Washington Der Republikaner Lindsey Graham, führender Außenpolitiker im US-Senat, greift gern zu Sätzen, die im Gedächtnis bleiben. „Wer auf den Putin-Zug aufspringt, ist dümmer als Dreck“, sagte er einmal über China. Der Anlass waren Vorwürfe der Amerikaner, dass China Waffen für den Ukrainekrieg an Russland liefern könnte.
Der 67-jährige Politiker aus dem US-Bundesstaat South Carolina ist umstritten, auch wegen seiner Loyalität zu Donald Trump. Doch für Europa ist Graham ein wichtiger Verbündeter: Er ist einer der größten Fürsprecher der Ukrainehilfen.
Vor einigen Tagen erließ das russische Innenministerium sogar einen Haftbefehl gegen Graham, nachdem er den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski in Kiew besucht hatte. Der Senator hatte während des Treffens erklärt, dass „die Russen sterben“. Die Militärhilfen der USA seien „das beste Geld, das wir je ausgegeben haben“, so Graham.
Der Republikaner dürfte in den kommenden Monaten eine zentrale Rolle für die Ukrainehilfen spielen. Denn womöglich muss der US-Kongress schon im Sommer eine neue Milliardentranche beschließen, noch vor Ablauf des Haushaltsjahrs. Die USA sind die tragende Säule der ukrainischen Verteidigung, insgesamt hat die Regierung von US-Präsident Joe Biden rund 113 Milliarden US-Dollar an militärischen, wirtschaftlichen und humanitären Mitteln genehmigt.
Das Thema Ukrainehilfen wird gerade wieder verstärkt diskutiert – im Zusammenhang mit der Schuldenobergrenze. Der Kongress will bis zum Wochenende eine vorläufige Aussetzung des Schuldenlimits beschließen, um einen Zahlungsausfall der USA zu verhindern.
Der Geldfluss aus Washington könnte schon im Juli stocken
Im Zuge der Schuldengespräche war vereinbart worden, dass die Verteidigungsausgaben nur moderat steigen sollen. Graham kritisierte, dass das angestrebte Militärbudget zu niedrig sei. „Die größten Gewinner sind China und Putin“, sagte er.
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Wie genau der Verteidigungshaushalt ausgestaltet werden soll, darüber verhandelt der US-Kongress im Herbst. Doch laut dem Magazin „Politico“ könnte der Geldfluss aus Washington für die Ukraine schon im Juli in Gefahr sein. Demnach seien von den 48 Milliarden Dollar, die der Kongress im Dezember für die Ukraine bewilligt hatte, noch gut sechs Milliarden Dollar übrig.
In Washington wird bereits diskutiert, ob das Weiße Haus deshalb zeitnah ein Sonderpaket beantragen werde und wie hoch es ausfallen könnte. Doch jedes neue Hilfspaket muss durch den US-Kongress, der seit den Zwischenwahlen im November zwischen Demokraten und Republikanern gespalten ist. Eine kleine, aber mächtige Rechtsaußen-Flanke aus Isolationisten, vor allem im Repräsentantenhaus, verlangt für ihre Ukraineunterstützung Zugeständnisse.
Im US-Wahlkampf könnte der Widerstand zunehmen, denn Präsidentschaftsbewerber wie Trump wollen die Ukrainehilfen abschaffen und stoßen damit auch im Senat auf Zustimmung. „Es ist mir ziemlich egal, was mit der Ukraine passiert“, sagte der Republikaner J.D. Vance, der in Deutschland mit seinen Memoiren „Hillbilly Elegy“ bekannt wurde.
Ist Putin mit der Eroberung der Ukraine erfolgreich, fördert das eine chinesische Aggression gegen Taiwan. Mark Warner, Chef des Geheimdienst-Ausschusses im US-Senat
Stimmen wie diese sind zwar in der Minderheit. Von 434 Abgeordneten und 100 Senatoren auf dem Capitol Hill unterstützen die allermeisten die Ukrainehilfen. Schließlich wollen die USA einen Sieg Russlands um jeden Preis verhindern – auch aus Gründen der geopolitischen Abschreckung.
„Ist Putin mit der Eroberung der Ukraine erfolgreich, fördert das eine chinesische Aggression gegen Taiwan“, warnte Mark Warner, Chef des Geheimdienst-Ausschusses im US-Senat. „Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir die Ukraine rechtzeitig und ohne Unterbrechung versorgen“, so die republikanische Senatorin Susan Collins.
Öffentliche Meinung in den USA zum Ukrainekrieg verändert sich
Das Weiße Haus betonte am Donnerstag, dass die Vereinbarung zur Schuldengrenze nicht die Ukrainehilfen bedrohe. Auch gibt es Wege, das offizielle Militärbudget zu umgehen, über „supplemental spending bills“. Solche Sonderausgaben wurden während der Kriege im Irak und in Afghanistan regelmäßig beschlossen.
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Doch je länger der Ukrainekrieg andauert, desto mehr könnten die Ukrainehilfen zur Debatte stehen. „Wir können nicht davon ausgehen, dass die Unterstützung des Westens auf dem derzeitigen Niveau anhält“, sagte Charles Kupchan, früherer Europadirektor im Nationalen Sicherheitsrat unter Barack Obama.
„In den USA verändert sich die öffentliche Meinung allmählich. Und bei der Bereitstellung von Munition, Luftabwehr oder Panzern stoßen wir an Grenzen, obwohl wir auf höchstem Niveau produzieren“, erklärte Kupchan, der heute Sicherheitsexperte der Denkfabrik Council on Foreign Relations ist.
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