Berlin Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will den Aufbau einer Solarindustrie mit erheblichem Mitteleinsatz fördern. Der Minister ruft Unternehmen dazu auf, ihr Interesse an einer Investitionskostenförderung zu signalisieren.
Habeck sagte dem Handelsblatt, für zentrale Transformationstechnologien seien eigene Fertigungskapazitäten in Deutschland und Europa erforderlich. Das sei eine Frage der ökonomischen Sicherheit, sagte er. Das Vorhaben stärke „nicht nur unsere technologische, sondern auch unsere energiepolitische Souveränität“.
Konkret geht es um eine Gesamtproduktionskapazität von rund zehn Gigawatt entlang der gesamten Wertschöpfungskette, also von der Siliziumproduktion bis zu Zelle und Solarmodul. Dafür müssen Interessenten nachweisen, dass sie die staatlichen Fördergelder auch wirklich brauchen, also die Investition ohne Subventionen nicht tätigen würden.
Außerdem sollen Bewerber einen Nachweis darüber erbringen, wie viel Unterstützung sie an „einem Standort außerhalb der europäischen Währungsunion“ bekommen würden, heißt es in der Ausschreibung und zielt damit wohl auf das Milliardensubventionsprogramm IRA in den Vereinigten Staaten ab. Bis zum 15. August haben interessierte Unternehmen Zeit ihre Bewerbung abzugeben. Die Förderinitiative muss allerdings noch durch den Haushalt und steht unter dem Vorbehalt einer beihilferechtlichen Genehmigung der Europäischen Kommission.
Weitere Förderung geplant
Lieferkettenchaos, Inflation und Energiekrise hatten in den vergangenen zwei Jahren zu teils monatelangen Verzögerungen von Projekten geführt hatten. Auch aus diesem Grund wird der Ruf nach einer eigenständigen europäischen Solarindustrie immer lauter.
Aber auch die Abhängigkeit von chinesischen Herstellern könnte sich gerade in den kommenden Jahren als Bürde erweisen. Photovoltaik-Firmen aus China stellen mittlerweile mehr als 90 Prozent der weltweit verkauften Module her.
Dabei hat die Ampelkoalition beschlossen, die Photovoltaik (PV) massiv auszubauen. Bis 2030 sollen Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von 200 Gigawatt (GW) installiert sein. Aktuell sind es rund 67 GW. Ohne eigen Produktion würde sich die Abhängigkeit von China damit noch verstärken.
„Wir wollen unsere Industrie dabei unterstützen, dauerhaft eine Photovoltaik-Produktion in Deutschland aufzubauen, indem wir Leuchtturmprojekte finanziell unterstützen“, sagte Habeck. „Der neue Beihilferahmen der EU bietet hierfür Möglichkeiten, und diese wollen wir nutzen.“
Um Transformationstechnologien zu fördern, hatte die EU-Kommission im März den befristeten Beihilfe-Krisenrahmen (Temporary Crisis and Transition Framework – TCTF) deutlich erweitert und neue Möglichkeiten staatlicher Investitionskostenförderung auch für Produzenten von PV-Anlagen und -komponenten geschaffen.
Nach Angaben des Ministeriums sollen Leuchtturmprojekte vor allen Dingen in strukturschwachen Regionen gefördert werden.
Bei der Bewertung der Skizzen werden nach Angaben des Ministeriums insbesondere die geplante Produktionskapazität sowie technologische, klima- und umweltbezogene Standards berücksichtigt.
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Doch der Aufbau einer Solarindustrie stellt nur den Anfang dar. Zusätzlich will das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz auch den Aufbau von Produktionskapazitäten in anderen Bereichen wie Windkraftanlagen, Elektrolyseuren und Großwärmepumpen unterstützen.
Branche reagiert positiv
Erst am Mittwoch hatte das chinesische Unternehmen Longi, der größte Solarkonzern der Welt, angekündigt, sein erstes Werk in Europa zu planen – am liebsten in Deutschland. Man sei „schon sehr intensiv in den Vorbereitungen“, sagte Longi-Gründer und -Präsident Zhenguo Li erst im Gespräch mit dem Handelsblatt.
Die Branche in Deutschland bewertet die Initiative Habecks positiv. Gunter Erfurt, Chef des Solarkonzerns Meyer Burger, sagte, momentan sei Europa kein guter Ort, um in Solarindustrie zu investieren. Er hatte offen damit gedroht, seine Produktion in die USA zu verlegen. „Wir sehen im Moment viele Initiativen in vielen Regionen, die den dort ansässigen Unternehmen viel Förderung und industriepolitische Unterstützung anbieten, wenn sie Technologien für die Energiewende produzieren“, hatte er im Handelsblatt-Podcast Today gesagt.
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