Berlin Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) strebt eine Verschärfung des Verpackungsgesetzes an. Großen Einzelhändlern werden damit neue Pflichten beim Angebot und bei der Rücknahme von Pfandflaschen auferlegt. Ein entsprechender Gesetzentwurf durchläuft seit diesem Dienstag die regierungsinterne Ressortabstimmung.
Die Pläne zielen darauf ab, „überflüssige Verpackungen zu vermeiden und ökologisch vorteilhafte Mehrwegverpackungen“ zu fördern, heißt es in einem Eckpunktepapier des Ministeriums zu dem Gesetz. „Damit setzen wir ein wichtiges Ziel des Koalitionsvertrags um und treiben die konsequente Vermeidung von Abfällen voran.“
Mit der Gesetzesverschärfung wird zugleich die sogenannte EU-Einwegkunststoffrichtlinie umgesetzt. Diese verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, bis zum Jahr 2026 eine deutliche Minderung des Verbrauchs bestimmter Einwegkunststoffprodukte zu erreichen. Lemke sagte: „Seit Jahren steigt der Verpackungsmüll in Deutschland, belastet die Umwelt und nervt die meisten Verbraucher.“ Die neuen Vorschriften sollen nun helfen, den Alltag der Bürger zu erleichtern.
Welche Erleichterungen bringt das Gesetz für Verbraucher?
In den Getränkeabteilungen der Supermärkte sollen künftig neben Einwegflaschen auch zwingend Mehrwegflaschen angeboten werden. Nach einer Übergangsfrist sollen Supermärkte und Discounter für mehrere Arten von Getränken jeweils mindestens eine Mehrwegalternative anbieten müssen. Dem Vernehmen nach soll das ab Juli 2025 greifen.
Zudem soll es eine allgemeine Rücknahmepflicht des Handels geben. Das heißt: Verbraucher sollen ihre Mehrwegflaschen überall dort abgeben können, wo es Getränke gibt. Auch hier ist eine Übergangsfrist bis Ende Juni 2025 geplant.
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Die strengeren Vorschriften gelten nicht für jeden Einzelhändler, sondern nur für Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von mehr als 200 Quadratmetern.
Was verspricht sich das Ministerium von den verschärften Regeln?
Von den Vorschriften erhofft sich das Ministerium zweierlei. Zum einen solle der Wunsch der Verbraucher nach „ökologisch vorteilhaften Verpackungen“ erfüllt werden, heißt es in dem Eckpunktepapier. Gleichzeitig solle der ökologische Fußabdruck des Getränkeverpackungssektors gesenkt werden.
Was ändert sich bei „To-go-Angeboten“?
Schon seit Januar 2023 müssen für Speisen und Getränke zum Mitnehmen (To-go) Mehrwegalternativen angeboten werden. Das gilt jedoch bisher bei Speisen nur für Einwegverpackungen aus Kunststoff, nicht für Verpackungen beispielsweise aus Aluminium oder Pappe.
Diese Pflicht soll nun auf alle Einwegverpackungen ausgeweitet werden, unabhängig vom Material. Künftig sollen Kunden demnach immer das Recht haben, ihre Speisen und Getränke zum Mitnehmen in Mehrwegverpackungen zu erhalten. Geplant ist dem Vernehmen nach eine Umsetzung bis Anfang 2025.
Gibt es Ausnahmen?
Ja. Kleine Anbieter, die nicht mehr als 80 Quadratmeter Verkaufsfläche haben und gleichzeitig nicht mehr als fünf Mitarbeiter beschäftigen, können auch mitgebrachte Behälter befüllen. Das betrifft etwa Döner-Imbisse oder Wurstbuden.
Was ändert sich beim Vor-Ort-Verzehr?
Hier soll es ab Anfang 2025 keine Einwegverpackungen mehr geben dürfen. Den Burger zum Essen vor Ort erhalten Kunden also auf einem Teller oder in einer Mehrwegverpackung. Das soll auch für alle anderen Lebensmittel und Getränke gelten. Kleine Anbieter sollen ausgenommen werden.
Auch hier gibt es Ausnahmen: Pommes oder Döner können weiter in Papiertüten angeboten werden – unabhängig von der Größe des Unternehmens.
Wird es für die Verbraucher teurer werden?
Die Mehrwegverpackungen dürfen nicht zu höheren Preisen angeboten werden, schreibt das Umweltministerium auf seiner Website. Es kann aber ein Pfand erhoben werden. Das sorgt dafür, dass die Verpackung zum Laden zurückgebracht wird und ein weiteres Mal genutzt werden kann. Das Pfand erhalten die Kunden zurück.
Die Bundesregierung will gegen Mogelpackungen vorgehen. Was ist damit gemeint?
Unter Mogelpackungen ist die Verringerung der Füllmenge bei gleichbleibender Verpackung. Das soll künftig unzulässig sein – und zwar wohl bereits ab 1. Juli 2024.
Wie reagiert der Handel auf die Gesetzespläne?
Der Handelsverband Deutschland (HDE) äußert deutliche Vorbehalte. Die geplante Mehrwegangebots- und Rücknahmepflicht für alle Getränkeverpackungen erfordere nicht nur umfangreiche Umbauarbeiten in den Geschäften, teilweise müsse auch eine komplett neue Logistik aufgebaut werden, sagte HDE-Geschäftsführerin Antje Gerstein dem Handelsblatt. „Kurzfristig wird das nicht umsetzbar sein.“
Zudem sei es „nicht nachvollziehbar, weshalb die Bundesregierung jetzt mit einem solch umfangreichen Vorschlag vorprescht, wo wir doch gerade in umfassenden Verhandlungen auf europäischer Ebene zur EU-Verpackungsverordnung sind, in der genau diese Themen verhandelt werden“, sagte Gerstein weiter. Die Bundesregierung habe dem HDE zugesagt, nicht tätig zu werden, bevor die EU-Verhandlungen abgeschlossen seien. Nun trage die Regierung selbst zu einer Fragmentierung des EU-Binnenmarktes bei.
Die Gesetzesvorschläge müssten bei der EU-Kommission notifiziert werden. „Dort wird man über dieses einseitige Vorpreschen Deutschlands nicht amüsiert sein“, sagte Gerstein. „Wieder wird hier einem Flickenteppich Vorschub geleistet, anstatt sich um die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Standortes zu kümmern.“ Deutschland sei schließlich keine Insel. „Unsere Wirtschaft und das ganze Land profitiert von der großen Errungenschaft eines EU-Binnenmarktes in einmaliger Weise“, betonte die HDE-Expertein.
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