Jun 13, 2023
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Katar-Gate: Comeback einer Ausgestoßenen – Eva Kaili drängt zurück auf die politische Bühne

Written by Moritz Koch


Eva Kaili nach ihrer Entlassung aus der U-Haft

Die belgische Justiz wirft der Griechin vor, Teil eines kriminellen Netzwerks gewesen zu sein.


(Foto: Reuters)

Brüssel Eva Kaili hat für ihr WhatsApp-Profil ein Zitat abfotografiert, das dem indischen Freiheitskämpfer Mahatma Ghandi zugeschrieben wird. „Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.“ Ein Satz, der viel darüber verrät, wie sich die griechische EU-Abgeordnete sieht – und was sie vorhat. 

Die frühere Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments steht im Zentrum einer Korruptionsaffäre, die Brüssel seit Monaten beschäftigt. Die belgische Justiz wirft Kaili vor, Teil eines kriminellen Netzwerks gewesen zu sein, das Ländern wie Marokko und Katar politischen Einfluss in der EU verschafft haben soll.

Es geht um Geldkoffer, Geheimdienste und mutmaßlich gekaufte Reden: „Katar-Gate“ gilt als größter EU-Skandal der vergangenen Jahre

Kaili saß vier Monate in Untersuchungshaft, getrennt von ihrer zweijährigen Tochter. Die Ermittlungen dauern an, aber die Griechin schmiedet schon Pläne für ein Comeback, will wieder an Sitzungen des Europaparlaments teilnehmen.

Eine Reise zur Sitzungswoche in Straßburg in dieser Woche sagte sie kurzfristig ab, aber auch abseits des Plenums ist sie aktiv. Parlamentspräsidentin Roberta Metsola bestätigte, dass Kaili gegen die Aufhebung ihrer Immunität vorgehen wolle.

Kaili inszeniert sich als Opfer

Der Status als Abgeordnete ist alles, was ihr nach ihrem politischen Absturz geblieben ist. Kaili, 44, hat ihre gesamten parlamentarischen Posten verloren. Die sozialdemokratische Fraktion, der sie angehörte, hat sie ausgeschlossen. Doch gewählt ist gewählt: Ihr Sitz im Parlament ist ihr bis zur Europawahl im kommenden Jahr sicher.

EU-Parlament

Kaili bleibt nur ihr Abgeordneten-Amt.

(Foto: IMAGO/Panama Pictures)

Jetzt drängt die Verstoßene zurück auf die politische Bühne – und inszeniert sich als Opfer einer politischen Verschwörung. „Ich wurde für etwas eingesperrt, an dem ich nicht beteiligt war“, sagte sie der französischen Zeitung „Libération“.

Und in der italienischen Zeitung „Corriere della Sera“ legte sie nach: Der belgische Geheimdienst habe EU-Abgeordnete überwacht, die in einem Sonderausschuss saßen, der sich mit der Schnüffelsoftware Pegasus beschäftigte. Dies hätten ihre Anwälte herausgefunden. „Die Tatsache, dass gewählte Mitglieder des Parlaments von den Geheimdiensten ausspioniert werden, sollte uns mehr Sorgen um den Zustand unserer europäischen Demokratie bereiten. Ich denke, das ist der wahre Skandal.“

Von weiteren Medienauftritten hätten ihr ihre Anwälte abgeraten, lässt Kaili auf Anfrage des Handelsblatts wissen. Sie hoffe aber, sich bald wieder äußern zu können.

Kaili wird Korruption und Geldwäsche vorgeworfen

Es bleiben viele offene Fragen. 150.000 Euro in bar wurden in Kailis Wohnung gefunden, ihr Vater war dabei erwischt worden, wie er einen Geldkoffer wegschaffen wollte. Korruption und Geldwäsche in einer kriminellen Vereinigung wirft ihr die belgische Staatsanwaltschaft vor. 

Kopf des Rings soll der frühere italienische EU-Abgeordnete Pier Antonio Panzeri sein, er hat im Gefängnis ein Geständnis abgelegt. Auch Francesco Giorgi, Kailis Lebensgefährte und Vater ihrer kleinen Tochter, soll seine Bestechlichkeit eingeräumt haben. Ob Giorgi und Panzeri Kaili belastet haben, ist unklar.

Ebenso unklar ist, welche Gegenleistung die mutmaßlichen Geldgeber aus Katar und anderen Staaten von Kaili erhalten haben könnten. Zwar hat sie im Europäischen Parlament eine Rede gehalten, die zum Loblied auf die vermeintliche Reformpolitik des Emirats geriet. Und in einem Ausschuss, dem sie eigentlich nicht angehörte, hat sie dafür gestimmt, die Visaregelungen für Katar zu liberalisieren. Aber bewegen konnte Kaili nicht viel. In der Außenpolitik hat das Europaparlament kaum Kompetenzen.

Die Katar-Gate-Ermittlungen sollen noch in diesem Jahr abgeschlossen sein, hieß es von den belgischen Behörden zuletzt. Doch selbst wenn sich der Korruptionsverdacht nicht erhärten sollte, wären Kailis juristischen Probleme noch nicht am Ende.

Kaili im EU-Parlament

Die 44-Jährige hielt im Parlament eine lobende Rede zu Katar.


(Foto: dpa)

Auch die Europäische Staatsanwaltschaft, die Betrügereien mit EU-Mitteln aufdecken soll, hat Kaili ins Visier genommen und ebenfalls die Aufhebung ihrer Immunität beantragt: Sie soll bei der Abrechnung in ihrem Büro getrickst und Geld unterschlagen haben. Kailis Anwälte halten diese Ermittlungen, genau wie die Vorwürfe zu Katar-Gate, für „ungerechtfertigt“.

>> Lesen Sie hier: So will die EU KI-Betrug vorbeugen

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Korruptionsaffäre in Brüssel politisch weniger verändern wird, als in der ersten Aufregung nach Kailis Verhaftung erwartet wurde. 

Zwar hat das EU-Parlament Reformen beschlossen und die EU-Kommission hat eine unabhängige Ethikbehörde vorgeschlagen, die einen Verhaltenskodex für alle EU-Institutionen entwickeln soll. Aber das neue Gremium soll keine eigene Sanktionen verhängen dürfen. 

Die Antikorruptionskämpfer von Transparency International fordern mehr Reformwillen. In einer Stellungnahme mahnen sie: „Strenge Reformen sind längst überfällig. Nur ein zügiger, öffentlicher und transparenter Reformprozess wird den Wählern bei den Europawahlen ein deutliches Signal geben.“

Mehr: Roberta Metsola zu Vorwürfen: „Ich muss ein Vorbild sein“ 



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Politik

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