Quantencomputer gelten als disruptive Zukunftstechnologie, weil sie theoretisch Rechenaufgaben lösen können, an denen heutige Superrechner scheitern.
Berlin Deutschland will beim Quantencomputing eigentlich ganz vorn mitspielen – auf Augenhöhe mit den USA und China. Dafür hat der Bund erst im April ein Drei-Milliarden-Euro-Konzept vorgestellt. Doch nun soll bei einem zentralen Förderprogramm gespart werden.
Damit laufen „sehr vielversprechende Start-ups Gefahr, bei der zweiten Finanzierungsrunde leer auszugehen“, warnt der forschungspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Thomas Jarzombek.
Denn wenn der Bund keine zusätzlichen Gelder bereitstelle, drohe eine Förderlücke und die Start-ups wären bei der Finanzierung ihres weiteren Wachstums komplett auf Geld aus den USA und anderen Ländern angewiesen.
„Potente US-amerikanische Venture-Capital-Geber könnten sich so zehn bis 20 Jahre deutsche Entwicklungsarbeit zum Schnäppchenpreis sichern“, sagt der Christdemokrat, der bis 2021 Beauftragter des Bundeswirtschaftsministeriums für Digitale Wirtschaft und Start-ups war.
Der soeben vorgestellte Haushalt für 2024 werde die Lage noch verschlimmern, denn dort seien die entscheidenden Posten für Quantentechnologie sogar gekürzt. „Das ist einfach heftig“, meint Jarzombek. Und das, obwohl Deutschland hier vor allem in der Forschung bisher „in einer der absoluten Zukunftstechnologien weltweit führend“ sei. Gerade weil Quantencomputer „eine sehr große Bedeutung für unsere technologische Souveränität haben“, dürfte die Regierung das keinesfalls verspielen.
Entscheidendes Instrument für Start-ups
Quantencomputer gelten als disruptive Zukunftstechnologie, weil sie theoretisch Rechenaufgaben lösen können, an denen heutige Superrechner scheitern: neue Medikamente finden, kryptografische Schlüssel brechen und logistische Probleme lösen. Das gilt vor allem in Verbindung mit Künstlicher Intelligenz: Quantencomputer könnten hier etwa das Training von neuronalen Netzen für KI beschleunigen, die zum Beispiel stark für die Entwicklung des autonomen Fahrens benötigt werden.
Die IT-Riesen Google und IBM erwecken zwar gern den Eindruck, dass sie die sogenannte Quantenvorherrschaft unter sich ausmachen werden. Doch Wissenschaftler stellen das infrage und setzen auf völlig andere technische Ansätze. Auch deshalb rechnet sich die deutsche Regierung gute Chancen aus, hier ganz vorn dabei sein zu können.
Die Quantenförderung der alten Bundesregierung, auf der das Drei-Milliarden-Konzept der Ampel aufbaut, gilt Experten als gutes Fundament, eigene deutsche Player aufzubauen.
Entscheidendes Instrument für Start-ups ist ein Programm des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), das Aufträge an diese vergibt – vor allem für den Bau von Quantencomputern, aber auch für Quanten-Software. Das Programm ist mit einem Volumen von 600 Millionen Euro angelegt und läuft von 2022 bis 2026. Im vergangenen und im laufenden Jahr wurden insgesamt 350 Millionen Euro ausgegeben.
Keine Mittel im Haushalt zur Förderung
Doch nun tritt die Bundesregierung auf die Bremse. Alle Ressorts müssen beim Etat für das kommende Jahr sparen. Für dieses Programm sehe der Haushalt für 2024 nun gar keine Mittel mehr vor, sagt Jarzombek, „damit reduziert sich die Förderung auf bislang 350 Millionen Euro“.
Wenn Deutschland und Europa hier technologisch unabhängig werden wollen, sollte das Geld auch aus Europa kommen. Jan Leisse, Gründer des Quanten-Hardware-Start-ups Eleqtron
Zudem seien auch die bisher bereitstehenden Mittel fast komplett verplant. „Und weil es noch keinen Markt für Quantentechnologie gibt, muss der Staat auch weiter als Ankerkunde für diese Zukunftstechnologie auftreten. Dafür müsste er das DLR-Programm aber verlängern und ausbauen – statt es zu kürzen.“
Dass das nicht geplant ist, zeigt auch die Antwort des Bundes auf eine Kleine Anfrage der Unionsfraktion, die dem Handelsblatt vorliegt. Die Unternehmen würden der Antwort zufolge schon „im eigenen Interesse sämtliche Finanzierungsmöglichkeiten sondieren und sich auch bei Wagniskapitalgebern aus öffentlichen Mitteln bewerben“, heißt es darin.
Das jedoch sei in Deutschland nicht einfach, schildert Jan Leisse, Gründer und CEO des Quanten-Hardware-Start-ups Eleqtron die Gemengelage. „Mittelfristig brauchen deutsche Start-ups, die teure Quanten-Hardware entwickeln, recht viel Kapital, um sich weiterzuentwickeln.“ Natürlich gebe es interessierte große Wagniskapitalgeber aus den USA, China oder Saudi-Arabien. Aber „wenn Deutschland und Europa hier technologisch unabhängig werden wollen, sollte das Geld auch aus Europa kommen“.
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Öffentliche deutsche Venture-Capital-Geber – wie der High-Tech Gründerfonds oder die Agentur für Sprunginnovationen – investieren aber vor allem in der Frühphase von Start-ups mit weit kleineren Summen. Europäische Wagniskapitalgeber erreichen generell bei Weitem nicht das Niveau der internationalen Konkurrenten. Dazu kommt aktuell eine generelle Schwäche der Branche.
Und während in den USA Konzerne wie Google, Microsoft und IBM große Summen in Quantentechnologie investieren, „gibt es in Deutschland nur wenige wie den Laserspezialisten Trumpf, die sich hier engagieren“, sagt Leisse. Aus all diesen Gründen wäre jetzt „ein Signal der Politik hilfreich, dass es auch nach dem Auslaufen des aktuellen DLR-Programms weitergeht, um das hohe Tempo bei der Quantencomputer-Entwicklung beizubehalten“, meint der Eleqtron-Gründer.
<< Den vollständigen Artikel: Kritik von Opposition: Bund kürzt Förderung von Quantentechnologie >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.