Jun 1, 2023
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Erneuerbare Energien: Strom vom Kartoffelacker: Energiebranche sieht hohes Potenzial bei Agri-PV

Written by Klaus Stratmann


Solaranlage auf Kuhweide in Baden-Württemberg

Wenn nur vier Prozent der Ackerfläche hierzulande mit aufgeständerter Agri-PV genutzt wird, könnte der aktuelle Strombedarf Deutschlands gedeckt werden.

(Foto: imago images/Arnulf Hettrich)

Berlin Multifunktionale Sonnensegel, Photovoltaikanlagen, aufgeständert in sechs Meter Höhe oder vertikal installiert neben grasenden Kühen und Schafen: In der zeitgleichen Nutzung von Flächen für die Landwirtschaft und die Solarstromproduktion sieht die Energiebranche hohes Potenzial. Die Ziele für den Ausbau der Photovoltaik ließen sich nur erreichen, „wenn wir die gesamte Vielfalt der Photovoltaik-Segmente in den Blick nehmen und deren Ausbau ambitioniert vorantreiben“, sagte Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), dem Handelsblatt.

Der Photovoltaik-Ausbau auf Freiflächen sei schnell und effizient umsetzbar. „Ergänzend dazu sollte auch das Potenzial der Agri-PV gehoben werden.“

Von Agri-PV ist die Rede, wenn Flächen sowohl landwirtschaftlich als auch mit Photovoltaik-Anlagen für die Stromproduktion genutzt werden. Andreae sagte, Agri-PV könne einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten, weil sie die Konkurrenz zwischen landwirtschaftlicher und energiewirtschaftlicher Nutzung überwinde und Synergien zwischen dem Erneuerbare-Energien-Ausbau und der Landwirtschaft ermögliche.

Auch in der Anfang Mai veröffentlichten Photovoltaik-Strategie des Bundesumweltministeriums spielt Agri-PV eine Rolle. In der Strategie heißt es, bis Mitte 2023 werde ein Konzept für die Agri-PV entwickelt. Bislang sind aber keine Details bekannt.

Der BDEW erhofft sich von der Agri-PV eine spürbare Vergrößerung des Flächenpotenzials für den Ausbau der Photovoltaik. Um die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen für die Photovoltaik wird innerhalb der Bundesregierung gestritten. Die Bundesministerien für Landwirtschaft und Umwelt sehen den Verbrauch von landwirtschaftlicher Fläche für die Photovoltaik kritisch. Eine Doppelnutzung könnte einen Kompromiss darstellen.

Umwidmung von landwirtschaftlicher Fläche führt zu Nachteilen

Die Photovoltaik hat in den Plänen des Bundeswirtschaftsministeriums für den schnellen Ausbau erneuerbarer Energien eine tragende Rolle. Zum Ende des ersten Quartals 2023 waren nach Branchenangaben in Deutschland insgesamt 70,3 Gigawatt (GW) Photovoltaik installiert, davon 32 Prozent auf Freiflächen, der Rest auf Dächern. 2030 sollen insgesamt bereits 215 GW installiert sein, rund die Hälfte davon auf Freiflächen.

Photovoltaikanlage auf der Wiese

Noch werden landwirtschaftliche Flächen mit Agri-PV oft zu Siedlungs- und Verkehrsflächen umgewandelt – ein Nachteil für Landwirte.

(Foto: IMAGO/blickwinkel)

Das Flächenpotenzial ist allerdings begrenzt. Photovoltaik-Freiflächenanlagen werden oft auf Ackern errichtet. Doch Landwirte, die eine Photovoltaik-Nutzung in Betracht ziehen, müssen eine Grundsatzentscheidung fällen: Wenn sie eine Freiflächen-Photovoltaik-Anlage installieren, führt das regelmäßig zum Verlust der Einordnung ihrer Flächen als landwirtschaftliche Nutzflächen. Die Flächen gelten dann als Siedlungs- und Verkehrsflächen.

