Düsseldorf, Tel Aviv Terrorattacken aus dem Gaza-Streifen, Anschläge der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah und die akute Bedrohung aus dem Iran: Für Israel ist die Gefahr von außen nichts Neues. Doch jüngst ist das Regime in Teheran zu einer noch größeren Bedrohung geworden als zuvor – und die israelische Regierung regiert mit enormer Aufrüstung.
Das israelische Verteidigungsministerium spricht von einem speziellen Mehrjahresplan, der laut Beobachtern auf den Iran abzielt. Der Generaldirektor des israelischen Verteidigungsministeriums, Eyal Zamir, erklärte in einer wenig subtilen Anspielung auf die Islamische Republik, der Plan sei darauf angelegt, die militärischen Fähigkeiten für den „dritten Kreis“ zu erweitern.
Dieser dritte Kreis bezieht sich auf die am weitesten entfernten direkten Bedrohungen, denen Israel ausgesetzt ist. Der erste Kreis sind kleine Terrorgruppen innerhalb und an den Grenzen Israels wie die Hamas, der zweite sind größere Bedrohungen wie die syrische Armee oder die Hisbollah, und der dritte bezieht sich auf Länder, die keine gemeinsame Grenze mit Israel haben wie der Iran.
Israel gilt seit der Islamischen Revolution im Iran 1979 als Erzfeind des Landes – und umgekehrt. Immer wieder kommt es zu gegenseitigen militärischen Drohungen. Die Regierung in Israel verdächtigt den Iran, unter dem Deckmantel eines zivilen Nuklearprogramms an einer Atombombe zu arbeiten.
Im Mai berichtete die Nachrichtenagentur AP, dass der Iran eine unterirdische Nuklearanlage so tief in der Erde baut, dass sie wohl nicht mehr von für die Zerstörung solcher Anlagen entwickelten US-Waffen erreicht werden könnte. Im Februar meldete die Internationale Atomenergiebehörde, dass das Land erstmals Uran auf einen Reinheitsgrad von knapp 84 Prozent angereichert habe. Für Atomwaffen wären 90 Prozent nötig.
Israelisches Militär will in KI investieren
Zudem rüstet auch der Iran auf: Im Juni stellte die iranische Regierung die erste im eigenen Land hergestellte Hyperschallrakete vor.
Die Regierung in Jerusalem hat für 2023 ein Militärbudget von 23,6 Milliarden Dollar angekündigt. In den Jahren 2024 bis 2028 soll das Budget jährlich im Schnitt um rund zwei Prozent wachsen. Israel bereitet sich damit auf eine Vielzahl an Bedrohungen vor. Militärstrategen erwarten höhere Investitionen in die Luftwaffe und die Informationsbeschaffung. Zamir erklärte außerdem, mehr Gelder für Künstliche Intelligenz (KI) aufwenden zu wollen.
Die Mission sei, Israel zu einem „Kraftzentrum Künstlicher Intelligenz“ zu machen. Jüngst begann das israelische Militär, KI für Militärlogistik und dafür zu nutzen, Ziele für Luftangriffe auszuwählen.
Dass der militärische Fokus Israels auf dem Iran liegt, zeigen auch jüngste gemeinsame Übungen der israelischen und der US-amerikanischen Luftwaffe. Diese Übungen zielen offenbar darauf ab, die israelischen Verteidigungskräfte auf einen möglichen Angriff auf die Islamische Republik vorzubereiten.
>> Lesen Sie hier: Hyperschallraketen, Drohnen, Künstliche Intelligenz – Diese Technologien nutzt die Waffenindustrie
So fliegt die israelische Luftwaffe im Rahmen der Übung mit dem Namen Juniper Oak nach Angaben der israelischen Verteidigungskräfte Luftangriffe gegen „strategische Ziele in der Tiefe“ – ein Verweis auf die iranischen Atomanlagen.
Während der Übung sollen die israelischen Kampfjets von einer amerikanischen Boeing KC-46 aufgetankt werden, von der Israel vier Stück bestellt hat. Die erste K-46 soll voraussichtlich in zwei Jahren eintreffen.
Bei der Übung werden nach israelischen Angaben auch „die Erlangung der Luftüberlegenheit in der Region und die Cyberverteidigung gegen eine Vielzahl von Bedrohungen“ simuliert.
