Berlin Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sehnt sich offenbar nach Frankreich. Der Grund: Sein französischer Amtskollege Bruno Le Maire ist nicht nur Wirtschafts-, sondern auch Finanzminister. Frankreich hat gerade einen 500 Millionen Euro schweren Fonds zur Unterstützung von Rohstoffprojekten aufgelegt. Habeck hätte auch gern so einen Fonds, doch bislang fehlt das Geld.
Als Le Maire bei einem Treffen am Montagnachmittag in Berlin mit Habeck darüber sprach, scherzte der deutsche Vizekanzler laut Teilnehmerkreisen, Le Maire habe es ja auch viel einfacher. Er könne sich das Geld als Finanzminister einfach selbst besorgen.
Habeck hingegen muss mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) verhandeln. Der hat für den Haushalt 2024 ohnehin straffe Kürzungspläne. Ein zusätzlicher Fonds für Habeck schien da bislang kaum denkbar. Denn dieser bräuchte nach den Vorstellungen des Ministeriums rund eine Milliarde Euro, heißt es aus Regierungskreisen.
Doch offenbar ist eine Kehrtwende möglich. Das deutete Habeck am Montagabend nach dem Gespräch mit Le Maire sowie dem italienischen Unternehmensminister Adolfo Urso an, der ebenfalls gerade einen Rohstoff-Fonds in Höhe von einer Milliarde Euro auflegt.
Auf die Frage, ob ein Start des deutschen Fonds 2024 noch realistisch sei, antwortete Habeck: „Wegen der überragenden Bedeutung, die Wirtschaftspolitik auch als Wirtschaftssicherheitspolitik zu sehen, halte ich es für wahrscheinlich, dass es so kommt.“
Aus Regierungskreisen hieß es am Dienstag, dass eine Lösung näher rücke, bei der es kein zusätzliches Geld aus dem Haushalt brauche. Entweder könnte Habeck in seinem Budget die Milliarde umschichten. Alternativ könnte die staatliche Förderbank KfW das Geld aufbringen und der Bund dies absichern.
Noch vergangene Woche war in Kreisen des Wirtschaftsministeriums mehr Pessimismus zu vernehmen. „Wir müssen 20 Prozent sparen und können nicht Sachen on top machen“, hatte es dort geheißen.
Fonds gegen die Abhängigkeit von China
Die Rohstoffpolitik ist mit der geopolitischen Zeitenwende zu einem zentralen Thema in der Bundesregierung geworden. Insbesondere bei Rohstoffen für strategisch wichtige Bereiche wie die Batteriefertigung weist Deutschland hohe Abhängigkeiten von China auf. Die Volksrepublik ist bei den meisten Industriemetallen mit Abstand weltweit Marktführer. Die Sorge ist groß, dass China die Abhängigkeit bei einem Konflikt als Druckmittel einsetzt.
Es gibt in anderen Weltregionen durchaus Rohstoffvorkommen. Bloß sind viele von diesen nicht erschlossen, weil Unternehmen das finanzielle Risiko scheuen. Solange China liefert, ist das günstiger. Einen plötzlichen Abbruch der Lieferungen, so fürchtet es Habeck, preist die Wirtschaft aber zu wenig ein.
Deshalb muss der Staat aus seiner Sicht unterstützen, indem er sich über einen Fonds an Projekten beteiligt. Im Januar hatte Habeck diesen Vorschlag unterbreitet. Das Ziel: „Erhöhung der Produktionskapazitäten im In- und Ausland“.
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Käme der Fonds nicht, erklärte Habeck am Montag, wäre das eine Schwächung der eigenen Souveränität. „Es ist offensichtlich, dass das nicht im Sinne unserer Volkswirtschaft sein kann“, sagte der Vizekanzler.
Die Sozialdemokraten unterstützen das Vorhaben. SPD-Wirtschaftspolitiker Sebastian Roloff sagt: „Ziel muss sein, privates Kapital für die hohen und risikobehafteten Anfangsinvestitionen in Bergbaustätten anzuregen und so unsere starke Abhängigkeit zu reduzieren.“
Rohstoff-Fonds: Klarheit am 5. Juli
Habeck sieht sich in seinem Plan jetzt offenbar auch bestärkt, weil Frankreich und Italien Druck machen. Habeck, Le Maire und Urso haben am Montag eine Vereinbarung unterzeichnet, bei Rohstoffprojekten enger zusammenarbeiten zu wollen.
„Es könnte morgen auch einen Fonds in Deutschland geben, und wir müssen gucken, wie wir damit gemeinsam kritische Rohstoffe finanzieren“, sagte Le Maire am Montag. Habeck warnte: Ohne einen deutschen Fonds könnten sich Frankreich und Italien wichtige neue Lieferanten auch ohne Deutschland erschließen.
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Die FDP bleibt zwar skeptisch. Reinhard Houben, wirtschaftspolitischer Sprecher der Liberalen, sagt: „Geld aus diesem Haushalt rauszuschneiden, für ein Projekt ohne fertiges geschweige denn geeintes Konzept, ist politisch unklug.“ Mit dieser Aussage macht er aber auch klar: Wenn Habeck innerhalb seines eigenen Budgets die Milliarde findet, würde die FDP sich wohl nicht gegen den Fonds sperren.
Noch laufen die Haushaltsverhandlungen. Am 5. Juli soll es Klarheit geben. Dann könnte das Bundeskabinett den Haushalt verabschieden – möglicherweise doch noch mit einer Milliarde Euro für den Rohstoff-Fonds.
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