May 9, 2023
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Nahverkehr: Mobileye beantragt keine Zulassung für autonomes Fahren

Written by Daniel Delhaes

Berlin Mobileye, das israelische Tochterunternehmen des amerikanischen Chipherstellers Intel, wird keine Zulassung für ein autonom fahrendes Fahrzeug beantragen. Dies erfuhr das Handelsblatt im Rahmen des vom Bund unterstützten Pilotprojekts „KI-basierter Regelbetrieb Autonomer On-Demand-Verkehre“ (Kira).

Mit dem Projekt sollten zum ersten Mal weltweit insgesamt 15 selbstfahrende Autos Menschen im öffentlichen Verkehr als Shuttle-Service transportieren. Ein Teil der Fahrzeuge sollte in Darmstadt fahren, der andere in Offenbach. Um derartige Fahrzeuge einzusetzen, ist eine Typzulassung beim Kraftfahrt-Bundesamt zwingend.

Entsprechende Informationen über den Rückschlag fürs autonome Fahren bestätigte das Bundesverkehrsministerium. Das Ministerium sei „über diese Entscheidung informiert“, erklärte ein Sprecher dem Handelsblatt. „Diese Entscheidung ist eine Unternehmensentscheidung, die Gründe sind dem Ministerium nicht bekannt.“

In der vergangenen Legislaturperiode hatte die Bundesregierung die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen, dass Nahverkehrsunternehmen vollautomatisierte Fahrzeuge in „festgelegten Betriebsbereichen über einen Zeitraum von fünf Jahren“ einsetzen können, wenn diese vorher vom Kraftfahrt-Bundesamt genehmigt wurden und im Betrieb über eine Leitzentrale überwacht werden, um im Notfall von Menschenhand eingreifen zu können.

Der Bund hat im vergangenen Jahr insgesamt 55 Millionen Euro bereitgestellt, um „autonomes und vernetztes Fahren in öffentlichen Verkehren“ zu fördern. Vier Millionen Euro sollten allein in das Projekt Kira fließen.

Projekt sollte im Mai starten

Mobileye sollte Fahrzeuge des chinesischen Herstellers Nio mit einem autonomen Fahrsystem ausstatten. Ein erstes Fahrzeug befindet sich bereits in Deutschland. Nach einer Erprobungs- und Kartierungsphase sollten die Fahrzeuge auf zuvor festgelegten Routen autonom fahren.

Autonomer Bus

Die Deutsche Bahn hat zwei autonom fahrende E-Shuttles auf der Straße.

(Foto: DB Regio Bus)

An dem Projekt beteiligt ist die Deutsche Bahn, deren Tochterunternehmen Clevershuttle die Fahrzeuge betreiben und sie nach dem Pilotprojekt als Teil des Nahverkehrs in Absprache mit dem Rhein-Main-Verkehrsverbund, einem lokalen Partner sowie der Kreisverkehrsgesellschaft Offenbach dauerhaft einsetzen sollte. Clevershuttle sprach selbst von einer „Weltpremiere“.

Die Bahn feierte das Projekt noch im Februar als „Revolution im öffentlichen Nahverkehr“. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sprach von einem „Gamechanger“: Autonome Fahrzeuge sollten durch die Stadt fahren und Menschen transportieren – nur aus der Ferne sollte noch ein Mensch über eine Leitzentrale kontrollieren und im Notfall eingreifen können.

Die Vision: Fahrzeuge holen Menschen auf Knopfdruck vom Bahnhof oder von der Haltestelle ab und fahren sie nach Hause – ohne kostenintensive Fahrer und damit günstig, auch auf dem Land. Der Nahverkehr wäre nicht mehr nur Privileg der Stadtmenschen, sondern auch eine echte Alternative zum Auto in dünn besiedelten Regionen.

Das Projekt Kira sollte in diesem Monat starten. Dazu nötig wäre aber eine Typgenehmigung der Fahrzeuge gewesen. Wie das Ministerium erklärte, würde nun für die Nio-Fahrzeuge „eine Erprobungsgenehmigung“ angestrebt.

