May 3, 2023
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Petersberger Klimadialog: Kanzler Scholz fordert „klares Ziel zum globalen Ausbau der erneuerbaren Energien“

Written by Silke Kersting

Berlin Beim Petersberger Klimadialog ziehen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) an einem Strang. In seiner Rede zum Abschluss des zweitägigen Treffens in Berlin erklärte Scholz, er wolle „gern vorschlagen, was wir in Dubai gemeinsam beschließen könnten: ein klares Ziel zum globalen Ausbau der erneuerbaren Energien“.

In Dubai beginnt Ende November die nächste Klimakonferenz der Vereinten Nationen mit Tausenden Teilnehmern aus knapp 200 teilnehmenden Ländern. Der Petersberger Klimadialog gilt als Arbeitskonferenz mit rund 40 teilnehmenden Staaten, die sich dort auf das große Treffen vorbereiten. Er wird seit 2010 jährlich im Frühjahr von Deutschland ausgerichtet.

Scholz schlug am Mittwoch beispielsweise vor, die Ausbaugeschwindigkeit für erneuerbare Energien zu verdreifachen. Das wäre „ein deutliches Signal an die Real- und die Finanzwirtschaft“.

Der Vorschlag entspricht den Zahlen der Internationalen Organisation für erneuerbare Energien. Ihren Angaben zufolge müssten die Erneuerbaren in den kommenden Jahren um im Schnitt 1000 Gigawatt pro Jahr ausgebaut werden – dreimal so viel wie heute.

Scholz sagt weitere Milliarden für Klimaschutz in ärmeren Ländern zu

Scholz nutzte die Konferenz auch, um weitere finanzielle Unterstützung für mehr Klimaschutz zuzusagen. Konkret geht es um die Wiederauffüllung des sogenannten „Green Climate Fund“, ein zentrales Instrument der multilateralen Klimafinanzierung. Das Geld soll die Transformation hin zu einer weltweit emissionsarmen Entwicklung vorantreiben. „Deutschland plant, die zweite Wiederauffüllung mit zwei Milliarden Euro zu unterstützen“, kündigte der Kanzler an. „Das ist noch einmal ein Drittel mehr als bei unserer letzten Einzahlung.“

Olaf Scholz

Deutschland werde den Klimafonds für ärmere Staaten mit zwei Milliarden Euro auffüllen, sagte Scholz.


(Foto: Reuters)

Umwelt- und Entwicklungsorganisationen sprachen von einem wichtigen politischen Signal. Die Entscheidung, den Fonds einzurichten, wurde bei der Weltklimakonferenz 2010 getroffen. Deutschland stellte nach Angaben des Entwicklungshilfeministeriums zunächst 750 Millionen Euro bereit, später noch einmal 1,5 Milliarden Euro. Im Oktober richtet Deutschland zudem eine internationale Konferenz in Bonn aus, auf der Gelder für die Jahre 2024 bis 2027 mobilisiert werden sollen. Die jetzt angekündigten zwei Milliarden Euro sind für diesen Zeitraum gedacht.

Scholz bekräftigte, Deutschland stehe zu seinem Versprechen, die Mittel für die internationale Klimafinanzierung bis 2025 auf insgesamt sechs Milliarden Euro jährlich zu erhöhen.

Insgesamt haben die reichen Länder der Welt versprochen, ärmere Staaten beim Klimaschutz mit jährlich 100 Milliarden US-Dollar zu unterstützen. Das sollte bereits 2020 erreicht werden, damals beliefen sich die Hilfen aber nur auf rund 80 Milliarden US-Dollar. „Das hat viel Misstrauen und Frustration geschaffen“, sagte der Chef der Entwicklungsorganisation der Vereinten Nationen, Achim Steiner, vor der vergangenen Klimakonferenz im November in Ägypten.

Klimakrise: Scholz gibt sich zuversichtlich

Mit Blick auf den Kampf gegen die Klimakrise äußerte sich Scholz zuversichtlich. Er glaube, nach dem Wandel in den vergangenen zwölf Monaten unterschätze niemand mehr, welcher Wandel in den kommenden zehn Jahren möglich sei, so der Kanzler. Russlands Angriff auf die Ukraine sei nicht nur ein „infamer Bruch der internationalen Friedensordnung“ gewesen. „Er hat ein grundlegendes Umsteuern befördert, was unsere Energieversorgung angeht.“ Deutschland habe sich innerhalb weniger Monate komplett unabhängig gemacht von Kohle, Öl und Gas aus Russland.

