Berlin Deutsche Sicherheitsbehörden sind wegen zunehmender Wirtschafts- und Wissenschaftsspionage durch China alarmiert. Der Verfassungsschutz hat zuletzt die Volksrepublik sogar als „größte Bedrohung“ bezeichnet. In diesem Zusammenhang geraten nun auch die sogenannten Konfuzius-Institute an den Hochschulen noch stärker in den Fokus der Behörden.
Der deutsche Inlandsgeheimdienst stuft die Einrichtungen in seinem aktuellen Jahresbericht als ein Instrument der politischen Einflussnahme ein. „Im Bereich von Bildung und Forschung drohen Chinas Aktivitäten und Kooperationsformate die akademische Freiheit zu unterminieren“, heißt es. Entsprechend besorgt reagiert die Bundesregierung.
In Deutschland gibt es laut Regierungsangaben 19 Konfuzius-Institute, die mehrheitlich an Hochschulen angesiedelt sind. Dort finden Sprachkurse, aber auch Veranstaltungen zu chinesischer Kultur und Geschichte statt. Das Innenministerium von Ressortchefin Nancy Faeser (SPD) warnt, diese Kooperationen seien „aus Sicherheitsgesichtspunkten äußerst kritisch“ zu sehen. Daher weise man die Hochschulen „im Rahmen von Sensibilisierungen regelmäßig auf die damit verbundenen Gefahren hin“, sagte eine Ministeriumssprecherin dem Handelsblatt.
Im Bundesforschungsministerium wird die Zusammenarbeit der Hochschulen mit den Konfuzius-Instituten schon seit Längerem als problematisch eingestuft. Der zuständigen Ministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) reichen denn auch Hinweise auf Gefahren allein nicht mehr aus. Angesichts der Warnungen der Verfassungsschützer und des insgesamt kritischen deutsch-chinesischen Verhältnisses fordert sie Konsequenzen.
Stark-Watzinger will der „direkten Einflussnahme“ Chinas auf Wissenschaft und Lehre „klare Grenzen“ setzen, wie sie dem Handelsblatt sagte. Sie drängt die unabhängigen deutschen Universitäten zu einem Ende der Zusammenarbeit: „Es sollten noch mehr Hochschulen als bisher ihre Verbindungen zu den Konfuzius-Instituten kritisch hinterfragen und ihrer Verantwortung gerecht werden“, sagte Stark-Watzinger.
Die Konfuzius-Institute sind dem chinesischen Bildungsministerium unterstellt
Tatsächlich haben manche Universitäten ihre Kooperationen inzwischen beendet, darunter die Unis in Frankfurt, Hamburg, Düsseldorf und Trier. Die Institute wurden in den meisten Fällen nicht komplett geschlossen, sind nun aber nicht mehr direkt an die Hochschulen angedockt.
Andere Universitäten führen die Kooperationen hingegen trotz Kritik weiter – teilweise nur unter etwas anderen Modalitäten, wie etwa die Universität Duisburg-Essen. Experten fürchten allerdings, dass Einflussnahme auch weiterhin möglich ist. Dabei hatte es genau dort, an der Universität Duisburg-Essen, den bislang wohl spektakulärsten Fall der versuchten Einflussnahme gegeben.
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Das an der Hochschule angegliederte Konfuzius-Institut hatte 2021 eine eigentlich geplante Vorstellung eines Buchs über Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping kurzfristig abgesagt – auf Druck aus Peking, wie sich später herausstellte.
Die Institute sind dem chinesischen Bildungsministerium zugeordnet und stehen im Verdacht, im Auftrag des chinesischen Staates Propaganda zu verbreiten. Peking wehrt sich gegen die Vorwürfe. Wie wichtig sie für die chinesische Führung jedoch sind, zeigte sich zuletzt im Mai dieses Jahres.
