Jul 8, 2023
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Bürgergeld: Scharfe Kritik an Heils Plan zur Verlagerung der Zuständigkeit

Written by Frank Specht


Eingangsbereich eines Jobcenters

Für die berufliche Eingliederung von jungen Bürgergeld-Beziehern sollen künftig die Arbeitsagenturen zuständig sein.


(Foto: dpa)

Berlin Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will 900 Millionen Euro Steuergeld einsparen, indem er die Beratung und Vermittlung von Bürgergeld-Empfängern, die unter 25 Jahre alt sind, aus den Jobcentern in die Arbeitsagenturen verlagert. Doch das Vorhaben stößt auf entschiedenen Widerspruch. „Wirklich arbeitsmarkt- und sozialpolitisch Sinn macht dieser rein haushaltspolitisch motivierte Taschenspielertrick nicht“, heißt es in einem Schreiben der Jobcenter-Personalräte an Heil und Finanzminister Christian Lindner (FDP). Der Brief liegt dem Handelsblatt vor.

Auch aus der Opposition kommt Kritik: „Die Ampel will die Steuerzahler um 900 Millionen Euro jährlich entlasten – dies aber zulasten der Beitragszahler“, kritisiert Unionsfraktionsvize Hermann Gröhe (CDU). Die Verlagerung der Zuständigkeit hatte das Bundeskabinett diese Woche mit der Verabschiedung des Entwurfs für den Bundeshaushalt 2024 beschlossen.

Bisher kümmern sich die Jobcenter um alle Grundsicherungsempfänger, unabhängig vom Alter. Die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II sind steuerfinanziert. Künftig sollen die unter 25-jährigen Bürgergeldbezieher aber von den Arbeitsagenturen betreut werden, wenn es um ihre berufliche Eingliederung und deren Förderung geht. Die Kosten beispielsweise für Einstiegsqualifizierungen fallen dann unter das Sozialgesetzbuch III und sind von den Beitragszahlern der Arbeitslosenversicherung zu tragen.

Jobcenter lehnen Änderung ab

Die Jobcenter-Personalräte lehnen den geplanten Wechsel gleich aus mehreren Gründen ab. Zum einen fürchten sie einen Verlust an Beratungsqualität. Denn bei den Jugendlichen im Bürgergeld-Bezug stünden oft psychische Probleme, Sucht oder Schwierigkeiten mit den Eltern einer einfachen Vermittlung in den Arbeitsmarkt entgegen. Anders als die Arbeitsagenturen hätten die Jobcenter Erfahrung mit diesen Problemlagen, heißt es in dem Schreiben.

Außerdem gebe es künftig für die Jugendlichen dann zwei Anlaufstellen, weil für die eigentlichen Grundsicherungsleistungen weiter die Jobcenter zuständig seien. Die Personalräte verweisen aber auch auf finanzielle Risiken einer dauerhaften Verschiebung der Zuständigkeit.

Lesen Sie mehr zur Bundesagentur für Arbeit

Denn die zusätzlichen Ausgaben machen es der Bundesagentur für Arbeit (BA) schwerer, wieder eine Rücklage aufzubauen, um für künftige Krisen am Arbeitsmarkt gewappnet zu sein. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hält eine Rücklage in Höhe von 0,65 Prozent der Wirtschaftsleistung für angemessen, augenblicklich ist die Kasse nach den Milliardenausgaben aus der Zeit der Coronakrise aber nahezu leer.

Komme es zu einer neuen Krise auf dem Arbeitsmarkt, blieben nur zwei Möglichkeiten, schreiben die Personalräte: Entweder müsse der Bund der BA ein Darlehen oder einen Zuschuss geben. Die erhoffte Entlastung der Steuerzahler würde dann letztendlich verpuffen. Oder der Bund müsse den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung erhöhen, was die Löhne und Gewinne von Arbeitnehmern und Arbeitgebern schmälern „und die Binnenkonjunktur insgesamt negativ beeinflussen würde“, heißt es in dem Schreiben weiter.

Außerdem sende die Regierung ein schlechtes Signal, wenn sie grundlegende Eckpfeiler der sozialpolitischen Reformen der letzten 20 Jahre – wie die Zusammenlegung der Kompetenzen oder Hilfen aus einer Hand – einfach der Kassenlage opfere. Statt die Zuständigkeit zu verlagern, solle die Regierung lieber für eine Ausfinanzierung des Bürgergelds aus Steuermitteln sorgen, appellieren die Personalräte.

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Auch Unionsfraktionsvize Gröhe geht mit der Ampel hart ins Gericht: „Statt sich um Organisations- und Zuständigkeitsfragen zu kümmern, sollte die Bundesregierung lieber mehr dafür tun, dass junge Menschen aus dem Leistungsbezug auf ihrem Weg in eine Erwerbstätigkeit bestmöglich unterstützt werden.“

Dazu gehöre, dass die Bundesregierung endlich ihre Zusage aus dem Koalitionsvertrag erfülle, die sehr erfolgreichen Leistungen für schwer erreichbare Jugendliche in der Grundsicherung für alle schwer erreichbaren Jugendlichen als Regelleistung zugänglich zu machen.

„Diejenigen Jugendlichen, die trotz der derzeit hervorragenden Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt keine Ausbildungsstelle oder Beschäftigung finden, benötigen oftmals sehr genau auf sie zugeschnittene Hilfestellungen“, sagte Gröhe. Hier verfügten die Jobcenter vor Ort über große Erfahrung.

Mehr: Zweite Stufe der Bürgergeld-Reform in Kraft



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Politik

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