den Vertretern der rund 40 teilnehmenden Staaten erneut für seine Klimaklub-Idee eintreten wird.
Diesen Plan hatte Scholz bereits in seiner Zeit als Finanzminister in der vergangenen Legislaturperiode zu seinem Thema gemacht und während der deutschen G7-Präsidentschaft im vergangenen Jahr als Bundeskanzler weit nach vorn auf die Agenda gerückt.
Im Kern geht es darum, möglichst viele Länder zu vereinen, die sich auf gemeinsame Wege zur Klimaneutralität bis 2050 verständigen. Die Mitglieder sollen sich auf eine Auswahl an klimapolitischen Instrumenten abstimmen. Dazu gehört vor allen Dingen, Märkte für klimaneutral hergestellte Produkte – etwa für grünen Stahl oder grünen Zement – zu schaffen und die Abwanderung von Industrie aufgrund von CO2-Kosten, im Fachjargon „Carbon Leakage“ genannt, zu vermeiden.
Im Dezember 2022 verabschiedeten die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten dann auf Initiative Deutschlands eine Klimaklub-Satzung, die das Fundament für den weiteren Ausbau bildet. Die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die Internationale Energieagentur (IEA) haben inzwischen ein Sekretariat für den Klimaklub gegründet.
Der Klimaklub wächst – doch wichtige Staaten fehlen
In Regierungskreisen wird gern betont, das Projekt sei dem Kanzler „ausgesprochen wichtig“. Die Idee dahinter ist einfach: Länder mit großen Ambitionen bei der Reduktion von Treibhausgasemissionen schließen sich zusammen und gehen im Klimaschutz gemeinsam voran. Im Idealfall strahlt ihr Ehrgeiz auf andere Länder und Regionen ab, der weltweite Klimaschutz kommt so voran.
Die erwünschte Sogwirkung scheint der Klimaklub bereits zu entfalten: Chile, Argentinien, Indonesien, Luxemburg, die Niederlande und Kolumbien sind bereits Klubmitglieder geworden. Weitere Länder, darunter Norwegen, die Vereinigten Arabischen Emirate, Dänemark und Uruguay, könnten bald folgen.
In deutschen Regierungskreisen heißt es, der Kreis der Mitglieder sei „erfreulich divers“. Es sei ein positives Signal, dass sich Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer gleichermaßen für eine Klubmitgliedschaft interessierten. Der weltgrößte CO2-Emittent ist allerdings kein Mitglied und dürfte es auch so bald nicht werden: China hat im vergangenen Jahr den Klimadialog mit den USA ausgesetzt und zeigt kein Interesse daran, Mitglied in einem Klub zu werden, dem die USA als führender G7-Staat angehören.
Der Klimaklub will ausdrücklich nicht als Konkurrenz zu den Klimaschutzbemühungen unter dem Dach der UN wahrgenommen werden, sondern als Ergänzung. Der Prozess der Weltklimakonferenzen der UN krankt seit Jahren daran, dass dort zwar immer neue Klimaziele entstehen, einzelne Staaten sich aber nicht daran gebunden fühlen, diese Ziele auch tatsächlich zu erreichen. Diesen Widerspruch will der Klimaklub auflösen.
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