Vilnius, Berlin Die Bundesregierung steigt aus der Vereinbarung mit Polen aus, ukrainische Leopard-Panzer auf polnischem Gebiet zu reparieren. Das erfuhr das Handelsblatt von mit der Angelegenheit vertrauten Personen. Grund dafür die in den nächsten Tagen offiziell verkündet werden soll, sind aus deutscher Sicht völlig überzogene Preisvorstellungen der Polen.
Aus dem Bundesverteidigungsministerium hieß es offiziell, die endgültige Entscheidung sei noch nicht gefallen, die Gespräche mit der polnischen Seite liefen noch.
Die Ukraine benötigt dringend eine Möglichkeit, beschädigte Kampfpanzer westlicher Bauart wieder einsatztauglich zu machen. Bei ihrer laufenden Gegenoffensive erleiden die ukrainischen Streitkräfte hohe Verluste. Die Bundesregierung hatte im März nach langem Zögern der Ukraine 18 moderne Leopard-2-Panzer vom Typ A6 übergeben. Auch andere europäische Partner sagten Lieferungen zu, darunter Polen. Doch auch um die von Polen bereitgestellten Leopard-A4-Panzer gibt es Streit: Von den 14 gelieferten Fahrzeugen trafen acht beschädigt in der Ukraine ein, wie das Handelsblatt erfuhr.
Ziel des geplanten Reparaturzentrums war, die Panzer möglichst in der Nähe der Grenze zur Ukraine zu warten, um kurze Wege zu haben. Schon im April hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mit seinem Amtskollegen eine Absichtserklärung für den Bau der Panzerwerkstatt unterzeichnet.
Das Zentrum soll gemeinsam von den deutschen Rüstungskonzernen Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und dem polnischen Unternehmen PGZ aufgebaut werden. PGZ soll laut informierten Kreisen aber Preise verlangt haben, die zehnmal höher sind als üblich.
Pistorius hatte zuletzt bei einem Treffen mit seinem polnischen Amtskollegen Mariusz Blaszczak den Druck erhöht. Die Verhandlungen sollten „möglichst innerhalb der nächsten zehn Tage beendet werden, damit wir wissen, in welche Richtung es weitergeht“, sagte Pistorius.
Viele ukrainische Leopard-Panzer beschädigt
Die Ukraine ist unbedingt auf die Reparatur der Leopard-Panzer angewiesen, da diese für die Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete im Süden und Osten des Landes benötigt werden. Schon jetzt sind nach Angaben von Experten etwa die Hälfte der gelieferten Leopard-Kampfpanzer beschädigt. Fotos aus dem Kampfgebiet, die in Online-Netzwerken kursieren, zeigen, dass ein bis zwei Fahrzeuge zerstört sind, andere sind reparaturbedürftig.
Pro Leopard 2 sind dafür in der Regel einige Hundert Stunden Arbeit nötig. Die Bundesregierung muss dafür laut üblichen Marktpreisen insgesamt mit einem Betrag in dreistelliger Millionenhöhe rechnen. Mit dem Reparaturbetrieb in Polen wären diese Kosten aber deutlich höher ausgefallen, sagte eine mit den Vorgängen vertraute Person dem Handelsblatt.
Die Kampfpanzer könnten nun alternativ in der Ukraine selbst überholt werden. Dazu würden die Deutschen mit dem ukrainischen Rüstungskonzern Ukroboronprom kooperieren. Das staatliche Unternehmen mit über 60.000 Mitarbeitern unterhält einige Standorte im Westen des Landes, die bisher vor russischen Luftangriffen geschützt werden konnten. Rheinmetall hat mit Ukroboronprom schon Verträge für die Wartung und die Fertigung von Panzern geschlossen.
Während das Zusammenspiel mit Polen hakt, läuft die Kooperation mit Rumänien. In dem Land sollen Schützenpanzer vom Typ Marder überholt werden. Bei dem Projekt gebe es keine Schwierigkeiten, hieß es.
Im Frühjahr hatte es aber Zwist mit der Slowakei gegeben, wo unter anderem Panzerhaubitzen für die Ukraine gewartet werden sollten. Die slowakischen Zollbehörden verlangten hohe Zölle für Ersatzteile, was zu einem Konflikt mit Berlin führte.
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