In einem noch unveröffentlichten Positionspapier des BDEW zur Agri-PV heißt es, dies sei „nicht sachgerecht, denn ein Solarpark entspricht einer Flächenumnutzung gegenüber einer vorherigen Nutzung, nicht aber einem Flächenverbrauch“. Die Flächen würden nämlich nicht versiegelt und könnten danach wieder der ausschließlichen landwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden, schreibt der BDEW.

Die Einstufung als Siedlungs- und Verkehrsfläche bringe erhebliche Nachteile mit sich, so entfalle etwa die erbschaftsteuerliche Begünstigung für landwirtschaftliche Flächen. Der BDEW spricht sich dafür aus, sowohl Agri-PV-Anlagen als auch reine Freiflächen-PV-Anlagen als landwirtschaftliche Flächen bestehen zu lassen.

BDEW fordert eine Ausschreibung für Agri-PV

Der BDEW plädiert in seinem Positionspapier außerdem dafür, ein Sonderausschreibungssegment für Agri-PV einzurichten. Die bisherigen Ausschreibungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sind nach Überzeugung des BDEW ungeeignet, da die Agri-PV dort zu wenig berücksichtigt wird. Außerdem müsste die finanzielle Förderung speziell für kleinere Agri-PV-Anlagen verbessert werden.

>> Lesen Sie hier: Zwei gegen Habeck – Grüne beharken sich beim Photovoltaik-Ausbau

Auch der Deutsche Bauernverband sieht Nachholbedarf bei der Finanzierung. „Die Mehrkosten für Agri-PV müssten über einen höheren Bonus im EEG aufgefangen werden, damit sie sich wirtschaftlich durchsetzen kann“, sagte Udo Hemmerling, stellvertretender Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands, dem Handelsblatt. Grundsätzlich sperre sich der Verband nicht gegen Solarparks auf Agrarland, sagte er. Vor allem für Obstkulturen und Beerenanbau sei Agri-PV interessant und könne auch bei der Flächenkonkurrenz helfen.

Deutschland ist beim Thema Agri-PV noch in der Experimentierphase, es gibt sie nur in kleinem Maßstab. Weltweit sind mittlerweile 14 GW der Photovoltaik auf Ackerflächen mit gleichzeitiger landwirtschaftlicher Nutzung verbaut.

Zwischen sieben und zwölf Cent fallen für eine Kilowattstunde Strom vom Acker derzeit an. Dieselbe Menge Strom aus einem großen Solarpark kostet zwei bis vier Cent. Wer möglichst günstig Strom erzeugen will, der ist bei Agri-PV falsch. Denn die parallele Nutzung erfordert Anlagen, die für das Pflanzenwachstum nötiges Sonnenlicht zu einem entscheidenden Teil durchlassen.

Verschattung durch Solarmodule kann Ernteerträge erhöhen

Im Schnitt sind Agri-PV-Module 40 bis 50 Prozent lichtdurchlässiger als herkömmliche Solaranlagen. Das heißt aber auch, dass die Stromausbeute fast um die Hälfte sinkt.

Und auch der Landwirt hat unter Umständen geringere Ernten. Allerdings ist das nicht zwingend so: Durch ihre Verschattungswirkung und Abschirmung können die Anlagen sogar dazu beitragen, dass sich Erträge erhöhen und trockene Standorte und hitzeempfindliche Pflanzen vor negativen Witterungseinflüssen geschützt werden. Ebenfalls ist häufig mit einem geringeren Wasserverbrauch durch reduzierte Verdunstung zu rechnen.

Die Potenziale der Agri-PV sind jedoch enorm. Einer ersten Potenzialabschätzung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme zufolge liegt das geschätzte Potenzial allein für hoch aufgeständerte Agri-PV in Deutschland bei etwa 1700 GW installierbarer Leistung. Nur rund vier Prozent der deutschen Agrarflächen würden demnach rechnerisch ausreichen, um damit den gesamten aktuellen Strombedarf in Deutschland zu decken.

Mehr: Wenn der Solarstrom vom Acker kommt.



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