Jun 4, 2023
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Streiks in der Traumfabrik: Hollywood-Autoren wehren sich gegen KI-Konkurrenz

Written by Axel Postinett


Streikende Autoren

Eine Ende der Arbeitsniederlegung ist bislang nicht abzusehen.

(Foto: AP)

San Francisco Die Show heißt „Jimmy Kimmel Live!“, doch auf dem Sendeplatz sind derzeit nur Wiederholungen zu sehen. Die Autoren der Show streiken, ebenso wie 11.000 andere Kreative der TV- und Streamingindustrie. Die mittags laufenden Talkshows sind gestrichen, ebenso Late-Night-Shows wie „Saturday Night Live“ oder ähnliche Sendungen von John Oliver, Stephen Colbert, Jimmy Fellon und Seth Meyers.

Politische Shows ziehen langsam nach. Die Sitcoms hatten offenbar vorproduziert, wie lange ihr Stoff reicht, ist unklar. Auch die Blockbuster-Serie „Stranger Things“ lässt die Produktion ruhen und hofft, dass die vorgefertigten Konserven reichen.

Seit Anfang Mai läuft der Streik in Hollywood und es gibt keinerlei Annäherungen oder Verhandlungen. Die Gewerkschaft hält die Zugeständnisse der amerikanischen Unterhaltungsgiganten für völlig unzulänglich. In den Konzernzentralen herrscht Funkstille.

Solche Streiks hat es in der Vergangenheit immer wieder gegeben. Nun sind beide Seiten besonders streitfreudig. Der Grund: Die Autoren fürchten, mehr und mehr durch Künstliche Intelligenz (KI) ersetzt zu werden.

Die Gewerkschaft verlangt, dass sogenannte generative KI, etwa ChatGPT, nicht zur Umschreibung bestehender Werke oder zur Neuerschaffung genutzt werden darf. ChatGPT kann ganze Lexikonartikel, Programmcodes oder eben auch Geschichten und Gags schreiben. Damit ließen sich in Zukunft womöglich Tausende Stellen einsparen. Größtes Manko des Chatbots ist bislang, dass dessen Aussagen oft nicht der Wahrheit entsprechen – was in der Unterhaltungsindustrie häufig belanglos ist.

Doch die Hollywoodbosse haben klargestellt, dass sie nicht bereit sind, über diesen Punkt auch nur zu reden. Late-Night-Gastgeber Kimmel solidarisiert sich mit den Streikenden. „Ich weiß nicht, wann das enden wird“, erklärte in einem Interview. „Aber das wird ein langer Streik werden.“

Zustände wie im Silicon Valley

Fehler der Studios belasteten die Stimmung zusätzlich. Der Streamingdienst „Max“ von Warner Brothers (früher HBO) verzichtete plötzlich auf die bislang branchenweit übliche Nennung von Künstlern und Mitwirkenden inklusive deren Funktion. Stattdessen gab es nur noch eine unkommentierte Liste von Namen unter dem Titel „Creatives“.

Late-Night-Host Jimmy Kimmel bei der Oscar-Verleihung

Viele Shows müssen derzeit ausfallen.

(Foto: REUTERS)

Die Gewerkschaft der Regisseure in Hollywood (Directors Guild, DG) sprach von einer „unfassbaren Missachtung“ und „Beleidigung“. „Diese Entwertung persönlicher Leistungen ist ein verstörender Trend“, sagte Lesli Linka Glatter, Präsidentin der Gewerkschaft. Nicht alle Äußerungen aus der Branche zu diesem Vorgang sind zitierbar.

Max lenkte schließlich ein: „Wir stimmen voll zu, dass die Talente hinter den Inhalten verdienen, dass ihre Arbeit angemessene Würdigung findet“, hieß es. „Wir werden alle Änderungen rückgängig machen, die während einer technischen Übergangsphase von HBO zu Max entstanden sind, und entschuldigen uns dafür.“

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Die Schreiber glauben nicht an einen Zufallsfehler. Die Unternehmen hätten eine „Gig-Economy“ innerhalb einer gewerkschaftlich organisierten Industrie geschaffen, lautet der Vorwurf der Gewerkschaft WGA. Der Begriff „Gig Economy“ entstand im Silicon Valley und bezeichnet dort das System schlecht bezahlter Subunternehmer mit einem niedrigen Niveau an sozialer Absicherung, wie es bei den Unternehmen Uber, Lyft oder Doordash der Fall ist.

Die Verhältnisse in Hollywood nähern sich dem an. Im linearen TV hatte eine Serie im Schnitt 20 oder mehr Folgen pro Staffel. Entsprechend langfristig waren die Verträge der Autoren. Die Serien bei den Streaminganbietern haben dagegen eher acht Folgen. Die Texter bekommen oft nur einen Vertrag für eine einzelne Folge.

Die Teams werden immer kleiner

Die Honorare sind gesunken. Hinzu kommt, dass erfolgreiche TV-Serien exportiert und wiederholt wurden, wodurch auch die Autoren zusätzliche Tantiemen einnehmen konnten. Bei den Streamingdiensten gibt es das nicht.

Gewerkschaftsmitglieder in Hollywood

Die Autoren fürchten, durch KI-Programme ersetzt zu werden.

(Foto: REUTERS)

All das führt zu dramatischen Einbußen bei den Kreativen. Die Gewerkschaften versuchen jetzt, möglichst viele Zusagen herauszuhandeln und zumindest eine weitere Erosion der Bedingungen zu verhindern.

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In den Kreativteams von TV-Shows sitzen bis zu 14 Profis, die Dialoge und Gags ausarbeiten. Die Teams bei den Streaminganbietern bestehen meist nur aus vier oder fünf Personen. Wenn die generative KI weitere Fortschritte macht, könnten die Gruppengrößen weiter sinken. Wohl auch deshalb hat die Studioseite kategorisch abgelehnt, über Mindestgrößen für Kreativteams zu sprechen.

Mehr: „KI wird eine Intelligenz erreichen, die größer sein wird als die von Menschen“



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