Jun 11, 2023
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Wärmewende: Wirtschaft fordert klare Entscheidungen beim Heizungsgesetz

Written by Silke Kersting

Berlin In der Wirtschaft wächst angesichts des anhaltenden Gezerres der Ampelkoalition um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) der Unmut. „Die Politik steht vor schweren Entscheidungen, aber diese müssen jetzt getroffen werden“, sagte Sabine Nallinger, Vorständin der Stiftung Klimawirtschaft, dem Handelsblatt. In der Stiftung haben sich Unternehmen aus vielen Branchen der deutschen Wirtschaft zusammengeschlossen, die beim Klimaschutz vorangehen wollen.

Die Ampelkoalition ringt seit Wochen um ihren Kurs in Sachen GEG. Noch ist unklar, ob der Bundestag bis zum Sommer die Pläne zur Wärmewende trotz aller Meinungsverschiedenheiten vor allem zwischen Grünen und FDP beschließen kann.

Die anhaltende Unklarheit ist längst nicht mehr nur für die unmittelbar betroffenen Branchen, wie die Hersteller von Heizsystemen, ein Ärgernis, sondern beispielsweise auch für Baufinanzierer. Reinhard Klein, Vorstandsvorsitzender der Bausparkasse Schwäbisch Hall, drängt auf eine Entscheidung der Politik. Sein Unternehmen benötige Klarheit und verlässliche politische Regelungen, vor deren Hintergrund man die Kunden seriös beraten könne.

Die widersprüchlichen Signale aus Berlin sorgten aktuell für eine Zurückhaltung bei den Kunden, sagte Klein dem Handelsblatt. Dabei sei die Umstellung auf eine dekarbonisierte Wärmeversorgung für die CO2-Neutralität im Gebäudesektor „letztlich alternativlos“ und angesichts der perspektivisch steigenden CO2-Preise und zur Werterhaltung von Immobilien auch sinnvoll. „Sozial vertretbare Ausgestaltungen lassen sich im weiteren Gesetzgebungsverfahren sicher finden“, sagte Klein.

Mittlerweile wird die Zeit für die Koalition knapp. Das Bundeskabinett hat den GEG-Entwurf zwar bereits im April verabschiedet. Der Gesetzentwurf ist aber bislang noch nicht in den Bundestag eingebracht worden. Das müsste in der kommenden Woche geschehen, wenn eine Sondersitzung des Bundestags vor der Sommerpause ab 7. Juli vermieden werden soll.

Branchenvertreter fordern Entscheidung vor der Sommerpause

In Koalitionskreisen hieß es, an diesem Wochenende werde mit dem Ziel verhandelt, endlich zu einem Kompromiss zu kommen, dem die Ampelfraktionen dann am Dienstag zustimmen könnten.

Der GEG-Entwurf sieht vor, dass neue Heizungen ab 2024 mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden müssen. De facto geht das mit einem Verbot neuer Öl- und Gasheizungen einher. Insbesondere die Liberalen halten den Gesetzentwurf für zu rigide. Sie wünschen sich größere Technologieoffenheit. Auch um Übergangsfristen, Ausnahmeregelungen und die Höhe der Förderung wird gerungen.

Wärmepumpe

500.000 Wärmepumpen sollen nach Wunsch des Wirtschaftsministers künftig jährlich in Deutschland verkauft werden.


(Foto: dpa)

Aus Sicht der betroffenen Branchen ist das Hin und Her nicht länger tragbar. „Wir brauchen die GEG-Novelle vor der Sommerpause, um Planungs- und Investitionssicherheit zu haben“, sagte Filip de Graeve, Deutschlandchef von Daikin, dem Handelsblatt. Daikin ist ein weltweit führender Hersteller von Klimaanlagen und Wärmepumpen. „Die Industrie steht bereit für die Gesetzesnovelle des GEG. Die Industrie ist nicht überfordert, sondern in der Lage, die benötigten Anlagenkapazitäten bereitzustellen“, sagte de Graeve. Man sei auf richtungsweisende Entscheidungen der Politik angewiesen.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte die Wärmepumpenhersteller schon lange vor Beginn der Debatte über das GEG ermuntert, die Produktionskapazitäten massiv auszuweiten. Habeck stellte die Unternehmen darauf ein, dass in Deutschland bereits ab 2024 jährlich 500.000 Wärmepumpen verbaut würden.

>> Lesen Sie hier: Das sind die Antworten der Ministerien auf die 77 Fragen der FDP

Auch die Baubranche fordert klare Verhältnisse. „Die Ampel darf nicht das Tempo aus der Wärmewende nehmen. Wir müssen jetzt auf alle verfügbaren Technologien setzen, um die Wärmeversorgung zu dekarbonisieren“, sagte Jan-Hendrik Goldbeck, geschäftsführender Gesellschafter des Gewerbebauexperten Goldbeck. „Hierfür brauchen wir standardisierte und typisierte Vorgehensweisen“, erklärte er. Goldbeck hatte schon vor mehr als zwei Jahrzehnten damit begonnen, Photovoltaikanlagen auf Dächern von Gewerbehallen zu installieren, und damit Standards gesetzt.

In der Bevölkerung macht sich Verunsicherung breit

Auch in der Bevölkerung sorgt die lange Debatte der Ampelkoalition für Verunsicherung. Das legt eine noch unveröffentlichte Insa-Umfrage nahe, die das Forum für Klima, Energie, Mobilität und Bauen (KEMB) in Auftrag gegeben hat. Demnach bewerteten die Bürgerinnen und Bürger die klimapolitische Debatte im Mai schlechter als im Vormonat.

Die aktuelle Umfrage wurde vom 26. bis 30. Mai durchgeführt. Sie belegt auch, dass die Akzeptanz für das politisch seit Langem festgeschriebene Ziel, spätestens 2045 keine Heizungen mehr mit Erdgas, Erdöl oder Kohle zu betreiben, gering ist. Die größte Gruppe der Befragten, nämlich 44 Prozent, sagte, sie fänden das Ziel „schlecht“ oder „eher schlecht“.

Besonders unter den AfD-Wählern ist die ablehnende Haltung mit 72 Prozent ausgeprägt. Nur 33 Prozent aller Befragten finden das Ziel „gut“ oder „eher gut“. KEMB ist eine noch junge Plattform, die sich in der energie- und klimapolitischen Debatte als Impulsgeber und Denkfabrik etablieren will.

Am Samstag demonstrierten rund 13.000 Menschen in Erding bei München gegen das geplante Heizungsgesetz. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein Vize, Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern, nutzen ihre Reden für Angriffe gegen die Regierung in Berlin. Söder attackierte vor allem die Grünen. Er sagte, Klimaschutz sei wichtig, aber man müsse ihn gemeinsam mit den Bürgern vorantreiben.

Aiwanger sagte, jetzt sei der Punkt erreicht, an dem sich die schweigende große Mehrheit dieses Landes die Demokratie zurückholen müsse. Er forderte den Rücktritt der „Berliner Chaoten“.

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