Jul 4, 2023
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Bundeshaushalt: Lindner spart am Schienennetz der Bahn

Written by Daniel Delhaes


Berlin Die Deutsche Bahn AG wird weit weniger Geld als geplant vom Bund erhalten, um das Schienennetz zu sanieren. Wie das Handelsblatt aus Regierungskreisen erfuhr, wird das Bundesunternehmen nicht einmal die Hälfte der angemeldeten 45 Milliarden Euro erhalten. Dies geht ebenso aus dem Haushaltsentwurf für 2024 hervor. Er liegt dem Handelsblatt vor. Von einem „Desaster“ ist im Vorstand der Bahn die Rede.

Der Bund hat sich vorgenommen, die Infrastruktursparten der Deutschen Bahn AG in eine gemeinwohlorientierte Gesellschaft zu überführen und so das Schienennetz künftig besser zu steuern.

Zugleich will der Bund deutlich mehr investieren. Das Ziel: Die Eisenbahnen sollen einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten und bis 2030 doppelt so viele Menschen befördern und deutlich mehr Güter. Am 1.1.2024 soll das neue Unternehmen starten.

Angesichts der Finanzlage hieß es mahnend bei der Bahn: „Wenn die 45 Milliarden nicht zusätzlich kommen, dann heißt es weiter so wie bisher und der Zustand der Infrastruktur verschlechtert sich, anstatt sich zu verbessern.“

Eigentlich sei sogar ein Sondervermögen in ähnlicher Größenordnung wie für die Bundeswehr nötig. Ohne das Geld scheitere die Reform, bevor sie begonnen habe. „Der Minister will doch aber, dass alles besser wird“, hieß es.

20 Milliarden fürs Hauptnetz der Bahn, sechs Milliarden für den Ausbau

Die Bahn hatte im Frühjahr beim Bund angemeldet, mindestens 45 Milliarden Euro extra investieren zu müssen, um das marode Netz zu sanieren und die Kapazitäten zu erhöhen. So will die Bahn ab 2024 hochbelastete Strecken komplett sperren und von Grund auf sanieren. Allein dafür benötigt die Bahn laut einer internen Aufstellung 20 Milliarden Euro.

Zudem kalkuliert sie mit sechs Milliarden Euro für den Neu- und Ausbau und die Elektrifizierung von Strecken sowie mit weiteren sechs Milliarden Euro für die Digitalisierung. In den Umbau von Bahnhöfen sollen drei Milliarden fließen.

Zwar hatte die Ampelkoalition Ende März verabredet, das Geld bereitzustellen – allerdings war die Zusage an die Haushaltslage geknüpft. Finanzminister Christian Lindner (FDP) pocht auf Haushaltsdisziplin und fühlt sich nur an eine Zusage gebunden: So soll die Bahn 80 Prozent der Einnahmen aus der geplanten, emissionsbasierten Lkw-Maut erhalten.

Sie soll ab Dezember dafür sorgen, dass der Bund rund doppelt so viel Maut kassiert wie bisher. Von den prognostizierten rund sechs Milliarden Euro netto extra sind laut Haushaltsentwurf 4,8 Milliarden für die nächsten vier Jahre für die Bahn reserviert. Das Gesetz soll der Bundestag im Oktober beschließen.

Die avisierten Milliarden entsprechen zumindest fast der Summe, die die Bahn für die Sanierung hochbelasteter Strecken benötigt. Zwischenzeitlich war davon die Rede, dass die Bahn allenfalls die Hälfte erhalten werde und Vergünstigungen wie heruntersubventionierte Trassenpreise und Hilfen für den Güterverkehr gestrichen würden.

>> Lesen Sie hier: Transportbranche in Aufruhr – Wissing soll Klima-Maut frühestens 2025 einführen

So gesehen sind die 19,2 Milliarden Euro extra bis 2027 ein Erfolg. Dennoch bleibt für die Bahn eine Lücke von 25 Milliarden Euro, die sie mit einem Trick versucht, so weit es geht zu schließen: Das Argument, Bahnfahren sei aktiver Klimaschutz, könnte manchen Fördertopf öffnen.

Entsprechend intensiv hat die Bahn in den vergangenen Monaten lobbyiert. Nach Informationen des Handelsblatts haben Bahn-Chef Richard Lutz, sein Finanzchef Levin Holle sowie Infrastrukturchef Berthold Huber persönlich bei den Fachpolitikern im Bundestag vorgesprochen. Von mindestens sechs bis acht Treffen auf Ebene der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden in den vergangenen Monaten ist die Rede.