Auch weltweit steuerten zahlreiche Länder um, so Scholz. Der Trend, dass viele Länder vorübergehend stärker auf die klimaschädliche Kohle zurückgreifen mussten, darunter auch Deutschland, müsse schnellstmöglich umgekehrt werden. Was das für die Kohleverstromung hierzulande bedeutet, ließ er offen. Im Westen der Republik ist der Kohleausstieg bis 2030 mittlerweile besiegelt, im Osten gilt bislang das Ausstiegsdatum 2038.

Scholz erinnerte daran, was es konkret bedeutet, wenn Deutschland bis 2030 80 Prozent des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien decken will: „Das bedeutet, täglich vier bis fünf Windkraftwerke an Land zu bauen und 43 Fußballfelder Photovoltaik-Anlagen, wohlgemerkt pro Tag.“ Dazu kämen neue Schienenwege, Energienetze und eine CO2-neutrale Wärmeversorgung. „Dazu müssen wir alte Heizungen nach und nach durch klimafreundliche Heizungen ersetzen – auch diese Wahrheit gehört ausgesprochen“, sagte der Bundeskanzler.

Er erinnerte damit indirekt an den Streit in der Ampelkoalition über die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes, das bis Mitte des Jahres den Gesetzgebungsprozess durchlaufen haben soll. Neu verbaute Heizungen sollen den Plänen nach mit 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden. Das erfordert in vielen Häusern ein Umdenken bei der Wärmeversorgung.

Scholz sagte dazu: „Wir begleiten das mit Förderprogrammen, damit jede Bürgerin und jeder Bürger diesen notwendigen Schritt hin zur Wärmewende ohne Sorge vor der Zukunft gehen kann.“

1,5-Grad-Ziel könnte verfehlt werden

Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein, auch das bestätigte Scholz am Dienstag. Zu lange habe man sich jedoch damit begnügt, „ambitionierte Ziele zu formulieren“. Die Folge: Weder Deutschland noch die Welt insgesamt sind auf dem Kurs, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Die bisherige Erderwärmung wird durch den Weltklimarat auf 1,1 Grad beziffert.

Der Wert von 1,5 Grad gilt als Grenze dafür, die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch erträgliches Maß einzudämmen. Die Staatengemeinschaft hat sich auf diesen Wert geeinigt. Auf der nächsten Weltklimakonferenz in Dubai ist das erste Mal eine globale Bestandsaufnahme zu den Fortschritten beim Klimaschutz vorgesehen, im Fachjargon „Global Stocktake“ genannt. Das Ergebnis soll Länder dazu bringen, ihre Klimaschutzanstrengungen zu verstärken.

Scholz erinnerte daran, dass sich die EU bereits darauf geeinigt habe, spätestens sechs Monate nach der Bestandsaufnahme in Dubai neue Zwischenziele für die Zeit nach 2030 zu beschreiben. Er hoffe, dass das auch viele andere Länder täten, sagte er und ermutigte alle Staaten, Mitglied im Klimaclub zu werden.

>> Lesen Sie auch: Wird Olaf Scholz doch noch zum Klimakanzler?

Diesen hatte Scholz während der deutschen G7-Präsidentschaft im vergangenen Jahr weit nach vorn auf die Agenda gerückt. Der Zusammenschluss von Staaten wolle vergleichbare Regeln und Standards erarbeiten und damit Innovationen vereinfachen, sagte der Kanzler am Mittwoch.

Sultan Ahmed al-Dschaber, Olaf Scholz und Annalena Baerbock

Al-Dschaber steht in der Kritik, weil er als Chef eines Ölkonzerns der Weltklimakonferenz vorstehen soll.


(Foto: dpa)

„Die Welt ist nicht auf Kurs“, schloss sich Sultan Ahmed al-Dschaber, designierter Präsident der Klimakonferenz in Dubai, den Worten des Bundeskanzlers an. Al-Dschaber ist Industrieminister der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und zugleich Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc. Umweltschützer üben daher scharfe Kritik wegen möglicher Interessenkonflikte.

Er sei sich der Dringlichkeit der Bekämpfung der Klimakrise sehr bewusst, sagte al-Dschaber. Außenministerin Baerbock erklärte, die Vereinigten Arabischen Emirate seien das erste Land in der Region, das sich ein Ziel für Klimaneutralität gesetzt habe. Das Land stünde in besonderer Weise für den Übergang von fossilen zu erneuerbaren Energien. Gleichzeitig erinnerte sie al-Dschaber an seine Verantwortung als Konferenzpräsident. Die Klimakrise nehme mit jedem Tag zu.

Mehr: Baerbock fordert weltweites Ziel für Erneuerbaren-Ausbau



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