Berlin Konstruktive Gespräche, aber die größten Brocken warten noch: Die Tarifverhandlungen bei der Bahn sind nach Angaben beider Seiten seit Montag einen Schritt nach vorne gekommen. Die wichtigsten Knackpunkte Lohnerhöhungen und Laufzeit des Tarifvertrags wurden bisher aber noch nicht diskutiert. „Da liegt noch viel Konfliktpotenzial drin, denn die Erwartungshaltung der Kolleginnen und Kollegen ist groß – und damit auch die Streikbereitschaft“, sagte Kristian Lorch, Verhandlungsführer der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG, am Mittwoch laut einer Mitteilung.
Bahn-Personalvorstand Martin Seiler zeigte sich optimistisch, dass noch diese Woche ein Tarifabschluss erzielt werden kann. Auf eine entsprechende Frage sagte er: „Das muss unser gemeinsames Ziel sein.“ „Die Mitarbeitenden warten zurecht auf mehr Geld, und die Reisenden wollen jetzt Verlässlichkeit auch für die Sommerzeit haben, um ihre Reisen zu planen“, ergänzte der Manager. Auch Loroch sprach vom Ziel eines möglichst schnellen Abschlusses – das bedeute für ihn aber nicht unbedingt schon am Freitag.
Die laufende Verhandlungsrunde von Bahn und EVG begann am Montag in Berlin, sie ist bis einschließlich Freitag angesetzt. Die EVG fordert für gut 180.000 DB-Beschäftigte einen Festbetrag von mindestens 650 Euro pro Monat mehr oder zwölf Prozent bei den oberen Lohngruppen. Die Laufzeit soll nach ihren Vorstellungen zwölf Monate betragen.
Die Bahn hatte zuletzt je nach Einkommensgruppe zwölf, zehn beziehungsweise acht Prozent mehr in mehreren Stufen in Aussicht gestellt. Die Laufzeit soll bei 24 Monaten liegen – also doppelt so lang wie von der Gewerkschaft gefordert. Die erste Erhöhung soll laut DB-Angebot dieses Jahr kommen. Hinzu kommt eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie in mehreren Zahlungen von insgesamt 2850 Euro.
„Noch einige Brocken wegzuräumen“
Neben den Gehaltserhöhungen spielen auch zahlreiche strukturelle Themen im komplexen Tarifwerk bei der Bahn eine Rolle bei den Verhandlungen. In den vergangenen Tagen standen Loroch und Seiler zufolge vor allem die Busgesellschaften der Deutschen Bahn, die Güterverkehrstochter DB Cargo und die internen Dienstleister des Konzerns auf der Tagesordnung. Die EVG will zum Beispiel für die Beschäftigten der 18 Busgesellschaften die regional unterschiedliche Bezahlung abschaffen.
Die Bahn sorgt sich derweil um die Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit dieser Betriebe bei höheren Personalkosten. So hat beispielsweise DB Cargo im vergangenen Jahr einen Verlust vor Zinsen und Steuern von 665 Millionen Euro eingefahren.
„In verschiedenen Arbeitsgruppen wurden sowohl Themenkomplexe des Arbeitgebers, wie auch unsere Forderungen erörtert und dabei um gangbaren Kompromisslinien gerungen. Abschließende Vereinbarungen gibt es bislang allerdings nicht“, sagte Loroch. „Wir haben noch viel vor uns, wir haben noch einige Brocken wegzuräumen – und darum geht es in den nächsten Tagen“, sagte Seiler.
Der Tarifkonflikt läuft seit Ende Februar. Seither gab es zwei Warnstreiks der EVG, ein dritter Arbeitskampf wurde nach einer juristischen Einigung gerade noch verhindert. Zu weiteren Streikplänen hält sich die Gewerkschaft bislang bedeckt, lediglich die Streikbereitschaft innerhalb der Organisation wurde zuletzt mehrmals betont. Eine Entwarnung bedeutet die Zwischenbilanz von Mittwoch also noch nicht.
<< Den vollständigen Artikel: Tarifverhandlungen: Bahn und EVG nähern sich bei Tarifrunde an >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.