Berlin Trotz Widerstands örtlicher Gemeinden und des Landes Mecklenburg-Vorpommern kann auf Rügen künftig Flüssiggas (LNG) entladen werden. Der Bundestag beschloss am Freitag mehrheitlich eine Reform des LNG-Beschleunigungsgesetzes, in dem nun der Standort Mukran auf der Ostseeinsel verankert wird.
Nach den Planungen des Bundes sollen dort zwei schwimmende LNG-Terminals mit einer Jahreskapazität von zehn Milliarden Kubikmeter Gas stationiert werden.
Ziel ist es, dass das Terminal für die Versorgung im Winter Anfang 2024 zur Verfügung steht. Die Schiffe sollen privatwirtschaftlich von der Deutschen Regas betrieben werden. Die Bundesregierung will damit die Gasversorgung auch im kommenden Winter sichern.
Wirtschaftsminister und Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) warnte im Bundestag mit Blick auf die Versorgungssicherheit allerdings: „Wir sind noch nicht durch.“ Der Bund müsse immer abwägen und hier weitere Sicherheitspuffer haben.
Habeck sagte, ihm sei bewusst, dass das Projekt vor Ort hochumstritten sei. Die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern hatte diese Woche ihre Kritik erneuert und sich gegen die Pläne der Bundesregierung gestellt. Laut Landesumweltminister Till Backhaus (SPD) fehlen dem Land verbindliche Zusagen des Bundes zur Förderung der Region.
LNG-Terminal bedeutet Stress für Menschen und Natur
Der CDU-Politiker Oliver Grundmann sagte, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ziehe hier die Strippen: „Eine Ferieninsel wird LNG-Standort. Basta.“ Auch der AfD-Politiker Leif-Erik Holm kritisierte die Regierung: „Der Tourismus steht auf der Kippe.“ Im vergangenen Jahr habe es auf Deutschlands beliebtester Insel 1,3 Millionen Gäste gegeben. Das LNG-Terminal werde aber Stress für Menschen und Natur bedeuten.
In namentlicher Abstimmung votierten am Freitag 370 Abgeordnete für den Gesetzentwurf. 301 Parlamentarier waren dagegen, vier enthielten sich. Die Ampel-Fraktionen von SPD, Grünen und FDP hatten zuvor ihre Zustimmung signalisiert, alle Oppositionsparteien wollten dagegen stimmen.
Schwimmende Terminals sind bereits bei Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Lubmin in Betrieb und haben geholfen, einen Gas-Notstand nach dem Aus russischer Lieferungen im vergangenen Winter zu verhindern. Die weggefallenen Mengen sollen durch zusätzliche Schiffe in Lubmin und Wilhelmshaven erweitert werden, dazu kommt ein weiterer Standort vor Stade.
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Ab 2026 sollen drei Standorte durch feste Terminals ersetzt werden, in denen das Flüssiggas nicht auf den Spezialschiffen, sondern an Land in den Gas-Zustand zurückversetzt wird. Sie haben dann auch eine höhere Kapazität.
Zwar sind die Gasspeicher für den Winter bereits jetzt zu über 80 Prozent gefüllt. Aber selbst komplett volle Speicher zusammen mit den bestehenden LNG-Terminals gelten für die Winterversorgung unter bestimmten Umständen als nicht ausreichend.
Ursprünglich sollten LNG-Schiffe auch vor Sellin auf Rügen ankern. Darauf wird Regierungskreisen zufolge nun aber verzichtet. Eines der beiden Flüssiggas-Schiffe der Deutschen Regas soll zudem von Lubmin abgezogen und vor Mukran stationiert werden.
Die Kosten für den Umbau eines großen Teils der Erdgasversorgung auf Flüssiggas soll staatlich mit rund zehn Milliarden Euro finanziert werden. Der Bund erwartet allerdings über Gebühren zur Nutzung der Schiffe und Leitungen Rückflüsse.
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