Jun 11, 2023
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US-Wahl 2024: Trump will Anklage für seinen Präsidentschaftswahlkampf nutzen

Written by Annett Meiritz

Washington Die Aufnahmen zeigen Dutzende Aktenkartons, aufeinandergestapelt, unter Kronleuchtern und auf Marmorböden. Auf den Fotos sehen sie aus wie die Beute einer Gangsterbande. Gefunden wurden sie allerdings in Donald Trumps Anwesen im US-Bundesstaat Florida, in einem Ballsaal, in einer Speicherkammer und in einem Badezimmer neben einer Toilette.

Die Fotos wurden am Freitag vom US-Justizministerium veröffentlicht – als Teil einer umfassenden Anklageschrift gegen den Ex-Präsidenten. Bereits am Dienstag soll Trump vor einem Bundesgericht in Miami erscheinen. Es ist das erste Mal, dass sich ein ehemaliger Präsident auf Bundesebene strafrechtlich verantworten muss.

Trump war bereits im April auf Bundesstaaten-Ebene in New York angeklagt worden. Damals ging es allerdings um Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar. Die Verhandlung in dieser Angelegenheit ist allerdings erst für den März 2024 angesetzt.

Skandale ist Trump gewohnt: Mehr als ein Dutzend Frauen werfen ihm sexuelle Übergriffe vor. Als Präsident überstand er zwei Impeachment-Verfahren. Doch am Ende könnte es die Affäre um geheime Regierungsdokumente sein, die ihm zum Verhängnis wird. 

Insgesamt werden sieben Kategorien von Vergehen aufgeführt und ihm 37 Straftaten zur Last gelegt. „Lesen Sie sich die Anklageschrift durch“, rief der zuständige Sonderermittler Jack Smith die US-Bürger am Freitag auf, „damit Ihnen die Schwere der zur Last gelegten Taten klar wird.“

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Trump wird unter anderem die vorsätzliche Aufbewahrung von Informationen der nationalen Verteidigung vorgeworfen. Dieser Punkt fällt unter das US-Spionagegesetz und kann mit bis zu zwanzig Jahren Haft bestraft werden.

Die Bundespolizei FBI hatte im August Trumps Resort in Mar-a-Lago in Florida durchsucht und dort zahlreiche Verschlusssachen beschlagnahmt, einige mit höchster Geheimhaltungsstufe. Weil Trump die Unterlagen lange nach seinem Abschied aus dem Präsidentenamt in seinem Privathaus aufbewahrt hatte, könnte er sich strafbar gemacht haben.

Die US-Justiz wirft dem ehemaligen Präsidenten vor, die Ermittlungen behindert zu haben. Trump soll seine Anwälte angewiesen haben, die Existenz der Dokumenten-Boxen zu verschweigen. Ein bei Trump beschlagnahmtes Dokument aus dem Juni 2020 enthielt Informationen zu den nuklearen Fähigkeiten eines anderen Landes. Diese Informationen soll er auch mit Menschen geteilt haben, die er nur flüchtig kannte. 

Trump profitierte bisher immer von Rechtsstreitigkeiten

Die Anklage ist die bislang schwerwiegendste für Trump – vor allem wegen des hohen möglichen Strafmaßes. Eine andere Frage ist allerdings, ob sie ihm politisch schaden wird. Der republikanische Präsidentschaftsbewerber ist entschlossen, die Anklage als Mobilisierungsfaktor für seine Wahlkampagne zu nutzen, und könnte damit auch dieses Mal wieder erfolgreich sein.

Schon der Strafprozess in Manhattan hatte die Spenden an Trump kurzzeitig in die Höhe getrieben. Auch mit der neuen Anklage zieht Trump viel Aufmerksamkeit auf sich. Vergangene Woche waren drei Republikaner auf einmal – Mike Pence, Chris Christie und Doug Burgum – ins Rennen um die Nominierung ihrer Partei für die Präsidentschaftskandidatur eingestiegen. Doch die großen Berichte der US-Medien drehten sich nur um eine Person: Donald Trump. 

US-Justiz klagt Donald Trump in 37 Punkten an

„Bislang hat Trump von jeder größeren rechtlichen Maßnahme gegen ihn profitiert“, erklärt der Parteien-Experte Matthew Continetti von der Washingtoner Denkfabrik American Enterprise Institute. Trump sei derzeit der „unangefochtene Favorit für die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner“.

Und doch hält Continetti Trump nicht für unantastbar. „Es gibt einige republikanische Bewerber, die denken, dass Trump es nicht zur Ziellinie schaffen wird“, sagt er. Nicht nur wegen der Anklagen, sondern auch wegen seines Alters oder seiner Gesundheit könne er als Präsidentschaftskandidat noch scheitern.

