May 26, 2023
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Ukraine-Krieg: Druck auf Scholz: Baltische Regierungschefs drängen auf höhere Verteidigungsausgaben

Written by Mareike Müller

Riga Die Premierminister der drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen dringen beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz im estnischen Tallin auf höhere Verteidigungsausgaben der übrigen Nato-Mitgliedstaaten. Die drei Länder zählen gemessen an der Wirtschaftskraft zu den stärksten Unterstützern der Ukraine und sind durch ihre Lage an der Nato-Ostflanke in der geopolitischen Konfrontation mit Russland besonders exponiert.

Scholz war am Freitag nach Tallinn gereist, um erst bilateral mit Estlands Ministerpräsidentin Kaja Kallas zu sprechen. Später traf er auch Lettlands Regierungschef Krisjanis Karins und Litauens Ministerpräsidentin Ingrida Simonyte. Bei der anschließenden Pressekonferenz erneuerte der Kanzler sein Bekenntnis zur Verteidigung der Nato-Staaten im Baltikum im Falle eines Angriffs. „Wir sind bereit, jeden Quadratzentimeter Nato-Territoriums gegen Angriffe zu verteidigen“, sagte Scholz. „Die Sicherheitslage an der Ostflanke der Nato bleibt heikel“, so der Kanzler.

Im Baltikum hofft man allerdings auf konkrete Pläne. Mit Blick auf den im Juli anstehenden Nato-Gipfel in Vilnius sagte seine Amtskollegin Kallas, die Ausgaben für Verteidigung müssten „von allen Alliierten gemeinsam getragen werden“, man müsse „das Geld auftreiben, um die europäische Verteidigungsindustrie zu stärken.“

Estland nehme seine Verpflichtungen als Alliierter sehr ernst und erhöhe die Verteidigungsausgaben auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Außerdem erklärte Kallas, dass Estland und Lettland gemeinsam Verhandlungen mit einem deutschen Hersteller begonnen hätten, um Luftabwehrsysteme mit mittlerer Reichweite zu beschaffen.

Auch Lettlands Ministerpräsident Karins betonte, sein Land wolle „in den nächsten Jahren“ drei Prozent des BIP für Verteidigung ausgeben. „Aber alleine stärker dazustehen reicht nicht aus“, so Karins, alle Nato-Alliierten müssten mindestens das Zwei-Prozent-Ziel erreichen „und möglichst noch darüber hinausgehen, so wie wir das auch tun“.

>> Lesen Sie hier: Rüstung: Viele Nato-Länder verfehlen Zwei-Prozent-Marke im Verteidigungsetat

Litauens Ministerpräsidentin Simonyte sagte, es sei „absolut notwendig“, die Sicherheit des Bündnisses zu verstärken, die Verteidigungskapazitäten auszubauen und dafür ausreichend Geld bereitzustellen. Die ganze Ostflanke müsse mit bodengestützter Luftabwehr ausgestattet werden. Außerdem müssten Entscheidungen „schnell“ und „mutig“ getroffen werden, das sei besonders für die baltischen Länder aufgrund der geografischen Lage wichtig.

Es wäre „sehr enttäuschend, wenn das Ergebnis des Vilnius-Gipfels als Sieg Russlands gelesen werden könnte, indem der Ukraine der Weg in die Nato verwehrt bleibt“. Litauens Ministerpräsidentin Ingrida Simonyte

Deutschland verfehlt das Ziel der Nato, mindestens zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben, seit Jahren deutlich. 2022 betrugen die entsprechenden Ausgaben nur 1,49 Prozent des BIP, im Jahr zuvor waren es 1,46 Prozent gewesen. Dazu äußerte sich Scholz allerdings nicht konkret. Der Kanzler sagte, man habe „vielfältig unsere Unterstützung ausgebaut“. Zudem verwies er auf die Mitte Mai angekündigten deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine im Wert von 2,7 Milliarden Euro.

Auch ließ Scholz offen, wie viele Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten künftig in Litauen stationiert werden sollen. Im vergangenen Jahr hatte Deutschland zugesagt, eine Brigade mit 3000 bis 5000 Soldaten für den Schutz des Landes abzustellen.

>> Lesen Sie hier: Deutschland schnürt neues Waffenpaket im Volumen von 2,7 Milliarden Euro

Litauen wünscht sich, dass die Brigade dauerhaft im Land stationiert ist, Deutschland hatte eine Rotationsüberlegung vorgeschlagen. Diese wäre noch im Einklang mit der Nato-Russland-Akte von 1997, wonach keine substanziellen Kampftruppen permanent an der Nato-Ostflanke stationiert sein dürfen.

Baltische Staaten wollen schnellen Nato-Beitritt der Ukraine

Scholz erklärte in Tallinn, zur Unterstützung gehöre auch, „dass jetzt dort die Infrastrukturen entwickelt werden.“ Außerdem habe man zugesagt, Strukturen zu schaffen, um „immer Truppen sehr schnell dahin verlegen zu können“. Teile der abgestellten deutschen Kampfbrigade würden in den kommenden Wochen erneut für eine Übung nach Litauen verlegt werden.

Scholz kündigte zudem an, den Sanktionsdruck gegen Russland weiter zu verschärfen und weitere Vorkehrungen zu treffen, damit die Sanktionen nicht umgangen werden können. Zur Möglichkeit eines schnellen Nato-Beitritts der Ukraine, wie beispielsweise von Simonyte explizit gefordert, äußerte sich Scholz nicht. Die litauische Ministerpräsidentin hatte betont, es wäre „sehr enttäuschend, wenn das Ergebnis des Vilnius-Gipfels als Sieg Russlands gelesen werden könnte, indem der Ukraine der Weg in die Nato verwehrt bleibt“.

Am 11. und 12. Juli findet in der litauischen Hauptstadt der jährliche Nato-Gipfel statt. Im vergangenen Sommer hatte die Zusammenkunft in Madrid stattgefunden.

Mehr: Vor welche Herausforderungen F-16-Kampfjets die Ukraine stellen könnten



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