Jun 13, 2023
173 Views
Comments Off on USA: Die drei Ukraine-Probleme des Joe Biden
0 0

USA: Die drei Ukraine-Probleme des Joe Biden

Written by Annett Meiritz

Washington Ein Treffen mit Jens Stoltenberg musste US-Präsident Joe Biden auf diesen Dienstag verschieben. Eigentlich hätte er den Nato-Generalsekretär bereits am Montag im Weißen Haus treffen sollen, eine Wurzelbehandlung Bidens kam dazwischen. Doch wenn beide Politiker ihr Gespräch nachholen, dürften sie die Unterstützung der Nato für die Ukraine in den Mittelpunkt rücken.

Charles Kupchan, früherer Europadirektor im Nationalen Sicherheitsrat des Weißen Hauses unter Barack Obama, sagte dem Handelsblatt, die US-Regierung habe „eine bemerkenswert stabile transatlantische Koalition gebildet, das war zu Beginn des Kriegs nicht unbedingt zu erwarten“.

Doch die Rolle der USA als tragende Säule der ukrainischen Verteidigung ist in Gefahr. Die meisten US-Bürger sehen eine längerfristige Unterstützung kritisch. Bidens Ukraine-Strategie stößt auch im US-Kongress auf Kritik.

Wie lange reichen die Militärhilfen der USA, wie realistisch sind Friedensverhandlungen – und warum hat Biden in seiner eigenen Familie ein Ukraine-Problem?

Noch sind die USA die tragende Säule der ukrainischen Verteidigung. Seit Ausbruch des Krieges haben die Vereinigten Staaten 113 Milliarden US-Dollar an militärischen, wirtschaftlichen und humanitären Mitteln genehmigt, gefolgt von der EU (67 Milliarden US-Dollar) als zweitgrößtem Geldgeber. Biden betont, dass sich Europa der amerikanischen Unterstützung sicher sein könne.

Er und große Teile der US-Regierung wollen einen Sieg Russlands um jeden Preis verhindern, auch aus Gründen der geopolitischen Abschreckung gegen China. „Ich glaube, dass wir die Mittel für die Ukraine so lange zur Verfügung haben werden, wie es nötig ist“, sagte der US-Präsident vergangene Woche.

US-amerikanischer Himars-Raketenwerfer in der Ukraine

Die USA sind der wichtigste Lieferant von Waffen an die Ukraine.

(Foto: VIA PAVLO NAROZHNYY via REUTERS)

Doch je länger der Krieg anhält, desto schwieriger wird es für Biden, den Rückhalt für seinen Ukraine-Kurs aufrechtzuerhalten. Einige Republikaner im US-Kongress wollen neue Ukraine-Hilfen blockieren. Dort beginnen im Spätsommer die Haushaltsgespräche. 

Die meisten demokratischen und republikanischen Abgeordneten und Senatoren unterstützen die Transfers zwar. Auch befürwortet etwa die Hälfte der US-Bürger die Ukraine-Gelder, auch wenn der Rückhalt dafür seit Kriegsbeginn leicht zurückgegangen ist.

Doch der Faktor Zeit ist nicht zu unterschätzen. So läuft auf dem Capitol Hill eine Debatte darüber, wie lange die US-Produktion mit dem Waffenverschleiß der Ukraine noch mithalten kann.

>> Lesen Sie hier: Granaten oder Worthülsen? Das zweifelhafte Munitionsversprechen der EU

Kupchan, der heute Sicherheitsexperte an der Denkfabrik Council on Foreign Relations ist, sagte, es sei nicht davon auszugehen, dass die Unterstützung des Westens auf dem derzeitigen Niveau anhält. „Bei der Bereitstellung von Munition, Luftabwehr oder Panzern stoßen wir an Grenzen, obwohl wir auf höchstem Niveau produzieren.“ 

Die Lieferung von schwereren Waffen, etwa Kampfjets, ist eine rote Linie, die der US-Präsident bislang nicht überschreiten will. Seine Regierung verfolgt eine sogenannte „Strategie der Eindämmung“: Sie will den Krieg auf die Ukraine beschränken und keinen direkten militärischen Konflikt zwischen Russland und dem Westen herbeiführen.

Bidens nationaler Sicherheitsberater, Jake Sullivan, warnte etwa davor, dass die Bereitstellung von Langstreckenmunition in einen Dritten Weltkrieg münden könnte. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hingegen machte deutlich, dass man diese US-Waffen für zwingend notwendig hält, um Russland auf dem Schlachtfeld zurückdrängen zu können. 

Militärische Lieferungen aus den USA am Flughafen bei Kiew

Die westlichen Länder geraten bei der Produktion von militärischen Gütern ans Limit.


(Foto: Reuters)

Aus dem Kongress werden jetzt Rufe lauter, der Ukraine sogenannte ATACMS (Army Tactical Missile System) bereitzustellen, die mit einer Reichweite von 350 Kilometern fast viermal so weit reichen wie die vorhandenen Raketen der Ukraine.

