Düsseldorf, Berlin Nach den Coronajahren, die für das Gesundheitssystem teuer waren, muss die Branche sparen. Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland klagen seit Monaten über gekürzte Finanzmittel und niedrigere Honorare bei immer mehr Arbeit – beispielsweise aufgrund von Lieferengpässen. Außerdem steht ein großes digitales Projekt an: Die Einführung des elektronischen Rezepts (E-Rezept) ab 1. Juli 2023.
Ein bundesweiter Protesttag der Apotheken soll heute auf diese Probleme aufmerksam machen. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) hat die Initiative gestartet. ABDA-Vorsitzender Hans-Peter Hubmann erklärt in einem Statement, die Bundesregierung habe bisher weder plausible Pläne gegen die Lieferengpässe noch für eine wirtschaftliche Stärkung und Digitalisierung der Apotheken vorgelegt.
Verbraucher und Patienten in ganz Deutschland stellen sich heute die Frage: Wie lange dauert der Protest? Und wo sind im Notfall weiterhin Medikamente erhältlich? Wann startet eigentlich das E-Rezept bundesweit? Ein Überblick über die wichtigsten Fakten zum Protesttag der Apotheken.
Apotheken-Streik: Was sind die Gründe für den Protest am 14. Juni?
Die Apotheker fordern, dass das Honorar, das sie für die Weitergabe von verschreibungspflichtigen Medikamenten erhalten, erhöht wird. Aktuell liegt der Betrag bei 8,35 Euro. Die Berufsverbände fordern 12 Euro.
Die Pläne der Bundesregierung sehen anders aus: Mehr Honorar für die Apotheken hält sie für nicht finanzierbar. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) wollen indes vor allem die Krankenkassen entlasten, denen die vergangenen Pandemiejahre teuer zu stehen gekommen sind. So soll beispielsweise der sogenannte Kassenabschlag, den Apotheken pro verschreibungspflichtigem Arzneimittel an die Krankenkasse zahlen müssen, von 1,77 Euro auf 2 Euro erhöht werden.
Kritik rührt aus den Apothekerverbänden: „Apotheken kaputtsparen? Mit uns nicht!“ lautet der Slogan des heutigen Protesttages. Dazu hat der ABDA auch einen Forderungskatalog mit zehn Punkten vorgelegt.
Wo sind im Notfall am Protesttag Medikamente erhältlich?
Den Apotheken-Notdienst, der zu jeder Tages- und Nachtzeit die Arzneimittelversorgung in Deutschland sicherstellen soll, gibt es auch heute. Das heißt, dass bestimmte Apotheken geöffnet sind, um Patienten in dringenden Fällen versorgen zu können. Das ist in Deutschland so gesetzlich festgelegt. Da Online-Apotheken ihren Geschäftssitz überwiegend in den Niederlanden haben, beteiligen sie sich nicht an den Protesten und sind im Dienst. Dabei zu beachten sind allerdings Bestellzeiten.
Welche Apotheken in meiner Region haben heute Notdienst?
Mittels Ortsangabe oder Postleitzahl kann online die nächste Notdienst-Apotheke gefunden werden. Unter aponet.de, einem Portal der ABDA, erfolgt die Suche mithilfe einer Karte. Auskunft erhalten Verbraucher und Patientinnen auch über die kostenpflichtige Telefon-Hotline 0800 00 22 8 33.
Wie lange bleiben die Apotheken am 14. Juni geschlossen?
Die Apotheken in Deutschland bleiben ganztägig geschlossen. Die Versorgung soll laut ABDA einzig über die Notdienste gesichert sein.
In einzelnen Städten wie Düsseldorf, Berlin oder Hannover rufen die Berufsverbände zudem zu Kundgebungen auf.
Wie reagiert Karl Lauterbach auf den Apotheken-Streik?
Der SPD-Politiker gibt sich verständnisvoll, erklärt jedoch, dass es „keinen Spielraum“ für höhere Apotheken-Honorare gebe. Dazu seien unter anderem die Sparanforderungen seitens des Finanzministers an die einzelnen Ministerien zu streng.
Das Bundesgesundheitsministerium wies zudem darauf hin, dass sowohl der Absatz als auch der Umsatz der Apotheken in den vergangenen Jahren stark gestiegen seien. Zudem seien auf mehreren Ebenen die Apotheken-Honorare verbessert worden, hieß es – etwa mit der Einführung der Nacht- und Notdienstpauschale, einer gesonderter Botendienstvergütung und der Erhöhung der Vergütung bei der Abgabe von Betäubungsmitteln.
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Auch laut dem ABDA-Wirtschaftsbericht ist die Einnahmeentwicklung der Apotheken positiv: Der Basisumsatz der Apotheken stieg zwischen 2020 und 2022 um 13 Prozent. Der durchschnittliche Netto-Umsatz einer Apotheke in Deutschland liegt bei rund 2,8 Millionen Euro pro Jahr.
Wie viele E-Rezepte wurden in Deutschland schon eingelöst?
Eigentlich sollte das E-Rezept schon längst in ganz Deutschland verfügbar sein. Die bundesweite Einführung des E-Rezeptes wurde im vergangenen Jahr wegen Datenschutzbedenken aber gestoppt, die verpflichtende Nutzung soll erst mit dem Einlöseweg über die elektronische Gesundheitskarte kommen.
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Alle Apotheken sind laut ABDA seit dem 1. September 2022 an das entsprechende System angebunden und technisch in der Lage, E-Rezepte zu empfangen. Zwei Millionen wurden laut der Gesellschaft Gematik bislang eingelöst (Stand 13. Juni). Das geht der ABDA zufolge über die „Gematik-App“ und über einen Ausdruck.
Wie könnten E-Rezepte in Zukunft eingelöst werden?
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat nun angekündigt, dass die Mehrheit aller Apotheken bis Ende Juli mit Kartenlesegeräten ausgestattet sein soll, sodass E-Rezepte auch über die elektronische Gesundheitskarte eingelöst werden können. Bereits heute können Versicherte ihre E-Rezepte laut ABDA ausgedruckt oder per Gematik-App einlösen.
Mehr: Wie Lauterbach gegen die Medikamenten-Engpässe vorgehen will
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