May 25, 2023
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Geopolitik: Wie EU und USA ihren Technologie-Vorsprung gegen China halten wollen

Written by Dana Heide

Berlin, Brüssel Mit aufeinander abgestimmten Investitions- und Exportkontrollen wollen EU und USA ihren Technologievorsprung zu China verteidigen. Beim Treffen des „Transatlantischen Rats für Handel und Technologie“ (TTC) kommende Woche in Schweden wollen US-Regierung und EU-Kommission Maßnahmen verkünden, um China in sicherheitskritischen Bereichen wie der Chipherstellung, der Künstlichen Intelligenz oder der Biotechnologie auf Distanz zu halten.

Teil der Abmachung ist die „koordinierte Anpassung“ der Exportbeschränkungen für sicherheitskritische Güter. Das zeigt die TTC-Erklärung, die das Handelsblatt vorab einsehen konnte. Auch eine „robuste“ und auf „nationalen Sicherheitserwägungen“ beruhende Prüfung von ausländischen Investitionen sagen die transatlantischen Partner einander zu. 

Wenn etwa ein chinesisches Unternehmen einen deutschen Chiphersteller kaufen will, soll die Regierung Einspruch erheben – so geschehen im Falle der kürzlich durch das Bundeswirtschaftsministerium untersagten Übernahme einer Dortmunder Fabrik des Halbleiter-Produzenten Elmos. Der TTC soll, so wird es in der Erklärung mehrfach betont, Antworten auf „die Herausforderung durch nicht-marktwirtschaftliche Praktiken“ finden, eine Anspielung auf die staatlich gelenkte chinesische Wirtschaft. 

Vestager: Handel mit riskanten Gütern einschränken

EU-Kommissionsvizepräsidentin Margrethe Vestager sagte dem Handelsblatt und anderen europäischen Medien, man müsse den Handel mit einigen riskanten Gütern einschränken, um den freien Handel mit allen übrigen Gütern zu sichern. “Dies lässt eine Menge Raum für den Handel mit China“, sagte sie.

Die Worte sind auch an Peking gerichtet. Die chinesische Staatsführung hatte in den vergangenen Wochen mehrfach ihren Unmut über die Strategie des sogenannten De-Risking ausgedrückt. Ziel dieser Strategie ist es, den Westen in die Lage zu versetzen, seinen Vorsprung in sicherheitsrelevanten Technologien zu bewahren und chinesischen Erpressungsversuchen standzuhalten.

Vestager wird zusammen mit Kommissionsvize Valdis Dombrovskis die Europäer beim Treffen am 30. und 31. Mai in der nordschwedischen Stadt Luleå vertreten. Aus den USA werden Außenminister Antony Blinken, Handelsvertreterin Katherine Tai und Wirtschaftsministerin Gina Raimondo erwartet.

Wir sind uns auch der Notwendigkeit bewusst, bestimmte fortschrittliche Technologien zu schützen, die zur Bedrohung unserer nationalen Sicherheit eingesetzt werden könnten, ohne Handel und Investitionen übermäßig einzuschränken. G7-Erklärung beim Gipfel in Hiroshima

Der TTC ist das zentrale Forum für wirtschaftspolitische Absprachen zwischen der EU und der Regierung von US-Präsident Joe Biden. Zuletzt hatte es schwere Verstimmungen zwischen Brüssel und Washington gegeben: Bidens Klimagesetz, der „Inflation Reduction Act“, diskriminiert europäische Firmen. Seit Monaten versuchen die USA und die EU, den Streit beizulegen – mit mäßigem Erfolg.

Seinen Wert hat der TTC aus Sicht beider Seiten dennoch schon bewiesen: In den Wochen vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine arbeiteten die EU und die USA eng bei der Vorbereitung ihrer Russlandsanktionen zusammen und stimmten Exportkontrollen für westliche Spitzentechnologie ab, auf welche die russische Rüstungsindustrie angewiesen ist. 

An diese Erfahrungen wollen die Verbündeten nun anknüpfen und so das neue Schlagwort in der westlichen China-Politik unterfüttern: De-Risking, Risikominderung.

EU und USA erwägen Kontrollen für Auslandsinvestitionen

Neben Exportkontrollen und Investitionsprüfungen erwägen EU und USA, ein neues Kontrollverfahren zu schaffen, das für Auslandsinvestitionen ihrer eigenen Unternehmen gelten soll: das sogenannte Outbound Investment Screening. Die USA diskutieren schon länger darüber, inzwischen macht sich auch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen für ein solches Regelwerk stark.

