Berlin Die Rufe nach einem späteren Starttermin für das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) werden mehr. Die Bürokratie-Wächter des Normenkontrollrats (NKR) der Bundesregierung raten inzwischen dazu, mit der Verabschiedung noch zu warten: Die in vielen Stellungnahmen zum Gesetzentwurf geäußerten „Zweifel an der Praxistauglichkeit der Regelungen“ sollten dazu führen, „das Inkrafttreten des Gesetzes zu verschieben beziehungsweise deutlich längere Übergangsfristen zu verankern“, heißt es in der noch unveröffentlichten Stellungnahme des Gremiums zum GEG-Entwurf. Die Stellungnahme liegt dem Handelsblatt vor.
Der Gesetzentwurf, den Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) im April durchs Kabinett gebracht haben, sieht vor, dass ab 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Diese Bedingung lässt sich in vielen Fällen nur mit einer elektrischen Wärmepumpe erfüllen. Die Nachfrage nach den Geräten ist bereits stark angestiegen.
Der Bundestag berät erstmals Ende Mai über den Entwurf, im Juni soll er abschließend entscheiden. Das Gesetz würde nach bisheriger Planung am 1. Januar 2024 in Kraft treten.
Der NKR hält es für „nicht ausgeschlossen, dass eine große, vor allem kurzfristige, Nachfragesteigerung, zumindest übergangsweise, zu Engpässen und dadurch auch zu zusätzlichen Kostensteigerungen führt“. Hinzu kämen weitere Kosten für notwendige begleitende Maßnahmen an Gebäuden, etwa die Dämmung der Gebäudehülle, die „bislang weitestgehend unberücksichtigt und im Gesetzentwurf nicht ausgewiesen sind“. Der NKR ist ein unabhängiges Kontroll- und Beratungsgremium der Bundesregierung, das Gesetze und Verordnungen auf bürokratische Folgen prüfen soll.
Stadtwerke: Die Debatte war bislang zu sehr auf die Wärmepumpe fixiert
Auch die Energiewirtschaft hält den Start Anfang 2024 für verfrüht. So fordert etwa der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU), in dem die Stadtwerke zusammengeschlossen sind, das GEG und die kommunale Wärmeplanung besser aufeinander abzustimmen. „Das GEG und die kommunale Wärmeplanung müssen zusammenpassen“, sagte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing dem Handelsblatt. „Wir sollten uns ein halbes Jahr für sorgfältig aufeinander abgestimmte Regelungen geben. Das schafft Klarheit und Vertrauen.“
Vor allem die Fördermodalitäten für Wärmenetze müssten klarer werden. Die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW), die bis 2026 mit drei Milliarden Euro ausgestattet ist, könne nur ein Anfang sein, so Liebing.
Mit der kommunalen Wärmeplanung werden Städte und Gemeinden dazu verpflichtet, Konzepte für die örtliche Wärmeversorgung zu entwickeln. Dabei spielen Wärmenetze eine wichtige Rolle. Eigentümern, deren Haus sich im Einzugsbereich bestehender oder künftiger Wärmenetze befindet, eröffnet sich damit eine zusätzliche Möglichkeit, die Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen.
Der Gesetzgeber unterstellt, dass Wärmenetze auf der Grundlage bestehender Vorgaben und Anreize schrittweise klimaneutrale Wärme liefern. Hauseigentümer können somit die Umstellung auf das Heizen mit erneuerbaren Energien an den Betreiber des Wärmenetzes delegieren und sich die Investition in eine Wärmepumpe sparen.
Ob und wo in den kommenden Jahren neue Wärmenetze entstehen, soll sich aus der kommunalen Wärmeplanung ergeben. Zwar hat beispielsweise Baden-Württemberg die kommunale Wärmeplanung schon weit vorangetrieben, die meisten anderen Bundesländer haben dagegen noch nichts vorzuweisen. Die Ampelkoalitionäre haben sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, den Rahmen für eine flächendeckende Wärmeplanung zu schaffen.
Habeck lehnt Verschiebung nicht grundsätzlich ab
Liebing rät dazu, den Wärmenetzen einen höheren Stellenwert beizumessen. „Wir brauchen bis 2035 drei Milliarden Euro pro Jahr für den Ausbau von Wärmenetzen. Wenn die Förderung vernünftig ausgestattet ist, senkt das auch die Kosten für einen Fernwärmeanschluss für jeden einzelnen Endkunden“, sagte Liebing. Die Diskussion der vergangenen Wochen habe sich „viel zu stark auf elektrische Wärmepumpen fixiert“. Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) warnt vor überstürzten Festlegungen beim GEG und mahnt eine enge Abstimmung mit der Wärmeplanung an.
>> Lesen Sie hier: Debatte um Start des Heizungsgesetzes – Kommt die Verschiebung?
In der Ampelkoalition ist das Thema noch umstritten. Allerdings hatte selbst Wirtschaftsminister Habeck eine Verschiebung kürzlich nicht mehr ausgeschlossen. Der Koalitionsausschuss habe sich zwar für 2024 entschieden.
Mit Blick auf die parlamentarischen Beratungen im Bundestag sagte er aber, es sei „natürlich genauso relevant, darüber nachzudenken, ob man später einsetzt oder ein bisschen später einsetzt“. In dieser Hinsicht sei er „maximal pragmatisch“.
Die FDP-Fraktion will erst über das Gesetz verhandeln, wenn ihr Fragenkatalog beantwortet ist.
(Foto: imago/Metodi Popow)
Die FDP-Fraktion im Bundestag sieht derweil offenbar noch zahlreiche offene Punkte im Gesetzentwurf. Wie die „Bild“ berichtet, hat die Fraktion einen Fragenkatalog mit 101 Nachfragen an Habeck erstellt und will diesen in Kürze offiziell übergeben. Die Liberalen bestehen vor Beratungen über das Gesetz auf detaillierten Antworten, schreibt die Zeitung – und zitiert FDP-Wirtschaftspolitiker Frank Schäffler: „Der aktuelle Entwurf ist eine Katastrophe.“
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