>> Lesen Sie hier: Autonomes Fahren: Regierung wartet auf die Hersteller

Dann könnten die Fahrzeuge „mit Sicherheitsfahrer eingesetzt werden“. Fest steht: Es wird nicht den angestrebten fahrerlosen Betrieb geben. Im Rahmen des Projekts ist von einer „Katastrophe“ ist die Rede. Es müsse nun mindestens zeitlich gestreckt werden, heißt es aus Projektkreisen.

Mobileye verfehlt Vorgaben des Förderprojekts

Mobileye wollte sich auf mehrmalige Anfrage nicht zu den Gründen äußern, weshalb das Unternehmen doch keine Typzulassung beantragen wird. Ein Sprecher erklärte lediglich, dass sich das Unternehmen in dem Projekt engagiere und die Pilotphase „in Kürze mit einem Nio ES8 – mit Sicherheitsfahrer und nachgerüstet mit dem Selbstfahrsystem von Mobileye – beginnen“ werde. Die Pilotphase sei „ein wichtiger Schritt, um das Fahrzeug unter realen Bedingungen in Darmstadt und Offenbach zu validieren und zu erproben.“

Verkehrsminister Volker Wissing

Die Bahn feierte das Projekt noch im Februar als „Revolution im öffentlichen Nahverkehr“. Wissing sprach von einem „Gamechanger“.


(Foto: dpa)

Damit verfehlt Mobileye wichtige Vorgaben des Förderprojekts. Demnach muss das eingesetzte Fahrzeug in der Lage sein, autonom zu fahren. Auch muss es direkt zur Verfügung stehen und in Zukunft ohne Sicherheitsfahrer unterwegs sein können.

Einen weiteren Rückschlag für das Projekt gab es in der vergangenen Woche: Die Deutsche Bahn hatte erklärt, sich aus dem Start-up Clevershuttle zurückzuziehen. Clevershuttle meldete daraufhin Insolvenz an.

Die im Projekt involvierte Tochtergesellschaft von Clevershuttle sei „nicht insolvent“, gab sich der Sprecher von Minister Wissing optimistisch. Das Ministerium sei im engen Austausch mit den Projektpartnern und gehe davon aus, dass das Projekt fortgesetzt werde. Entscheiden muss aber nun wohl erst der Insolvenzverwalter.

Die Bahn selbst hatte gehofft, mit dem Projekt Kira „den öffentlichen Nahverkehr so bequem und flexibel wie das eigene Auto“ zu gestalten, wie die Chefin der Regionalsparte der Deutschen Bahn AG, Evelyn Palla, Anfang des Jahres angekündigt hatte.

>> Lesen Sie hier: Bahn stoppt Finanzierung – Clevershuttle-Betreiber meldet Insolvenz an

Offen ist, wie es nun weitergeht. Zunächst müssen sich alle Beteiligten auf die Suche nach einem Fahrzeug machen, dass autonom fahren kann. Diese Fahrzeuge aber gibt es nicht, auch nicht von deutschen Herstellern.

Experten rechnen nicht damit, dass ein Anbieter im Laufe des Jahres eine Typzulassung beantragen wird. Als mögliche Unternehmen, die einen derartigen Antrag vielleicht ab dem kommenden Jahr stellen könnten, fallen Namen wie der von Volkswagen bis hin zu Zulieferern wie Benteler, ZF und Schaeffler.

Da es fürs Erste keine fahrerlosen Fahrzeuge geben wird, spricht das Ministerium selbst beim Projekt Kira nur noch von einem „Forschungsvorhaben“. Dies liefere einen großen Beitrag, „Basiswissen zu schaffen und diese Entwicklung zu beschleunigen“. Das Projektziel – autonom fahrende Fahrzeuge im normalen Nahverkehr – werde „schrittweise verfolgt“.

Mehr: VW-Chef Blume räumt auf: Volkswagen ordnet Software-Einheit neu.



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