Berlin Die Bekämpfung von Geldwäsche kommt in Deutschland weiter nur schleppend voran. So hat die Geldwäschebekämpfungs-Einheit Finance Intelligence Unit (FIU) bislang erst die Hälfte aller ihr vorliegenden Verdachtsfälle an die zuständigen Behörden weitergeleitet. Dies geht aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage mehrerer Bundestagsabgeordneten hervor, die dem Handelsblatt vorliegt.
„Von den durch die Task Force bislang endbearbeiteten 58.288 Verdachtsmeldungen wurden 26.388 an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden abgegeben“, schreibt Finanz-Staatssekretärin Katja Hessel (FDP) in der Antwort. Zuvor waren bei der FIU Massen an Verdachtsmeldungen unbearbeitet liegengeblieben.
Die Vorsitzende der Linkspartei, Janine Wissler, kritisiert die FIU scharf: „Die FIU hat die Hinweise auf bis zu 26.000 Fälle von Geldwäsche im eigenen Haus verschlampt, wo sie dann teilweise über vier Jahre vor sich hingegammelt haben.“
So war im vergangenen Jahr bekanntgeworden, dass bei der FIU zwischen Januar 2020 und September 2022 rund 100.000 Geldwäsche-Verdachtsmeldungen nicht weiterbearbeitet wurden.
Unternehmensberater von PricewaterhouseCoopers (PwC) fanden im Auftrag des Bundesfinanzministeriums heraus, dass die Bearbeitungsrückstände „aufgrund des mangelnden FIU-internen Controllings unerkannt geblieben“ sind, wie das Bundesfinanzministerium dem Bundestag mitteilte. Neben den rund 100.000 aufgestauten Geldwäsche-Verdachtsmeldungen berichtete das Ministerium über weitere 189.000 Meldungen mit „einem unklaren (End-)Status“.
Geldwäsche verjährt nach fünf Jahren
Das Bundesfinanzministerium teilt in der Antwort an die Bundestagsabgeordneten mit, der Abschluss der Abarbeitung der ausstehenden Verdachtsfälle sei planmäßig im Mai 2023 erfolgt. Seit 25. Mai 2023 bestehe „kein durch die Task Force zu bearbeitender Bearbeitungsrückstand mehr“.
Mit Ausnahme von Verdachtsmeldungen im unteren zweistelligen Bereich, bei denen noch tiefergehende Analysen notwendig seine, „seien sämtliche bei der FIU als werthaltig ausgesteuerten Verdachtsmeldungen endbearbeitet.
Für Linken-Finanzpolitikerin Wissler ist dennoch unhaltbar, das trotz der abgeschlossenen Abarbeitung die FIU erst knapp die Hälfte aller konkreten Verdachtsmeldungen an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet hat. „Wegen dieses grandiosen Behördenversagens sind tausende mögliche Fälle von Geldwäsche inzwischen nicht mehr aufzuklären oder drohen zu verjähren, weil den Ermittlungsbehörden nur noch wenig Zeit zur Aufklärung bleibt, da Geldwäsche nach fünf Jahren verjährt.“
Wenige Wochen, nachdem die Panne bei den Bearbeitungsrückständen bekannt geworden war, war der damalige FIU-Chef Christof Schulte von seinem Posten zurückgetreten, „aus persönlichen Gründen“, wie es damals hieß.
Ende März installierte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) Daniel Thelesklaf als neuen Leiter der FIU. Thelesklaf war bereits in der Schweiz und in Lichtenstein Chef von Anti-Geldwäsche-Einheiten.
Probleme bei Geldwäsche-Bekämpfung
Kurz zuvor hatten auch internationale Experten Deutschland ein durchwachsenes Zeugnis bei der Geldwäsche-Bekämpfung ausgestellt. Demnach habe Deutschland ein Geldwäscheproblem, stellten die Experten der Financial Action Task Force (FATF) im vergangenen Herbst in einer alle zehn Jahre erscheinenden Analyse fest. „In bestimmten Bereichen sind erhebliche Verbesserungen erforderlich“, hieß es in der Analyse.
Dass es bei der Geldwäschebekämpfung in Deutschland große Defizite gibt, räumt auch das Bundesfinanzministerium ein. „Wir stellen Mängel konsequent ab, stärken die Ermittler und treiben die Digitalisierung voran“, hatte Finanzminister Lindner bei der Vorstellung Thelesklafs gesagt.
Neben einer neuer Spitze will Lindner die Anti-Geldwäsche-Einheit auch strukturell neu aufstellen. So will der FDP-Politiker noch in diesem Jahr einen Gesetzesentwurf für die Schaffung einer „Bundesbehörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität“ vorlegen, die 2025 an den Start gehen sollen. Die FIU soll ein Teil der neuen Behörden werden.
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Die FIU ist die nationale Zentralstelle für die Auswertung von Finanztransaktionen, die in Zusammenhang mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung stehen könnten. 2017 wechselte sie aus dem Verantwortungsbereich des Bundeskriminalamts (BKA) und des Innenministeriums zum Zoll und damit unter die Aufsicht des Finanzministeriums.
Mehr: Internationale Kontrolleure fordern von Deutschland mehr Einsatz bei der Geldwäsche
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