Jul 11, 2023
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Schweden: Moderne U-Boote und eine Insel: So verstärkt Schweden die Nato

Written by Helmut Steuer

Stockholm Seine Erleichterung konnte Ulf Kristersson nicht mehr verbergen. „Heute war ein sehr guter Tag für Schweden“, erklärte der schwedische Ministerpräsident sichtbar zufrieden im litauischen Vilnius. Die vergangenen Wochen waren für seine Mitte-Rechts-Regierung nicht immer einfach. Immer neue Forderungen der Türkei ließen manche Politiker im hohen Norden bereits daran zweifeln, dass Schweden überhaupt noch Mitglied der Nato werden kann.

Doch im Vorfeld des am Dienstag beginnenden Nato-Gipfels gab der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nach einigem Hin und Her grünes Licht für den Beitritt des skandinavischen Landes. Nach mehr als 200 Jahren Neutralität steht Schweden nun vor einem für das Land historischen Schritt in das westliche Verteidigungsbündnis.

Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar vergangenen Jahres kam es in Finnland und Schweden zu einem radikalen Meinungsumschwung. Das bis dahin geltende Tabuthema Nato wurde plötzlich offen diskutiert. Der Krieg in der Ukraine hat die in beiden Ländern zuvor strikte sicherheitspolitische Doktrin nahezu über Nacht radikal verändert.

Vor allem in Finnland, das sich eine mehr als 1300 Kilometer lange Grenze mit Russland teilt, forcierte die damalige Regierung unter Sanna Marin den Beitritt. Im April dieses Jahres war es so weit, und Finnland wurde als 31. Mitglied in die Nato aufgenommen.

Schweden musste draußen bleiben, da der türkische Präsident dem Land vorwarf, Terroristen, sprich Mitglieder der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, zu beherbergen. Mehrere Koran-Verbrennungen vor Moscheen unter anderem in Stockholm verschärften den Konflikt.

Schweden hat strategisch bedeutsame „Mitgift“

Nun hat Erdogan seinen Widerstand aufgegeben. Vermutlich auch, weil er von den USA und Schweden Zugeständnisse, wie etwa die Lieferung von F-16-Kampfjets, erhalten hat. Auch wenn der genaue Beitrittstermin noch nicht klar ist – neben der Türkei muss auch Ungarn dem schwedischen Beitritt noch zustimmen –, ist die Erleichterung in Schweden groß. Ungarn will die Beitrittsprotokolle für das nordische Land billigen. „Der Abschluss des Ratifizierungsprozesses ist eine rein technische Frage“, schrieb der ungarische Außenminister Peter Szijjarto am Dienstag auf seiner Facebook-Seite. Eine konkrete Zusage steht allerdings noch aus.

Kampfjet über Schweden

Stockholms Wehretat soll bis 2026 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Zuletzt lag er bei etwa 1,3 Prozent.

(Foto: via REUTERS)

Für die Nato ist der Beitritt der beiden nordeuropäischen Länder eine willkommene Verstärkung. Besonders Finnland würde die Nato mit 23.000 Berufssoldaten und 280.000 Wehrpflichtigen deutlich verstärken. Außerdem verfügt das Land über mehr als 870.000 Reservisten. Schweden hat mit rund 20.000 Soldaten bedeutend weniger aktive Streitkräfte, will aber die Truppenstärke bis 2030 um weitere 20.000 erhöhen. Auch der Wehretat soll bis 2026 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Zuletzt lag er bei etwa 1,3 Prozent.

Eine oftmals unterschätzte „Mitgift“, die Schweden in das Verteidigungsbündnis einbringt, ist der „unsinkbare Flugzeugträger“. So wird humorvoll die größte Insel in der Ostsee, Gotland, genannt. Nur rund 300 Kilometer sind es von der Insel bis zur lettischen Hauptstadt Riga und nur unwesentlich weiter bis nach Tallinn oder Vilnius.

>> Lesen Sie hier: Nato-Erweiterung: Warum der Deal mit der Türkei vor allem dem Westen nützt

Die Insel hat deshalb eine große strategische Bedeutung für die Kontrolle der Ostsee und einer eventuellen Verteidigung der baltischen Länder. Amerikanische Militärs erklärten vor Kurzem: „Wer Gotland kontrolliert, kontrolliert die Ostsee.“ Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine wurde die militärische Präsenz auf Gotland verstärkt.

Größere Probleme bei Integration dürfte es nicht geben

Daneben unterhält Schweden eine der modernsten U-Boot-Flotten der Welt und mit der vom Rüstungskonzern Saab entwickelten JAS 39-Gripen eine Flotte von knapp 100 Exemplaren dieses Mehrzweck-Kampfjets.

Kehrtwende: Erdogan stimmt Nato-Beitritt Schwedens zu

Darüber hinaus gehören Schnellboote, die vom Radar schwer oder gar nicht erfasst werden können, zu weiteren Spezialitäten der schwedischen Rüstungsindustrie. Außerdem entwickelten schwedische Unternehmen Luftabwehrsysteme und Schnellfeuerwaffen, die in alle Welt exportiert werden.

Die jahrhundertelange Bündnisfreiheit hat dazu geführt, dass sich ein relativ kleines Land wie Schweden eine eigene Rüstungsindustrie geleistet hat. Man wollte sich nicht in Abhängigkeiten von anderen Ländern begeben.

Größere Probleme bei der Integration in die Nato-Strukturen dürfte es aber nicht geben. Schweden nimmt wie Finnland schon seit Langem an gemeinsamen Nato-Manövern teil und beteiligte sich an Nato-geführten Einsätzen in Afghanistan und auf dem Balkan. Auch die Beschaffung von militärischer Ausrüstung wird schon länger mit der Nato koordiniert.

>> Lesen Sie hier: Erdogan stimmt Nato-Beitritt Schwedens offenbar zu und fordert EU-Mitgliedschaft

Finnland hat für zehn Milliarden Euro 64 F-35-Kampfjets des amerikanischen Rüstungsunternehmens Lockheed Martin bestellt, während Schweden US-amerikanische Patriot-Flugabwehrraketen gekauft hat. Die Nato-Kompatibilität ist also sichergestellt.

Mehr: Der neue eiserne Vorhang: Wie sich die Nato für einen Krieg mit Russland rüstet



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