Nikosia Für die Menschen auf Zypern war es eine unliebsame Erinnerung daran, dass ihr Inselstaat nach wie vor als eine Art finanzieller Lakai Moskaus gilt. Im April hatten die USA und Großbritannien Strafmaßnahmen gegen Zyprer verhängt, die russischen Oligarchen dabei geholfen haben sollen, die wegen des Ukraine-Kriegs verhängten Sanktionen des Westens zu umgehen und ihre Finanzguthaben zu verschleiern.
Seit Jahren bemühen sich die Behörden in dem kleinen EU-Land nach Kräften, den schlechten Ruf abzuschütteln. Dieser geht unter anderem auf die Finanzkrise von 2013 zurück: Damals hatten sich alle Augen auf die riesigen russischen Vermögen gerichtet, die auf Konten bei zyprischen Banken lagerten.
Zu dieser Zeit gehörte fast ein Drittel der Einlagen in Höhe von 68 Milliarden Euro – und damit mehr als das Dreifache der gesamten zyprischen Volkswirtschaft – Russinnen und Russen.
Verstärkt wurde der Eindruck durch ein schlecht strukturiertes und umgesetztes Programm, wonach die Regierung in Nikosia im Gegenzug für Investitionen die zyprische Staatsbürgerschaft vergab. Auf diese Weise kamen innerhalb von mehr als zehn Jahren Milliarden ins Land, indem Hunderte reiche Russen Pässe – und damit Zugang in die EU – erhielten.
Einige von ihnen nutzten die laxen Sicherheitsüberprüfungen aus, um eine dunkle Vergangenheit zu verschleiern. Kritiker monierten, das Programm begünstige Geldwäsche. Es wurde schließlich vor drei Jahren beendet.
Unrechtmäßige Reisepässe für reiche Investoren
Eine unabhängige Kommission kam in ihrem Bericht 2021 zu dem Schluss, dass die zyprischen Behörden unrechtmäßig Reisepässe für Verwandte reicher Investoren ausgestellt hatten. Während der 13-jährigen Laufzeit des Programms wurden 7327 Menschen zyprische Staatsbürger, mehr als die Hälfte von ihnen Angehörige von Investoren.
In den eklatantesten Fällen begann die Regierung inzwischen, die zyprische Staatsbürgerschaften wieder abzuerkennen. Entsprechende Verfahren liefen für 68 Investoren und 165 Familienmitglieder an, die meisten von ihnen Russen.
Angesichts dieser bewegten Vergangenheit ließen die Ankündigungen vom 12. April und vom 19. Mai in Nikosia die Alarmglocken schrillen. Die Sanktionen der USA und Großbritanniens richteten sich gegen zyprische Anwälte, Unternehmen und Firmen aus dem Umfeld der russischen Milliardäre Alischer Usmanow und Roman Abramowitsch. Die zyprische Regierung beteuerte umgehend, dass ihr Land nun auf dem Pfad der Tugend sei.
Sanktionen sollen Unterstützer Putins treffen
„Wenn es einen faulen Apfel gibt, muss er entfernt werden“, sagte Präsident Nikos Christodoulidis. „Wir bieten hier niemandem Deckung an.“ US-Botschafterin Julie Fisher versicherte vergangene Woche in einem Interview, dass die Sanktionen nicht der Bestrafung Zyperns für vergangenes oder gegenwärtiges Fehlverhalten dienen sollten. Ziel sei vielmehr, diejenigen zu verfolgen, die den russischen Präsidenten Wladimir Putin beim Krieg in der Ukraine unterstützen.
„Wir zielen nicht auf Zypern, oder zyprische Personen oder Einheiten“, sagte Fischer der Tageszeitung „Fileleftheros“. „Wir verfolgen Oligarchen-Netzwerke, Kreml-kontrollierte Netzwerke und diejenigen, die das illegale Finanzregime, die Geldwäsche, die Sanktions-Umgehung ermöglichen.“
Ob es nun um Netzwerke geht oder nicht – die Maßnahmen gegen zyprische Individuen und Unternehmen waren ein weiterer Schlag für den Ruf der Insel. Finanzminister Makis Keravnos sagte, ein Vorteil sei, dass die Behörden nun die Chance hätten aufzuräumen. Er sprach von „einer Gelegenheit, den Namen Zyperns ein für alle Mal zu rehabilitieren“.
Beschuldigte sollen russisches Vermögen verschoben haben
Unter den Beschuldigten sind zyprische Anwälte und Buchhalter, die nach Angaben Washingtons und Londons im Auftrag russischer Oligarchen deren Vermögen über ein Netz von Briefkastenfirmen und Stiftungen verschoben haben sollen. Bei mehr als 600 Firmen wurden die Gehaltszahlungen gestoppt, als die zyprischen Banken die Vermögen der Betroffenen einfroren.
Darunter waren Anwaltskanzleien, Stiftungen und Immobilienfirmen, deren Beschäftigte in der Folge seit Wochen unbezahlt bleiben. Die Konten sollen erst wieder freigegeben werden, wenn die Unternehmen ihre Chefs, die auf der Sanktionsliste stehen, ersetzt haben.
Mehr: Premier Karins – „Russland wird eine Bedrohung bleiben“
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