Washington Die meisten US-Amerikaner wollen von diesen beiden Männer nichts mehr hören, sehen oder lesen: Dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump und aktuellem Präsidenten Joe Biden. In Umfragen wünscht sich nur eine Minderheit der US-Bürger eine Neuauflage der Konstellation Biden gegen Trump, wie es sie bei den Präsidentschaftswahlen 2020 gab. Damals forderte Biden den damals amtierenden Präsidenten Trump heraus und gewann.
Zu einer Neuauflage bei den Wahlen im kommenden Jahr könnte es trotzdem kommen. Denn Trump hat weiterhin gute Chancen, erneut zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner aufgestellt zu werden – trotz einer Bundesanklage in der Affäre um Geheimdokumente, wegen der er am Dienstag vor Gericht erscheinen musste.
Übersteht Trump den Vorwahlkampf unbeschadet, könnte er Bidens Herausforderer werden. Möglich ist so etwas wohl nur im US-Wahlrecht, das sehr wenig Schranken eingebaut hat. Deshalb darf sich ein Demagoge, der Bidens Wahlsieg 2020 leugnet, zu Protesten und Gewalt aufruft und mehrere Strafverfahren anhängig hat, erneut auf das mächtigste Amt der Welt bewerben.
Seine Popularität an der Basis ist der Grund, warum führende Republikaner öffentlich dennoch zu Trump halten. Doch im Hintergrund warten seine Gegner nur darauf, dass Trump über seine legalen Probleme stolpert und seine Kandidaturpläne begraben muss. Mittlerweile haben neun republikanische Bewerber eigene Wahlkampagnen gestartet.
Experten sprechen von einer „fast schon Potemkinschen Kandidatur“: die Konkurrenz wartet darauf, dass die Papp-Kulisse des Wahlkämpfers Trump zusammenbricht, er entweder ins Gefängnis muss oder ihm die finanziellen Mittel ausgehen.
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Dieses Warten paralysiert die Republikaner. Bislang haben sie weder eine einende Botschaft im Wahlkampf gefunden, noch eine politische Strategie für die Zukunft. Trump ist damit die wichtigste Person der Republikaner – und gleichzeitig ihr größtes Risiko.
Wenn eine Wurzelbehandlung zum Politikum wird
Ähnlich sieht es bei den Demokraten aus, wenn auch aus anderen Gründen. Seit Biden erklärt hat, zur Wiederwahl antreten zu wollen, stellen sich Demokraten eine bange Frage: was ist, wenn Biden mitten im Wahlkampf ausfällt? Oder, falls er eine zweite Amtszeit antreten wird, diese nicht vollenden kann?
Bidens Alter von 80 Jahren macht den Präsidenten angreifbar. Sollten gesundheitliche Probleme dazwischen kommen, könnte das Machtvakuum die Partei in eine Krise stürzen – und den Republikanern Vorteile verschaffen, bis sich die Demokraten auf eine Nachfolge verständigt haben.
Wie sehr Bidens Zustand unter Beobachtung steht, wurde erst in dieser Woche deutlich: Biden unterzog sich einer Wurzelbehandlung und wurde von Vizepräsidentin Kamala Harris vertreten, zwei Wochen zuvor stolperte er auf einer Bühne über einen Sandsack. Das Weiße Haus musste die Öffentlichkeit mit mehreren Mitteilungen beruhigen – denn im US-Wahlkampf werden selbst Routine-Eingriffe und Missgeschicke zum Politikum.
Diese Aufregung kann man überzogen oder altersdiskriminierend finden – sie ist aber ein Fakt. Jede noch so geringe Störung in Bidens Betriebsablauf wirkt wie eine Erinnerung an sein Alter. Ganz egal, ob er jeden Morgen aufs Peloton-Fahrrad steigt oder um die Welt jettet.
Zwar könnten Biden und Trump unterschiedlicher nicht sein. Gerade die Europäer können sich glücklich schätzen, dass sie im Ukrainekrieg einen Transatlantiker als Partner im Weißen Haus haben – und keinen Wutbürger-in-Chief, der die Nato am liebsten abschaffen würde. Doch auf ihre Weise sind sowohl Biden als auch Trump ein Risiko für den US-Wahlkampf und ihre Parteien – und damit für die politische Zukunft der USA.
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