Berlin Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hat sich für den Verzicht auf eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. „Ich bevorzuge eindeutig Quick Freeze“, sagte Kelber dem Handelsblatt. Die Vorratsdatenspeicherung müsse nicht länger diskutiert werden. Bei „Quick Freeze“ werden Daten erst bei einem Anfangsverdacht für eine kurze Zeit gespeichert.
Im vergangenen September hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) der Speicherung von Telekommunikationsdaten zur Aufklärung von Straftaten in Deutschland enge Grenzen gesetzt, die anlasslose Speicherung nur von IP-Adressen für Ermittlungen aber für vertretbar erklärt. Praktisch angewendet wird die Vorratsdatenspeicherung hierzulande schon seit 13 Jahren nicht mehr.
Über ein neues Ermittlungsinstrument ist sich die Ampelkoalition uneinig. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) pocht auf die Speicherung von IP-Adressen zur Verbrechensbekämpfung.
Justizminister Marco Buschmann (FDP) hatte Ende Oktober hingegen einen Referentenentwurf zur Datenspeicherung im Quick-Freeze-Verfahren vorgelegt. Demnach sollen Telekommunikationsanbieter verpflichtet werden, bei einem Anfangsverdacht Daten zu einzelnen Nutzern für einen bestimmten Zeitraum „einzufrieren“. Den Ermittlern stünden dann neben der IP-Adresse auch Verbindungs- und Standortdaten zur Verfügung.
Buschmann spricht vom „Gesetzeszombie“ der Vorratsdatenspeicherung, den er nun aus dem deutschen Recht streichen will.
Bundesdatenschützer Kelber: Schon laufende Überwachung ebenfalls berücksichtigen
Bundesdatenschützer Kelber hält „Quick Freeze“ für die „weniger eingriffsintensive“ Variante. Es könne nicht darum gehen, „den Datenhaufen noch weiter zu vergrößern und alle unter Generalverdacht zu stellen“. Selbst wenn Daten vorlägen, dauere es zuweilen Monate oder Jahre, bis diese ausgewertet würden. „Das wäre der Bereich, in dem man besser werden muss.“
Der ehemalige SPD-Politiker sagte: „Eine Zombie-Politik lehne ich ab, und eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung ist so ein Untoter, der jetzt mal begraben werden sollte.“
Kelber hält zudem eine „Überwachungsgesamtrechnung“ für erforderlich. Denn „Quick Freeze“ oder auch die dauerhafte Speicherung von IP-Adressen käme zur schon existierenden Überwachung hinzu. „Wenn wir wollen, dass die Bürger ihre Freiheitsrechte bewusst und unbewusst voll ausleben, dann darf die Politik nicht ein dauerndes Gefühl einer Überwachung entstehen lassen.“
Im Ampelkoalitionsvertrag heißt es: „Die Eingriffe des Staates in die bürgerlichen Freiheitsrechte müssen stets gut begründet und in ihrer Gesamtwirkung betrachtet werden.“ SPD, Grüne und FDP hatten darum eine „Überwachungsgesamtrechnung“ angekündigt. Bislang liegt sie aber noch nicht vor.
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