In einem Schreiben einer Gruppe überparteilicher Abgeordneter heißt es, der Krieg habe sich zu einem zermürbenden Konflikt entwickelt. „Wir können und müssen helfen, diese Pattsituation zu durchbrechen.“

In Washington schaut man nun gespannt auf die seit Langem erwartete Gegenoffensive der Ukraine gegen Russland. Sollte diese wenig erfolgreich sein, könnte der politische Rückhalt für die Ukraine-Hilfen einbrechen, fürchtet man in der Biden-Regierung.  

2. Drängen auf Friedensverhandlungen

Eng mit den Militärhilfen verbunden ist die Frage eines „Exit-Szenarios“ und einer Alternative zu einem endlosen Stellungskrieg. Biden befindet sich hier in einer ständigen Risikoabwägung. Denn Druck auf Selenski will die US-Regierung nicht ausüben. US-Außenminister Antony Blinken unterstrich: „Allein Russland kann diesen Krieg beenden.“

Ziel der US-Regierung ist es, die Ukraine für eventuelle Friedensgespräche in eine starke Verhandlungsposition zu bringen. Selenski hat betont, dass er mit Putin nur dann über eine Friedenslösung verhandeln werde, wenn dieser seine Truppen vollständig abzöge. 

Joe Biden und der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski

Die Ukraine ist von Hilfen aus dem Westen abhängig.

(Foto: AP)

Gleichzeitig ist es im höchsten Interesse Bidens, dass der Ukrainekrieg so schnell wie möglich endet. „Dieser Krieg hat das internationale System polarisiert und die Welt in zwei Lager gespalten, eine Menge globaler Störungen verursacht, wie Energie- und Nahrungsmittelknappheit oder Unruhen in Teilen der Dritten Welt“, sagte Kupchan.

Er plädiert dafür, dass der Westen proaktiver einen „Plan B“ anstreben müsse: eine klare diplomatische Strategie, „die auf einen Waffenstillstand und anschließende Gebietsverhandlungen abzielt“. 

Der Sicherheitsexperte glaubt, dass der Druck auf Biden, eine solche Lösung zu verfolgen, spätestens im Präsidentschaftswahljahr 2024 steigen wird. Laut einer Umfrage der Denkfabrik Brookings können sich die meisten US-Amerikaner eine Unterstützung für die Ukraine nur für „die nächsten ein bis zwei Jahre“ vorstellen, aber nicht auf längere Zeit. Die Debatte über mögliche Friedenslösungen könnte auf dem Nato-Gipfel in Vilnius Anfang Juli wieder aufkommen. 

3. Der Fall Hunter Biden

Bei einer Google-Suche nach „Biden“ und „Ukraine“ erscheinen in den USA nicht etwa Artikel über Kampfjets oder Militärhilfen ganz oben. Stattdessen sind wenig schmeichelhafte Fotos vom 53-jährigen Präsidentensohn Hunter Biden zu sehen. Dessen frühere Geschäftsbeziehungen in die Ukraine standen schon vor Jahren unter dem Verdacht möglicher Interessenkonflikte.

2014 war Hunter Biden in den Vorstand von Burisma eingetreten. Das ukrainische Energieunternehmen wurde damals von einem Oligarchen geführt, gegen den zu dieser Zeit wegen Korruption ermittelt wurde. Hunter Biden soll für seine Arbeit rund 1,5 Millionen US-Dollar von Burisma bekommen haben, während sein Vater als Vizepräsident die Politik der Obama-Regierung in der Ukraine koordinierte.

Mehr Handelsblatt-Artikel zum Krieg in der Ukraine:

Joe Biden betonte, er sei in die Geschäfte seines Sohnes in keinerlei Hinsicht involviert gewesen, Hunter Biden bezeichnete die Tätigkeit für Burisma im Nachhinein als „schlechte Entscheidung“. 

Hunter Biden mit Ehefrau Ashley (r.)

Der Präsidentensohn hat Ärger mit einem früheren Engagement in der Ukraine.

(Foto: AP)

Vergangene Woche wurde im US-Kongress ein Papier der Bundespolizei FBI herumgereicht, das angeblich beweisen soll, dass Joe Biden als Vizepräsident von Burisma mit fünf Millionen US-Dollar entlohnt wurde für die Pflege der Beziehungen zwischen den USA und der Ukraine. Die Echtheit des Papiers ist nicht bestätigt und hochumstritten.

Parallel untersucht das Bundesjustizministerium andere Vorwürfe gegen Hunter Biden, wegen mutmaßlich nicht fristgerechter Steuerzahlungen und des Kaufs einer Waffe in einer Zeit, als der Präsidentensohn drogenabhängig war. Im Zusammenhang mit der jüngsten Bundesanklage gegen Donald Trump äußerten einige US-Republikaner den Vorwurf, dass die Justiz die Bidens und die Trumps ungleich behandele.

Mehr: Trump will Anklage für seinen Präsidentschaftswahlkampf nutzen



<< Den vollständigen Artikel: USA: Die drei Ukraine-Probleme des Joe Biden >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.

Article Categories:
Politik

Comments are closed.