Die Hoffnung: Die Haushälter könnten den Etat zumindest ein wenig korrigieren – zugunsten der Bahn. Bereits im April hatte Huber gemahnt, trotz erster Zusagen „achtsam zu bleiben“. Es gebe viele Begehrlichkeiten von anderen, „die an den 45 Milliarden nagen“.

Der Bahn-Vorstand lobbyiert persönlich bei den Abgeordneten

Seither war klar: Die Haushälter werden die große Lücke nicht schließen können. „Wir müssen zusehen, dass wir zusätzliche Finanzierungswege für das restliche Geld finden“, gab Huber als Maxime aus. .Als Sondereinnahme steht der mögliche Verkauf der Cashcow des Konzerns, der Logistiker Schenker, im Raum. Nur wenn es am Markt einen guten Preis gebe, werde der Verkauf vollzogen, hieß es einschränkend in Regierungskreisen.

Grafik

Der Blick richtet sich auf europäische Förderprogramme und auch auf den milliardenschweren Klimafonds der Regierung. Ihn könnte der Konzern anzapfen, arbeiten Bund und Bahn doch gemeinsam an dem Image, die Bahn sei wesentlich, um die Klimaziele zu erreichen. Im Haushaltsentwurf der Regierung heißt es dazu, es werde „geprüft, ob und inwieweit“ der Klima- und Transformationsfonds einen Beitrag in Höhe von 15 Milliarden Euro in den kommenden zwei Jahren zur Deckung des Investitionsbedarfs leisten kann.

Bliebe eine Lücke von zehn Milliarden Euro. Die Bahn will laut Huber auch „etwa 4,5 bis fünf Milliarden Euro“ vom Bund, um Bahnhöfe und Serviceeinheiten wie Werkstätten zu modernisieren.

>> Lesen Sie hier: Bund will mit Milliarden die Sanierung des Bahnnetzes fördern

Dazu aber muss der Bund die Förderung per Gesetz erst ermöglichen. Bernd Koch, Chef der DB Station und Service, erwartet dies, damit die Bahn „Zukunftsbahnhöfe“ schaffen kann, die mehr sind als Haltepunkte.

Gleisarbeiten in Duisburg

Die Bahn will laut Huber auch „etwa 4,5 bis fünf Milliarden Euro“ vom Bund, um Bahnhöfe und Serviceeinheiten wie Werkstätten zu modernisieren.

(Foto: IMAGO/Fotografie73)

30 kleinere solcher Bahnhöfe will er in diesem Jahr mit eigenem Geld umbauen. 2024 sollen 100 hinzukommen, 2040 dann alle 5400 Bahnhöfe umgebaut sein. „Dafür brauchen wir eine Menge Geld und den Willen des Bundes, das auch umsetzen zu wollen und zu fördern“, sagte Koch. Den Sanierungsstau bezifferte er mit „ungefähr zehn Milliarden Euro“. Gewinne aus der Vermietung muss die Bahn-Tochter an den Konzern abführen. Das Geld „konnte nicht in die Empfangsgebäude gehen“, räumte Koch ein.

An solchen Problemen setzt die Monopolkommission an und forderte grundlegende Reformen. Eigentlich plädiert sie dafür, das Schienennetz aus dem Konzern herauszulösen. Da die Politik eine klare eigentumsrechtliche Trennung des Netzes vom Konzern aber ablehne, müsse die geplante gemeinwohlorientierte Gesellschaft zumindest „wirtschaftlich und organisatorisch unabhängig“ sein.

>> Lesen Sie hier: Monopolkommission fordert Zerschlagung der Deutschen Bahn

Vorstände und Aufsichtsräte sollten nicht in anderen Gesellschaften aktiv sein und der Nachsteuergewinn transparent ausgewiesen werden, um Quersubventionierungen anderer Konzernbereiche deutlich zu machen.

So steht es in einem neuen Sondergutachten, das dem Handelsblatt vorliegt. „Eine gemeinwohlorientierte Infrastrukturgesellschaft muss sich allen Nutzern der Infrastruktur gleichermaßen verpflichtet fühlen“, sagte der Vorsitzende der Kommission, Jürgen Kühling.

Die Bahn selbst hofft, mit der neuen Gesellschaft die Trennungsdebatte zu beenden. „Wenn wir jetzt den Weg, den wir eingeschlagen haben, konsequent zu Ende gehen, dann wird die Diskussion ganz schnell der Vergangenheit angehören“, ist sich Infrastrukturvorstand Huber sicher. „Wir müssen die Tür zum 1.1.24 zumachen.“

Mehr: Das ist die Frau, die die Bahn umkrempeln soll



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