Hannover, München Der Freistaat Bayern zieht gegen den Länderfinanzausgleich vor das Bundesverfassungsgericht. Das CSU-geführte Kabinett unter Ministerpräsident Markus Söder habe einen Normenkontrollantrag gegen die Ausgestaltung des finanziellen Ausgleichsmechanismus beschlossen, teilte die bayerische Staatsregierung am Dienstag mit.
Im Rahmen des Finanzausgleichs zwischen den 16 Bundesländern wurden im vergangenen Jahr rund 18,5 Milliarden Euro umverteilt. Mit Einzahlungen von fast 9,9 Milliarden Euro trug Bayern erneut die mit Abstand größte Last – der Freistaat kam alleine für mehr als die Hälfte des umverteilten Geldes auf. Baden-Württemberg zahlte der Abrechnung des Bundesfinanzministeriums zufolge knapp 4,5 Milliarden Euro, aus Hessen flossen 3,25 Milliarden Euro.
Rund 814 Millionen Euro steuerte Hamburg bei, etwa 107 Millionen Euro Rheinland-Pfalz. Elf Länder profitierten hingegen von Zahlungen aus dem Ausgleich. Berlin war mit rund 3,6 Milliarden Euro der größte Empfänger.
„Bayern unterstützt gerne solidarisch – aber hierfür braucht es wieder einen fairen Rahmen, in dem die Interessen finanzstärkerer wie auch finanzschwächerer Länder gleichermaßen Berücksichtigung finden“, hieß es in der Mitteilung. „Solidarität und Eigenverantwortung müssen sich künftig wieder die Waage halten.“
Nach dem geltenden System stehe Bayern nach dem Ausgleich schwächer da als einige der Nehmerländer. Das habe das Verfassungsgericht schon einmal kritisiert: Die bestehenden Unterschiede in der Finanzkraft dürften nicht nivelliert werden, und die Leistungsfähigkeit eines Geberlandes dürfe nicht entscheidend geschwächt werden.
Verhandlungslösung unrealistisch
Eine Verhandlungslösung sei unrealistisch, weil maximal fünf Geber- mindestens elf Nehmerländern gegenüberstünden, erklärte die Landesregierung. Bayern stößt sich unter anderem daran, dass die Einwohner der Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen im Länderfinanzausgleich stärker gewichtet werden – anders als die Einwohner in den Ballungsräumen um München, Frankfurt oder Stuttgart.
Bayern hatte – zusammen mit Hessen – im Jahr 2013 schon einmal gegen den damaligen Länderfinanzausgleich geklagt. Auch damals wurde die Klage in Sichtweite der Bayern-Wahl beschlossen.
Die beiden Länder zogen ihre Klage nach einer Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern aber dann 2017 zurück. Das System heißt heute Finanzkraftausgleich. Es dient dem im Grundgesetz verankerten Ziel der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland.
Söder erklärte, man habe damals zugestimmt, weil Bayern um mehr als eine Milliarde Euro entlastet worden sei. Tatsächlich habe aber der Bund damals Geld ins System gegeben, ohne dass es echte große Strukturreformen gegeben habe. Inzwischen sei die Schere zwischen Geber- und Nehmerländern immer noch weiter auseinander gegangen.
Zwölf Länder kritisieren Bayerns Klage
Anders als damals steht Bayern mit seiner Klage diesmal allein da und stößt in vielen anderen Bundesländern auf Unverständnis. Niedersachsens Finanzministerium teilte ebenfalls am Dienstag mit, man nehme den Beschluss der bayerischen Regierung mit großem Bedauern zur Kenntnis – ebenso wie Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, das Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen.
Zu dieser Gruppe zählten sowohl Geber- als auch Nehmerländer. Erst mit dem Finanzausgleich würden die Voraussetzungen geschaffen, um die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und öffentlicher Leistungen bundesweit zu wahren.
Niedersachsens Finanzminister Gerald Heere sagte, es sei erstaunlich, dass Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gegen eine Regelung klagen wolle, die er früher als Finanzminister selbst mit verhandelt habe. „Wir haben es ganz offensichtlich mit einem bayerischen Wahlkampfmanöver zu tun“, sagte Grünen-Politiker Heere. Umso wichtiger sei es, dass die Mehrheit der Länder solidarisch zusammenstehe und am bestehenden Ausgleichssystem festhalte.
Mehr: Länderfinanzausgleich: Biontech macht Rheinland-Pfalz zum Geber, NRW wird Nehmerland
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