Bei seinem Besuch in Berlin nahm sich der chinesische Außenminister Qin Gang Zeit, das Konfuzius-Institut an der Freien Universität in Berlin zu besuchen. Es war 2006 als erstes seiner Art in Deutschland gegründet worden. Qin betonte bei seinem Besuch die positiven Seiten der Kooperation. Das Institut habe seit seiner Gründung nicht nur zur Förderung der chinesischen Sprache und Kultur beigetragen, sondern auch die „Saat der Freundschaft verbreitet“, wird Qin von der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua zitiert.
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Das Bundesinnenministerium betont hingegen, die Institute dienten innerhalb der Einflussstrategie der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) insbesondere dazu, ein „makelloses Chinabild“ zu verbreiten. „Eine zumindest indirekte Einflussnahme der KPCh auf die Konfuzius-Institute folgt bereits daraus, dass diese zu einem nicht unerheblichen Teil vom chinesischen Staat finanziert werden“, erklärte die Ministeriumssprecherin.
Diese Unterstützungsleistung bedeute für kooperierende deutsche Universitäten oftmals eine „erhebliche finanzielle Erleichterung“, berge jedoch gleichzeitig „die Gefahr einer Abhängigkeit und damit der schleichenden Einschränkung der akademischen Freiheit“.
Hochschulrektorenkonferenz gegen pauschale Kooperationsverbote
Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) bestätigte Versuche der Einflussnahme durch Konfuzius-Institute, etwa an den Standorten Hannover und Duisburg-Essen. Diese seien „keinesfalls akzeptabel und nicht mit der Freiheit der Wissenschaft vereinbar“, sagte HRK-Präsident Walter Rosenthal dem Handelsblatt. Die betroffenen Hochschulen hätten damals „deutlichen Widerspruch“ eingelegt.
Ein „pauschales Verbot der Kooperation“ mit Konfuzius-Instituten scheine ihm jedoch „nicht sinnvoll“, fügte Rosenthal hinzu. Dazu seien die jeweiligen Erfahrungen vor Ort zu unterschiedlich. Das betreffe auch die vertraglichen Rahmenbedingungen mit den Instituten. „In einigen Fällen wurde die Kooperation beendet, oder die Kooperation ruht, in anderen Fällen wurde der Kooperationsvertrag neu verhandelt“, berichtete der HRK-Präsident. Zugleich betonte er, dass diese Entscheidungen den Hochschulen als ein Teil ihres autonomen Handelns überlassen bleiben sollten.
Sicherheitspolitiker von Grünen und CDU sehen die Sache anders. „Leider gibt es bis heute eine noch immer unzureichende Sensibilität für Versuche weitreichender Einflussnahmen autoritärer Staaten im deutschen und europäischen Wissenschaftsbetrieb“, sagte der Vorsitzende des Geheimdienst-Kontrollgremiums des Bundestags, Konstantin von Notz (Grüne), dem Handelsblatt. Daher müssten die Aktivitäten der Konfuzius-Institute „sehr genau in den Blick genommen werden, um die Freiheit der Wissenschaft, aber auch unsere Demokratie effektiv zu schützen“.
Der Vizevorsitzende des Geheimdienstgremiums, Roderich Kiesewetter (CDU), sprach von einer „Spionagegefahr“, auf die Deutschland bislang kaum mit konsequenten Maßnahmen reagiert habe. Die Konfuzius-Institute etwa würden „zur Anbahnung von Spionage, Sozialkontrolle und Einschüchterung von im Ausland lebenden Chinesen genutzt“, sagte Kiesewetter dem Handelsblatt.
Der CDU-Politiker sieht solche Wissenschaftskooperationen als Einfallstor für die Volksrepublik, um Wissenschaftler oder Studenten anzuwerben, „die einen besonderen Zugriff zu Wissen und Know-how in relevanten Bereichen haben“. Dies sei Teil der „hybriden Strategie“ Chinas, um sich eine bessere Position für seine imperialen Bestrebungen zu schaffen. „China ist nicht nur in unseren Netzen, sondern auch in einigen Köpfen an unseren Hochschulen“, sagte Kiesewetter.
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