Vertreter von CDU und CSU zeigten sich hochzufrieden und sprachen von einer Ohrfeige für die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP. FDP-Politiker machten in ersten Reaktionen die Grünen verantwortlich.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann hatte einen Antrag auf eine einstweilige Anordnung gestellt. Diese sollte dem Bundestag die abschließende Beratung und Abstimmung über das Gesetz untersagen, wenn der Gesetzentwurf den Abgeordneten nicht mindestens 14 Tage vorher schriftlich vorliegt. Heilmann schrieb auf Twitter: „Das ist ein großer Erfolg für unseren Parlamentarismus und in diesem konkreten Fall auch für den Klimaschutz!“
Heilmann hatte argumentiert, seine Rechte als Abgeordneter seien durch das Gesetzgebungsverfahren erheblich verletzt worden. „Die Ampel ruiniert die Wärmewende mit einem Last-minute-Gesetzespaket und einem verfassungswidrigen Verfahren“, warf er der Koalition vor. Wegen der maximal verkürzten Beratungen zur Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) im Parlament könne man keine konzeptionelle Schwächen des Gesetzespakets aufzeigen und ändern.
Dazu erklärte das Gericht nun, Heilmanns Hauptsacheantrag im Organstreitverfahren erscheine mit Blick auf sein Recht auf gleichberechtigte Teilhabe an der parlamentarischen Willensbildung aus Artikel 38 des Grundgesetzes weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Das Gericht wird damit zu einem späteren Zeitpunkt endgültig entscheiden. Die nun erlassene einstweilige Anordnung solle verhindern, dass die Rechte der Abgeordneten im Gesetzgebungsverfahren irreversibel verletzt werden.
„Den Abgeordneten steht nicht nur das Recht zu, im Deutschen Bundestag abzustimmen, sondern auch das Recht zu beraten.“ Die Folgenabwägung führe zum Ergebnis, „dass die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe überwiegen“. Das Interesse an der Wahrung der Beteiligungsrechte wiege schwerer als der Eingriff in die Verfahrensautonomie des Bundestags, der die Gesetzgebung lediglich verzögere. Die Entscheidung fiel im Zweiten Senat mit fünf gegen zwei Stimmen.
Das Gericht betont in seiner Entscheidung, dass ein Inkrafttreten des Gesetzes zum 01. Januar 2024 weiter möglich sei. Der Bundestag könne nach der Sommerpause darüber abstimmen oder eine Sondersitzung in den kommenden Wochen einberufen.
Unionsfraktionschef Friedrich Merz wertete den Stopp als „schwere Niederlage für die Bundesregierung von Olaf Scholz“. „Dem unsäglichen Umgang der Bundesregierung mit dem Parlament und der Öffentlichkeit wurde nun ein Riegel vorgeschoben“, sagte der CDU-Vorsitzende der Deutschen Presse-Agentur. „Olaf Scholz und seine Bundesregierung wären gut beraten, das Urteil aus Karlsruhe zum Innehalten zu nutzen. So wie bisher kann es im Deutschen Bundestag nicht weitergehen.“
Der Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Alexander Dobrindt, sagte in Berlin: „Die Ampel sollte jetzt in sich gehen und dieses Murks-Gesetz endlich einstampfen.“ CSU-Generalsekretär Martin Huber sprach von einer „schallenden Ohrfeige für die Bundesregierung“. Er forderte: „Das Heizgesetz muss weg und komplett neu aufgesetzt werden.“
Der FDP-Vizevorsitzende Wolfgang Kubicki wertete den Karlsruher Eilbeschluss als „verdiente Quittung für die Grünen, die in dieses Verfahren einen unerklärlichen Druck hineingegeben haben“, wie er der Funke-Mediengruppe sagte. Der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler lobte die Entscheidung. „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Es war falsch, den Grünen hier auf den Leim zu gehen“, schrieb er auf Twitter.
SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch reagierte gelassen. „Die Entscheidung ist selbstverständlich zu respektieren. Den Inhalt des Gesetzes betrifft sie nicht“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Ausdrücklich weist das Gericht auf die Möglichkeit einer Sondersitzung hin, über die nun beraten werden muss.“
Kabinett beschließt Gesetz nach wochenlangem Streit – und streitet weiter
Wochenlang hatten die Ampel-Partner über das Heizungsgesetz von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) gestritten. Vor allem die FDP hatte Bedenken – und schickte Habecks Wirtschaftsministerium öffentlichkeitswirksam einen Katalog mit 77 Fragen.
Schließlich hatte das Kabinett den Gesetzentwurf beschlossen. Aber noch vor der ersten Lesung im Bundestag vereinbarte die Ampel weitere Änderungen, die sie in teils vage formulierten „Leitplanken“ festhielt – ein ungewöhnliches Verfahren. Eine erste Expertenanhörung fand damit technisch noch zum veralteten Gesetzesentwurf statt, berücksichtigte die Einigung der Koalition allerdings bereits.
Die Koalitionsfraktionen legten dem Bundestag nun Änderungsanträge zum ursprünglichen Gesetzentwurf vor. Am Freitag sollte das Heizungsgesetz im Bundestag beschlossen werden – noch vor der parlamentarischen Sommerpause, die nach dem 7. Juli beginnt.
Mehr: Weniger Fördergeld für viele Wärmepumpen – Ampel präzisiert Pläne beim Heizungstausch
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