Brüssel Der Streit um die Getreideimporte aus der Ukraine spaltet die Europäische Union. In einem Brief an die EU-Kommission kritisieren zwölf Agrarminister, darunter aus Frankreich und Deutschland, einen Deal, den die Kommission mit fünf osteuropäischen Ländern geschlossen hatte. Der Brief liegt dem Handelsblatt vor.
Die Minister schreiben, sie hätten „ernste Bedenken“ gegen den Deal, weil er zu unterschiedlicher Behandlung im Binnenmarkt führe. Sie beklagen einen Mangel an Transparenz und fordern eine Erklärung, warum die EU nun 100 Millionen Euro an osteuropäische Landwirte zahle.
Der Hintergrund des Streits reicht weit zurück: Seit der russischen Invasion kann die Ukraine nicht mehr so viel Getreide über die Seehäfen im Schwarzen Meer exportieren. Deshalb hatte die EU den Binnenmarkt für ukrainische Importe geöffnet. Nun landen riesige Mengen an Weizen, Mais, Öl- und Sonnenblumensamen in den osteuropäischen Nachbarländern der Ukraine.
Importstopp für Getreide aus der Ukraine
Nach heftigen Bauernprotesten über angebliche Dumpingpreise verkündeten Polen, Ungarn und die Slowakei im April einen einseitigen Importstopp für ukrainisches Getreide. Daraufhin bot die EU-Kommission Ende April Entschädigungszahlungen in Höhe von 100 Millionen Euro für Bauern in Polen, Ungarn, der Slowakei, Rumänien und Bulgarien an.
Auch versprach die Brüsseler Behörde, beim Weitertransport des Getreides nach Westeuropa zu helfen.
Die Umstände dieses Deals erregen nun den Unmut anderer EU-Mitglieder. Neben Deutschland und Frankreich haben auch die Beneluxstaaten, Österreich, Dänemark, Irland, Griechenland, Slowenien und Kroatien den Protestbrief an die Kommission unterzeichnet. Sie fordern die Kommission auf, zu einem „transparenten Prozess“ zurückzukehren.
Staaten fordern Erklärung der EU-Berechnungen
Man unterstütze eine europäische Lösung, um die Probleme in einigen Mitgliedstaaten zu adressieren, aber nicht auf Kosten des Binnenmarkts, heißt es in dem Schreiben. Man wolle wissen, wie andere nationale Märkte von dem Deal betroffen seien. Auch müsse die Kommission „so schnell wie möglich“ erklären, wie sie auf den Finanzbedarf von 100 Millionen Euro komme und nach welchem Schlüssel dieses Geld verteilt werde.
Tatsächlich sind noch viele Fragen offen. Der Deal sieht vor, dass die osteuropäischen Länder das Getreide wieder ins Land lassen – allerdings nur zum Transit.
Die Kommission hat zugesagt, bei der Organisation von Schiffen, Lastwagen und Zügen für den Weitertransport in westeuropäische Seehäfen zu helfen.
Es ist jedoch nicht klar, wer für die zusätzlichen Kosten aufkommt. Die Europaroute ist teuer: Laut Kommission belaufen sich die Kosten auf 40 Prozent des Endpreises des Getreides.
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Normalerweise sind es zehn Prozent. Deshalb hatten sich bislang keine Abnehmer für das Getreide gefunden.
Die Kommission teilte am Freitag mit, man habe den Brief erhalten und werde zu gegebener Zeit antworten. Man habe die Regierungen auf dem üblichen Wege über den Deal informiert, sagte eine Sprecherin.
Am 3. Mai habe es eine erste Diskussion im Rat der Mitgliedstaaten gegeben, aber die Verordnung sei noch nicht beschlossen.
Aufgrund des russischen Angriffskriegs sei eine „unnatürliche Marktlage“, also der Preisverfall, in den fünf Nachbarländern der Ukraine entstanden, sagte die Sprecherin. „Diese müssen wir adressieren.”
Mehr: EU-Kommission will Handel mit der Ukraine wieder beschränken.
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