Jul 5, 2023
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Bildung: Nur gut die Hälfte der Lehramt-Studienanfänger wird auch Lehrer

Written by Barbara Gillmann


Unterricht in einer Grundschule in Baden-Würrtemberg

Der Lehrermangel gehört zu den größten Problemen in deutschen Schulen.


(Foto: dpa)

Berlin An deutschen Schulen fehlen aktuell rund 12.000 Lehrkräfte, melden die Bundesländer. Dabei könnte der Mangel deutlich geringer sein, wenn die Studienbedingungen den Einstieg in den Beruf erleichtern würden, wie eine neue Auswertung nahelegt.

So begannen zwischen 2017 und 2021 im Schnitt gut 52.000 Studienanfänger ein Lehramtsstudium, im gleichen Zeitraum absolvierten aber nur rund 28.300 angehende Lehrer ein Referendariat. Damit lässt sich der Bedarf an neuen Lehrkräften nicht decken, rund 35.000 Neueinstellungen pro Jahr wären nötig. Das zeigt eine Auswertung des Stifterverbands, der Organisation für Wissenschaftsförderung durch die Wirtschaft.

>> Lesen Sie auch: Experten erwarten Lehrermangel für 20 weitere Jahre

Diese Hürden im Studienverlauf müssten dringend abgebaut werden, um einen „Bildungsnotstand“ zu verhindern, der „schwerwiegende Folgen für unsere Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit und unseren gesellschaftlichen Wohlstand“ habe, warnt das Stifterverbands-Team um Hochschulexpertin Bettina Jorzik.

Junge Menschen, die im Lauf des Studiums wechseln, gibt es in ähnlichem Ausmaß auch in anderen Studiengängen. Doch dort wird der Schwund in deutlich größerem Umfang durch Wechsler ausgeglichen. Das aber verhindert im Lehramtsstudium oft die Regel, nach der Pädagogen zwei Fächer studieren müssen. „Ein Ein-Fach-Lehramtsstudium könnte hier Abhilfe schaffen“, rät Jorzik. Die große Personalnot lässt nun zumindest Brandenburg diese Option jetzt erstmals prüfen.

Lehramtsstudium: Zu wenige Absolventen beginnen ein Referendariat

Die wissenschaftliche Kommission der Kultusminister hatte wegen des Lehrermangels kürzlich drastische Maßnahmen empfohlen: Vor allem müssten die hohe Teilzeitquote gesenkt, die wöchentliche Stundenzahl erhöht und auch Klassen vergrößert werden. Das ist in der Lehrerschaft auf massive Kritik gestoßen.

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Eine zweite Hürde für angehende Lehrkräfte ist das Referendariat: Jährlich beginnen 29.400 Personen nach einem Lehramtsstudium den sogenannten Vorbereitungsdienst – zu wenige, um den Bedarf zu decken. Dazu kommen lediglich 1200 Hochschulabsolventen, die das Referendariat ohne ein Lehramtsstudium beginnen, also sogenannte Quereinsteiger. Diesen müsse der Zugang deutlich erleichtert werden, fordert der Stifterverband. 

Denn danach bleiben den Schulen nur noch die Seiteneinsteiger, um die Lücken zu stopfen, also Akademiker, die weder Lehramt studiert noch ein Referendariat absolviert haben, sondern in der Regel aus anderen Berufen in die Schule wechseln. Doch angesichts der Personalnot müsse auch dieser Weg einfacher werden, so der Stifterverband.

Die Gruppe der Seiteneinsteiger ist schon in den vergangenen Jahren als Personalquelle immer bedeutender geworden. Kritisiert wird jedoch häufig deren pädagogische Kurzausbildung in vielen Ländern.

In Sachsen-Anhalt hat die Koalition aus CDU, SPD und FDP die Anforderungen soeben noch weiter gesenkt: Nun können sich erstmals auch Nichtakademiker für einen Lehrer-Job in Sekundarschulen bewerben. Voraussetzung ist eine Qualifizierung auf Stufe 6 des Deutschen Qualifikationsrahmens, also etwa Meister oder Fachwirtin. 

Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) sieht das auch als Chance: „Mit dem Anwerben von Seiteneinsteigenden fördern wir aktiv eine praxis- und lebensweltorientierte Vorbereitung der Kinder auf ihr Leben nach der Schule.“ Sie lässt sich dafür auch dauerhaft von Personalberatungsagenturen unterstützen, die gezielt nach Lehrkräften aus dem Ausland und Seiteneinsteigern zur Einstellung im Schuldienst suchen. Die Lehrer-Gewerkschaft GEW hofft aber, dass Nichtakademiker im Schuldienst die Ausnahme bleiben, und drängt auf ein verpflichtendes Fortbildungsprogramm. 

Streit um Mehrarbeit für Lehrkräfte

Sachsen-Anhalt, wo der Lehrkräftemangel besonders gravierend ist, hat zum kommenden Schuljahr als erstes Land auch die Unterrichtszeit der Lehrer erhöht: So müssen ab Herbst Grundschullehrerinnen 28 statt 27 und Sekundarschul- und Gymnasiallehrer 26 statt 25 Stunden vor der Klasse stehen. Erste Überlegungen gab es auch in anderen Ländern, bisher scheuen die Kultusminister diesen Schritt aber.

Ein Grund dürfte der Rechtsstreit aus dem Jahr 2015 in Niedersachsen sein: Damals hatte das Land die Unterrichtszeit der Gymnasiallehrer um eine Stunde wöchentlich erhöht. Das scheiterte jedoch am Oberlandesgericht. Die Richter verwarfen die Arbeitszeiterhöhung, weil das Land keine empirischen Kenntnisse über die tatsächliche Gesamtarbeitszeit der Lehrkräfte vorlegen konnte. Die GEW Sachsen-Anhalt kündigte an, ebenfalls rechtlich gegen die Entscheidung des Landes vorzugehen.

Mehr: Das Bildungsniveau der Deutschen geht zurück



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