Ankara Er ist im türkischen Präsidentschaftskampf ausgeschieden, doch seine Stimmen sind nun hart umkämpft. Der Drittplatzierte Sinan Ogan darf bei der Stichwahl am 28. Mai nicht noch einmal antreten. Aber mit einem Ergebnis von gut fünf Prozent kann er nun entscheiden, welche Wahlempfehlung er seinen gut 2,8 Millionen Wählerinnen und Wählern im Land geben wird.
In der Türkei hat Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan knapp die absolute Mehrheit bei der Präsidentenwahl verfehlt und muss sich in zwei Wochen erstmals einer Stichwahl stellen. Der 69-Jährige kam nach Angaben der Wahlbehörde vom Montag bei der Wahl am Sonntag auf 49,51 Prozent der Stimmen und liegt damit fast fünf Prozentpunkte vor seinem Rivalen Kemal Kilicdaroglu.
Dem Ultranationalisten Ogan kommt damit die Rolle des Königsmachers zu. Ein hochrangiger Vertreter von Erdogans AKP sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die Chancen seiner Partei in der zweiten Runde seien sehr gut. „Ogan hält jetzt den Schlüssel.“
Lange hatten vor allem westliche Analysten gemutmaßt, dass die kurdische Bevölkerung oder die gut fünf Millionen Erstwählerinnen und Erstwähler den Schlüssel zum Sieg bei den türkischen Präsidentschaftswahlen in der Hand hielten. Doch nach allem, was nach Auszählung der Stimmen bisher bekannt ist, sind beide Gruppen deutlich heterogener als angenommen.
Stattdessen ist es ein rechter Ultranationalist, der nun darüber entscheidet, welche Wahlempfehlung er seinen Wählerinnen und Wählern gibt. Wenn er sich als Königsmacher behaupten kann, glauben Beobachter an eine steile Karriere des bisher eher stillen Politikers.
Ein Kandidat für „türkische Nationalisten“
Ogan, ein Akademiker mit aserbaidschanischen Wurzeln, kandidierte bei der Wahl als Präsidentschaftskandidat der Ata-Allianz, die aus vier rechtsnationalen Parteien besteht. Der Parteichef einer der vier Parteien, Ümit Özdag von der ZP („Partei des Sieges“), bezeichnete Flüchtlinge im vergangenen Jahr als „Seuche“.
Die Karriere des 56-jährigen Ogan begann in der rechtsnationalen MHP, die inzwischen in einer Allianz mit der Erdogan-Partei AKP verbunden ist. Im Jahr 2011 wurde er Abgeordneter seiner Heimatstadt Igdir, einer ostanatolischen Provinz mit einem beträchtlichen aserbaidschanischen Bevölkerungsanteil. Anfangs hatte er gute Beziehungen zu MHP-Chef Devlet Bahceli. Doch als Bahceli nach den Wahlen im November 2015 begann, Erdogans Politik zu unterstützen, schloss sich Ogan anderen nationalistischen Personen an.
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Der Wirtschaftswissenschaftler promovierte am Moskauer Institut für Internationale Beziehungen und engagiert sich in verschiedenen eurasischen Instituten. In den 2000er-Jahren arbeitete Ogan, der gut Russisch und Englisch spricht, in der Ukraine- und Russland-Abteilung des Eurasian Strategic Research Center (Asam).
Ogan bezeichnete sich selbst als Kandidat für „türkische Nationalisten“. Seine außenpolitische Haltung dürfte eher der Erdogans entsprechen als der des linksgerichteten Kilicdaroglu. Dem Oppositionskandidaten warf Ogan während des Wahlkampfs vor, rechte Wähler in der Türkei nicht zu verstehen.
Bei der Positionierung in der Innen- und Flüchtlingspolitik wird es komplizierter. Zugeständnisse an Ogan auf diesen Gebieten könnten Kilicdaroglu aber die Stimmen der prokurdischen HDP kosten. Die gelten ebenfalls als entscheidend für Kilicdaroglu.
Ogan hatte angekündigt, eine Wahlempfehlung für Erdogan oder Kilicdaroglu nur gegen Zugeständnisse zu geben. Der Rechtsaußenkandidat will nach eigener Aussage etwa eine Zusicherung, dass „Syrer und alle anderen Flüchtlinge“ die Türkei verlassen werden.
„Er ist der wahre Sieger dieses Wahlkampfs“, urteilt der bekannte Journalist Rusen Cakir, Gründer des Medienportals Medyascope. Das mag übertrieben sein, spiegelt aber die gefühlte Macht wider, die dem im Ausland bisher unbekannten Politiker jetzt zuteilwird.
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