May 26, 2023
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Heizungsgesetz: Lindner macht Front gegen „linke Politik“ in der Ampelregierung

Written by Dietmar Neuerer

Das Heizungsgesetz der Regierung hatte zuletzt schon für erhebliche Konflikte zwischen den Regierungsparteien gesorgt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte dazu dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Ich verhehle nicht, dass diese Diskussionen für meinen Geschmack durchaus auch leise im Ton geführt werden könnten.“

Die FDP sperrt sich seit Wochen gegen das Vorhaben. Dabei hatten die Ampelparteien im Koalitionsausschuss Ende März vereinbart, das Gesetz noch vor der am 7. Juli beginnenden Sommerpause im Bundestag zu verabschieden. Die FDP hatte den Termin in Frage gestellt und dringt auf eine komplette Überarbeitung. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte den Liberalen daraufhin „Wortbruch“ vorgeworfen. Habeck will nun Vertreter der drei Ampel-Fraktionen zum Austausch über das Gesetz treffen.

Nach den Plänen der Bundesregierung soll ab 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das würde in der Praxis über kurz oder lang auf einen Austausch von Öl- und Gasheizungen hinauslaufen. Vorgesehen sind allerdings zahlreiche Ausnahmeregelungen.

Die Verschärfung der Debatte führt der Bonner Politikwissenschaftler Volker Kronenberg auch auf das Agieren des Wirtschaftsministers zurück. „Habeck hat die Diskussion um dieses Gesetz fahrlässig zum Symbol eines falschen grünen Rigorismus in der Ampel werden lassen“, sagte Kronenberg dem Handelsblatt. „Dass die FDP und auch in Teilen die SPD in der jetzigen Form dagegen ist, kann angesichts des allgemeinen gesellschaftlichen Kopfschüttelns über dieses Projekt nicht verwundern.“

Politikwissenschaftler: „Es drängt sich keine Alternative zur Ampel auf“

Könnte der Zwist womöglich der Anfang vom Ende der Ampelkoalition sein? FDP-Chef Lindner sieht das Regierungsbündnis wegen des Konflikts nicht in Gefahr. „Das ist eine unrealistische Überdramatisierung“, sagte er.

>> Lesen Sie auch: Was die FDP von Habeck zum neuen Gesetz wissen will

Auch der Passauer Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter glaubt nicht, dass jetzt der Fortbestand der Koalition gefährdet sei. „Denn es drängt sich keine Alternative zur Ampel auf“, erklärte er. Außer einer neuen Großen Koalition sei nichts Funktionsfähiges in Sicht. „Und diese Vorstellung erscheint absurd und nur als eine Art Notstandskonstellation denkbar, wenn gar nichts mehr geht.“

Der Streit trifft die Ampelparteien zu einem schwierigen Zeitpunkt, an dem sie in Umfragen längst keine Mehrheit mehr haben. Die FDP hatte sich zwar in der Bremen-Wahl gerade noch über die Fünf-Prozent-Hürde gerettet. Doch wird längst überlegt, wie man an Stärke und Profil gewinnen kann. Eine Strategie könnte sein, sich als Korrektiv in einer eigentlich ungeliebten Koalition zu positionieren und dabei gleichzeitig die eigenen Erfolge herauszustellen.

Die Grünen wiederum plagen mäßige Wahlergebnisse in Berlin und Bremen, der Vorwurf der Vetternwirtschaft im Wirtschaftsministerium und nun auch noch offene Kritik vom baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) an den Heizungs-Plänen im Bund. Und die SPD kann sich als Kanzlerpartei in Umfragen nicht absetzen, auch weil Kanzler Scholz öffentlich als überwiegend entscheidungsschwach eingestuft wird.

Auch in der Heizungsdebatte ist Scholz kaum wahrnehmbar. Und wenn, dann referiert er allenfalls das, was bereits andere geäußert haben – zum Beispiel, dass das Gesetz noch vor der Sommerpause in den Bundestag eingebracht werden solle. „Alle Beteiligten haben diesen Ehrgeiz. Und haben versichert, die offenen Fragen sehr zügig miteinander zu besprechen“, sagte Scholz dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der Gesetzentwurf werde nun im Parlament diskutiert und verbessert. Daran arbeiteten alle drei Fraktionen der Koalition.

Heizungsgesetz: Experten skizzieren Auswege aus dem Streit

Der Politikprofessor Oberreuter mahnte ein stärkeres Engagement von Scholz bei dem Thema an. „Der Kanzler muss vermitteln und Brücken bauen“, sagte er. „Gesichtswahrend könnte im Wesentlichen eine Lösung mit leicht schonenderen Fristen, deutlicherer Nachvollziehbarkeit, klarerer und realistischerer sozialer Entlastung und größerer Technologieoffenheit sein“, erklärte der Experte.

Auch der Politikwissenschaftler Kronenberg hält eine Verständigung für möglich. „Ein Kompromiss in der Sache kann und wird – klassisch bewährt im parlamentarischen Fingerhakeln der Fraktionen – in veränderten Übergangsfristen liegen“, sagte er. „Der Kern des Gesetzes bleibt, Habeck setzt sich damit durch, die Fristen werden modifiziert – und die Liberalen haben für die Wählerschaft erkennbar die Rolle des bürgerlichen Korrektivs übernommen.“

Diese Kompromissvariante könnte jedoch das weitere gemeinsame Regieren nicht unbedingt einfacher machen, wie Kronenberg erläutert. „Wie aus dieser „Arbeitsteilung“ noch ein gemeinsames Ganzes, ein überzeugendes Narrativ des Aufbruchs jenseits des Krisenmanagements der Zeitenwende werden soll, steht dahin.“

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