Israel kauft weitere F-35-Jets
Israel will zudem weitere F-35-Kampfflugzeuge kaufen. Sie sollen rund drei Milliarden Dollar kosten. Nach Angaben des israelischen Verteidigungsministeriums werden sie durch die US-Militärhilfe finanziert.
Israel war das erste Land außerhalb der USA, das das Flugzeug erhalten hat und eines der wenigen, die das hochmoderne Flugzeug modifizieren durften. Durch die Anschaffung wird Israels Flotte der Tarnkappenflugzeuge um 25 auf 75 erweitert.
Die F-35 der fünften Generation wird vom Militär als „Gamechanger“ gepriesen, nicht nur wegen ihrer Offensiv- und Tarnkappenfähigkeiten, sondern auch wegen ihrer Fähigkeit, ihre Systeme mit anderen Flugzeugen zu verbinden und ein Netzwerk für den Informationsaustausch zu bilden.
Jerusalem und Washington setzen zudem ihre Rüstungskooperation trotz politischer Meinungsverschiedenheiten zwischen US-Präsident Joe Biden und Israels Premier Benjamin Netanjahu etwa wegen der umstrittenen Justizreform fort. Lockheed Martin und der Triebwerkshersteller Pratt & Whitney haben sich im Rahmen eines Abkommens zwischen Israel und den USA dazu verpflichtet, die israelische Verteidigungsindustrie in die Produktion der Flugzeugteile einzubeziehen.
>> Lesen Sie hier: Was bedeutet der F-35-Kampfjet-Deal von Lockheed Martin und Rheinmetall?
Neben Angriffswaffen investiert Israel auch in die Abwehr. Das Luftverteidigungssystem Iron Dome ist zwar in der Lage, rund 90 Prozent der herannahenden Geschosse in der Luft zu zerstören. Die Kosten für jede abgefangene Rakete sind aber außerordentlich hoch. Sie betragen zwischen 100.000 und 150.000 Dollar, was bei länger dauernden Kriegen eine kaum tragbare finanzielle Belastung ist.
Neues Abwehrsystem für Israel soll deutlich günstiger sein
Ingenieure haben deshalb ein neues System entwickelt, bei dem Laserstrahlen gegen Raketen eingesetzt werden. Dieses „Iron Beam“-Lasersystem hat sich in ersten Tests bewährt. Gegenüber dem Iron Dome ist es deutlich billiger: Eine Rakete oder Drohne abzufangen wird etwa zwei Dollar kosten.
>> Lesen Sie hier: US-Demokratieforscher Ziblatt zu China, Russland, Iran – „Autokratien wirken stärker, als sie sind“
Der Hersteller Rafael verspricht, dass das System Raketen und Drohnen „aus einer Entfernung von einigen Hundert Metern bis zu mehreren Kilometern unschädlich machen“ könne. Durch den Einsatz eines Lasers verfüge der Iron Beam über ein unbegrenztes Magazin mit niedrigen Kosten pro Schuss. Zudem verursache es nur minimale Kollateralschäden, so Rafael.
Nach Einschätzung von Militärexperten könne das Iron-Beam-System auch zur Abschreckung eingesetzt werden, vor allem wenn es mit anderen Waffen kombiniert werde. Rafael-Vizepräsident Ran Gozali erklärte am Rande der International Defence Exhibition in Abu Dhabi: „Wir können den Strahl auf den Durchmesser einer Münze in einem Bereich von zehn Kilometern fokussieren.“
Israel hat im Kampf gegen den Iran mit den Vereinigten Staaten einen mächtigen Verbündeten. Die USA unterstützen Israel jedes Jahr mit rund 3,8 Milliarden US-Dollar, davon geht ein beachtlicher Teil in die Abwehr von Raketen und Militärtechnik.
Zudem ist Israel zwar nicht Mitglied der Nato, aber seit mehr als zwanzig Jahren ein aktiver Nato-Partner. Seit fünf Jahren hat Israel eine ständige und offizielle Mission in der Nato-Zentrale.
Mehr: Symbiose von Start-ups und Armee – Warum Israels Militär so stark ist.
<< Den vollständigen Artikel: Militär: Wie sich Israel auf einen Krieg mit dem Iran vorbereitet >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.