Berlin Die schwächelnde Nachfrage nach deutschen Exportgütern droht die Rezession in Deutschland zu verlängern. Die deutschen Exporte sind im Mai wegen der sinkenden Nachfrage aus der EU und den USA überraschend gefallen. Sie sanken um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vormonat auf 130,5 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte.
Von Reuters befragte Ökonomen hatten hingegen mit einem Wachstum von 0,3 Prozent gerechnet. Im Vergleich zum Mai 2022 fiel der Rückgang mit 0,7 Prozent noch kräftiger aus.
„Ein Frühlingserwachen bei der Exportwirtschaft ist leider ausgeblieben“, sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier. „Noch immer hohe Inflationsraten und das gestiegene Zinsniveau in vielen Märkten dämpfen das Auslandsgeschäft.“ Die Importe legten dagegen um 1,7 Prozent auf 116,1 Milliarden Euro zu.
Ökonomen bezweifelten angesichts der sinkenden internationalen Nachfrage nach Waren „Made in Germany“, ob Europas größte Volkswirtschaft ihre Rezession schnell beenden kann. „Damit erhärtet sich aber einmal mehr der Verdacht, dass aus einer konjunkturellen Erholung vorerst nichts wird“, kommentierte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel, das schwächelnde Exportgeschäft.
Europas größte Volkswirtschaft ist zuletzt zwei Quartale in Folge geschrumpft. Grund war vor allem die Kaufzurückhaltung der unter sinkenden Realeinkommenden leidenden Verbraucher.
USA bleiben Abnehmerland Nummer eins
„Nachlassende Impulse aus den USA fallen besonders ins Gewicht“, kommentierte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG, Alexander Krüger, die negative Entwicklung bei den Ausfuhren. „Stand jetzt wird der Exportsektor ein weiteres Quartalsminus einfahren.“
Die Ausfuhren in die EU-Staaten sanken im Mai um 1,5 Prozent zum Vormonat auf 70,3 Milliarden Euro. Abnehmerland Nummer eins blieben die USA: Dorthin wurden Waren im Wert von 12,7 Milliarden Euro verkauft, ein Rückgang von 3,6 Prozent.
Die Exporte nach China wuchsen dagegen um 1,6 Prozent auf 8,6 Milliarden Euro, die nach Großbritannien legten sogar um 5,8 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro zu. Die Ausfuhren nach Russland fielen wegen der westlichen Sanktionen infolge des Krieges gegen die Ukraine um 7,4 Prozent auf 0,7 Milliarden Euro. „Durchwachsene konjunkturelle Entwicklungen unter anderem in der EU, in den USA und China schwächen die globale Wirtschaft und die Auslandsnachfrage“, sagte DIHK-Experte Treier.
Daran dürfte sich vorerst nichts ändern, erwarten Analysten. „In nächster Zeit werden die anhaltende Abschwächung der Exportaufträge, die erwartete Verlangsamung der US-Wirtschaft, die hohe Inflation und die große Unsicherheit deutliche Spuren bei den deutschen Exporten hinterlassen“, sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Die aktuelle Entwicklung bestätige, „dass schleppende Exporte nicht mehr die Ausnahme, sondern die neue Normalität sind“.
Zinserhöhungen dämpfen Nachfrage nach deutschen Produkten
Von Januar bis Mai summierten sich die deutschen Ausfuhren auf 659,3 Milliarden Euro, ein Plus von 4,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Den Exporteuren steht allerdings ein schwieriges zweites Halbjahr bevor.
Das Barometer für die Erwartungen in der Exportindustrie fiel im Juni auf minus 5,6 Punkte, nach plus 1,0 Zählern im Mai. Das ist der niedrigste Wert seit November 2022, wie das Münchner Ifo-Institut zu seiner monatlichen Unternehmensumfrage mitteilte.
„Neben der inländischen Nachfrageschwäche zeichnen sich jetzt auch noch weniger Aufträge aus dem Ausland ab“, sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. „Dies sind keine guten Nachrichten für die deutsche Exportwirtschaft.“ Die weltweiten Zinserhöhungen dämpften die Nachfrage nach Waren „Made in Germany“. Die Auftragspolster würden zunehmend dünner.
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