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„Sie gehen davon aus, dass Trumps Wahlkampf fast schon eine Potemkinsche Kandidatur ist, und warten nur auf ihre Chance.“ Mittlerweile gibt es zehn republikanische Bewerber, die den ehemaligen Präsidenten herausfordern. 

Nur zaghafte Kritik aus den Reihen der Republikaner

In den Umfragen führt Trump das Feld der republikanischen Bewerber derzeit an. Entsprechend verhalten fällt die Kritik aus seiner Partei aus. Nur weniger Republikaner kritisierten den Ex-Präsidenten in den vergangenen Tagen.  

Die Vorwürfe seien „sehr ernst“ und könnten „nicht einfach abgetan werden“, sagte die republikanische Senatorin Lisa Murkowski. „Der falsche Umgang mit Verschlusssachen ist eine Straftat, weil dadurch nationale Geheimnisse preisgegeben werden können, ebenso wie die Quellen und Methoden, mit denen sie beschafft wurden.“

Der republikanische Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, warf dem US-Justizministerium hingegen parteipolitische Motivation vor. Die Anklage werde „die Nation erschüttern“, weil sie im Grunde ungerecht sei und Trump im Wahlkampf treffen wolle. 

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Tatsächlich gab es eine ähnliche politische Gemengelage in den USA noch nie. Sollte Trump tatsächlich Spitzenkandidat für die Republikaner bei den Präsidentschaftswahlen 2024 werden, wäre er Herausforderer des amtierenden US-Präsidenten Joe Biden. Und dessen Regierung, konkret das Bundesjustizministerium, verfolgt Bidens potenziellen Rivalen mit der aktuellen Anklage juristisch – eine weitere Bundesanklage gegen Trump, in der es um dessen Rolle im Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021 geht, ist bereits in Arbeit.

Biden versucht merklich, Distanz zwischen sich und der Anklage gegen Trump zu schaffen. Über das Wochenende reagierten er und sein Presseteam ausweichend auf alle Fragen dazu und verwiesen auf der Justizministerium. „Ich habe nicht ein einziges Mal, kein einziges Mal, dem Justizministerium vorgeschlagen, was es tun oder nicht tun soll, ob es eine Anklage erheben soll oder nicht. Ich bin ehrlich“, sagte Biden am Donnerstag.

Sind geheime Informationen in den USA sicher?

Das US-Justizministerium hat auch ein Ermittlungsverfahren gegen Biden eröffnet und untersucht, ob der aktuelle US-Präsident Regierungsunterlagen aus seiner Zeit als Vizepräsident von Barack Obama rechtswidrig aufbewahrt habe. Allerdings sind die Umstände beider Fälle kaum miteinander zu vergleichen. Nachdem geheime Regierungsdokumente in Büro- und Privaträumen Bidens gefunden wurden, benachrichtigten seine Anwälte die Behörden und veranlassten rasch deren Übergabe. Trump versuchte offenbar über Monate, die Aktenboxen zu verstecken. 

Der 54-jährige Sonderermittler Jack Smith, der früher am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag Kriegsverbrecher jagte, trat am Freitag das erste Mal vor die Presse. Er warf Trump vor, die nationale Sicherheit der USA riskiert zu haben. „Jeder, der unsere Gesetze zum Schutz sensibler Informationen gefährdet, gefährdet unser Land“, so Smith.

Tatsächlich stellt sich für Verbündete wie die Europäische Union seit der Trump-Anklage die Frage, ob Verschlusssachen, die im Rahmen von Geheimdienstkooperationen ausgetauscht werden, in den USA noch sicher sind.

Jack Smith

Der Sonderermittler wirft Donald Trump schwere Straftaten vor.

(Foto: AP)

Smith rief dazu auf, Trump nicht vorzuverurteilen und verwies auf die Unschuldsvermutung, die gelte, bis eine Schuld bewiesen sei. Smith erklärte weiter, er habe ein Schnellverfahren beantragt. Ob und wann Trump verurteilt wird, ist auf mehreren Ebenen relevant: Bereits im Februar kommenden Jahres stimmen die ersten Vorwahlstaaten darüber ab, wer republikanische Präsidentschaftskandidat werden soll.  

Trump selbst bezeichnete die Anklage am Samstag bei einem Wahlkampfauftritt in Columbus im Bundesstaat Georgia als „lächerlich“, unbegründet und einen der schrecklichsten Fälle von Machtmissbrauch in der Geschichte der USA.

„Das ist ein politischer Auftragsmord“, wetterte er. Biden versuche, „seinen führenden politischen Konkurrenten ins Gefängnis zu bringen“, behauptete Trump und kündigte an: „Wir werden dagegen ankämpfen, wie noch nie jemand gekämpft hat.“ Er werde nie nachgeben, sich beirren lassen oder aufhören zu kämpfen, rief der Ex-Präsident unter dem Jubel seiner Anhänger.  

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