Berlin Hinweisgeber können in Zukunft in Unternehmen auf Missstände hinweisen, ohne selbst mit Nachteilen rechnen zu müssen. In der Nacht zum Freitag hat sich eine Arbeitsgruppe von Bund und Länder auf einen Kompromiss verständigt. Dies erfuhr das Handelsblatt aus Verhandlungskreisen.
Der SPD-Innenexperte Sebastian Fiedler bestätigte die Einigung. „Die Verhandlungsatmosphäre war sehr gut, ernsthaft und konstruktiv“, sagte Fiedler dem Handelsblatt.
Die Bundesregierung hatte bisher vergeblich versucht, ein Mehrheit für ihre Pläne für ein Whistleblower-Gesetz zu erhalten. Zuletzt hatte der Bundesrat ein entsprechendes Vorhaben abgelehnt. Nach längerem Streit, ob das Gesetz in geänderter Form ohne die Zustimmung der Länderkammer noch durch den Bundestag gebracht werden könnte, berief die Bundesregierung den Vermittlungsausschuss ein.
Der Kompromiss sieht vor, dass Unternehmen entgegen der ursprünglichen Pläne keine Meldestelle für anonyme Hinweise einrichten müssen. Dies hatten CDU und CSU auf Wunsch der Wirtschaft abgelehnt, da damit erhebliche Kosten einhergegangen wären. Stattdessen dürfen Unternehmen bevorzugt interne Kommunikationskanäle anbieten.
„Ich finde das verschmerzbar, da ich fest davon ausgehe, dass alle Unternehmerinnen und Unternehmer auch ohne diese gesetzliche Verpflichtung so klug sind und solche Systeme anschaffen werden“, sagte Fiedler. Betroffen seien ohnehin nur Unternehmen, die einen Millionenumsatz erwirtschafteten. „Den Unternehmen ist auch deswegen dringend zu raten, möglichst gute interne Meldewege einzurichten, da sie ansonsten fürchten müssen, dass sich hinweisgebende Personen an externe Meldestellen oder unter Umständen sogar an die Öffentlichkeit wenden“, so Fiedler.
Auch sollen die Bußgelder statt der ursprünglich 100.000 Euro nur noch 50.000 Euro betragen. Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP setzte hingegen durch, dass das Gesetz in vielen Bereichen gilt, etwa im Lebensmittel- und Umweltrecht, bei Ordnungswidrigkeiten bis hin zu Straftaten.
61.000 Euro Strafzahlung – täglich
Die Regeln sehen vor, dass Unternehmen mit mindestens 250 Mitarbeitern binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes eigene Hinweisgebersysteme aufbauen müssen. Unternehmen unterhalb der Schwelle haben Zeit bis Dezember. Das Gesetz selbst soll bereits ab Mitte Juni gelten, so der Kompromiss der Arbeitsgruppe.
Die Arbeitsgruppe war von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und dem hessischen Justizminister Roman Poseck (CDU) geleitet worden. Die Runde hatte vergangene Woche und am Donnerstag für viele Stunden getagt. Es seien etliche Einzelgespräche nötig gewesen, um einen Kompromiss zu erzielen. „Wir haben nach langen Beratungen ein schwieriges Thema zu einem verantwortbaren Ergebnis geführt“, hieß es.
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Der Vermittlungsausschuss soll den Kompromiss am kommenden Dienstag formell beschließen. Danach könnte der Bundestag direkt die Einigung bestätigen und am Freitag dann der Bundesrat. Damit könnte das Gesetz zügig in Kraft treten. Daran sei allen Seiten gelegen, wie es hieß.
Grund sind die Strafzahlungen, die Deutschland an die EU-Kommission leisten muss. Eine entsprechende Richtlinie hätte Deutschland bis zum 17. Dezember in nationales Recht umsetzen müssen. Seither zahlt die Bundesrepublik 61.000 Euro – täglich.
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