Lesen Sie hier: G7 läutet neue China-Politik ein

In der Erklärung der führenden westlichen Industriestaaten (G7) auf ihrem Gipfel in Hiroshima vergangenes Wochenende hieß es zu dem Thema: „Wir sind uns auch der Notwendigkeit bewusst, bestimmte fortschrittliche Technologien zu schützen, die zur Bedrohung unserer nationalen Sicherheit eingesetzt werden könnten, ohne Handel und Investitionen übermäßig einzuschränken.“

Zuletzt hatte sich überraschend Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck für ein Instrument der Kontrolle für Investitionen im Ausland ausgesprochen. Insgesamt herrscht in der Bundesregierung aber eher Zurückhaltung vor. Zwar sieht man auch in Berlin, dass der Technologieabfluss ein Problem ist, aber ob das Mittel der Investitionskontrolle das richtige ist, darüber gibt es Zweifel.

Auch Vestager dämpfte die Erwartungen: Die Gespräche über mögliche Investitionskontrollen seien „in einem sehr frühen Stadium“. Sie erinnerte daran, dass europäische Unternehmen weltweit die meisten Auslandsinvestitionen tätigten. Es sei sehr schwierig, aus dieser Menge herauszufiltern, was tatsächlich ein Sicherheitsrisiko darstelle. Die Kommission wolle die Unternehmen nicht mit neuen Berichtspflichten überfrachten, eigentlich strebe man ja das Gegenteil an.

Huawei-Server in China

Mehrere Staaten haben den Einbau von Komponenten des chinesisches Telekom-Ausrüsters in Mobilfunknetze verboten.

(Foto: AP)

Es sei aber nur konsequent, auch über Beschränkungen von „outbound investments“ nachzudenken, nachdem man bereits “inbound investments“ auf Sicherheitsrisiken hin kontrolliere. Ein Beispiel dafür ist das Verbot von Komponenten des chinesischen Telekom-Ausrüsters Huawei in der europäischen 5G-Mobilfunkinfrastruktur.

Unternehmen warnen vor Investitionskontrollen

In der TTC-Erklärung verabreden sich die USA und die EU, regelmäßig Informationen darüber auszutauschen, inwieweit „Kapital, Erfahrung und Wissen unserer Firmen“ zu „technologischen Fortschritten von strategischen Rivalen beitragen“. Beide Seiten wollen die Einführung eines Outbound Investment Screenings „weiter erörtern“. 

Für Unternehmen hätte das möglicherweise weitreichende Folgen: Baut eine europäische Firma in China eine Fabrik, fließt dabei oft auch Wissen ab. Wenn es hierbei um Know-how geht, das auch militärisch genutzt werden kann, könnten solche Investitionen künftig untersagt werden. 

Lesen Sie hier: China setzt Russlandfreund als Vermittler im Ukraine-Krieg ein

Dahinter steckt, dass Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping bereits seit Jahren die Verschmelzung von militärischen mit zivilen Einrichtungen vorantreibt.

Xi Jinping

Der chinesische Präsident will den wirtschaftlichen Einfluss weltweit ausbauen.


(Foto: Reuters)

Die EU-Kommission will am 20. Juni ein Strategiepapier zur Wirtschaftssicherheit vorlegen, in der sie ihre Vorstellung einer Beschränkung von Auslandsinvestitionen näher erläutern will. Wirtschaftsvertreter sind skeptisch. „Nur in Ausnahmefällen, in denen ernsthafte Sicherheitsbedenken tatsächlich nachgewiesen sind, könnte dies ein letztes Mittel sein“, mahnt etwa der Industrieverband Business Europe. 

In diese Richtung gehen die Planungen in Brüssel und Washington allerdings ohnehin. Das Instrument soll nur besonders kritische Bereiche schützen – Chipherstellung, Quantencomputer, Künstliche Intelligenz etwa.

Vestager benutzte die Metapher „Kleiner Garten, hoher Zaun“. Es gehe nicht um alle Technologien, sagte sie. Die Idee sei es, eng begrenze Felder zu definieren, in denen der Westen seinen Technologievorsprung bewahren sollte.

Mehr: Deutschland sucht seinen eigenen Weg zwischen USA und China. 



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