Jul 12, 2023
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Pita Limjaroenrat: Machtkampf in Thailand: Ein früherer Start-up-Manager stellt sich gegen das konservative Establishment

Written by Mathias Peer

Bangkok Der Regen hat gerade aufgehört, als der Mann die Bühne betritt, der Thailands politisches Establishment in Alarmstimmung versetzt. Pita Limjaroenrat ist 42 Jahre alt, sieht aber deutlich jünger aus – besonders wenn er sich wie am vergangenen Sonntagabend mit weit aufgeknöpftem Hemd, hochgekrempelten Ärmeln, Turnschuhen und Smartwatch vor seine Anhänger stellt. „Wir verlangen eine Rückkehr zur Normalität in der thailändischen Politik“, ruft der Politiker, der den vom Militär kontrollierten Machtapparat in Bangkok zu Fall bringen möchte. „Wir fordern eine Entscheidung zugunsten der Demokratie.“

Der Harvard-Absolvent und frühere Start-up-Manager weiß einen großen Teil der thailändischen Gesellschaft hinter sich: Mit seiner progressiven und prodemokratischen Partei Move Forward gewann er vor zwei Monaten deutlich die Parlamentswahl in Südostasiens zweitgrößter Volkswirtschaft. Das Ergebnis war ein klares Signal für den weitverbreiteten Wunsch nach einem Regierungswechsel – neun Jahre nachdem sich das Militär in Thailand an die Macht geputscht hatte. 

Dennoch muss Pita um das angestrebte Amt des Regierungschefs bangen. Unmittelbar vor der Premierministerernennung an diesem Donnerstag, bei dem er den Machtwechsel besiegeln möchte, erhöhen seine Gegner den Druck – mit mehreren rechtlichen und politischen Hürden, die für den charismatischen Hoffnungsträger der thailändischen Demokratiebewegung nicht nur das Aus als Politiker bedeuten könnten, sondern womöglich auch eine Gefängnisstrafe. Als Reaktion darauf formiert sich eine Protestwelle enttäuschter Wähler Pitas. Thailand droht eine neue Phase der politischen Instabilität.

Die Bedrohung für Wahlsieger Pita kommt gleich von mehreren Seiten: Am Mittwoch empfahl Thailands Wahlkommission, die dem Militär nahesteht, die sofortige Suspendierung des Politikers und forderte das Verfassungsgericht auf, eine Disqualifizierung zu prüfen. Hintergrund ist eine Regelung, wonach Abgeordnete keine Anteile an Medienunternehmen besitzen dürfen.

Pitas Gegner werfen ihm vor, zwischenzeitlich Aktien eines TV-Senders besessen zu haben. Der Sender hatte seinen Betrieb aber bereits 2007 eingestellt und ist aus Pitas Sicht daher kein Medienunternehmen mehr. Die Anteilscheine, die der Politiker aus dem Nachlass seines Vaters erhielt, sind so gut wie wertlos.

Vorwurf des Monarchie-Sturzes steht im Raum

Dennoch sieht Pita sich mit dem Vorwurf konfrontiert, sich um ein politisches Amt beworben zu haben, obwohl er gewusst habe, dass er dazu nicht berechtigt sei. Das könnte auch als strafrechtliches Vergehen gewertet werden, bei dem bis zu drei Jahre Haft drohen. Pitas Partei warf der Wahlkommission vor, ihre Macht zu missbrauchen. Prominente Demokratieaktivisten riefen für den Mittwochabend zu einer Protestkundgebung in Bangkok auf. 

„Respektiert meine Stimme“

Anhänger der Partei Move Forward protestieren am Mittwoch in Bangkok.

(Foto: AP)

Das Verfassungsgericht, das in der Vergangenheit regelmäßig Entscheidungen zugunsten der konservativen Kräfte rund um das Militär fällte, nahm am Mittwoch zudem ein weiteres Verfahren gegen Pita und Move Forward an. Darin geht es um einen Kern der Reformversprechen der Partei. Sie will das äußerst strikte Majestätsbeleidigungsgesetz, das oft gegen politische Aktivisten angewandt wird, entschärfen.

Dies ist aus Sicht der bisherigen Machthaber ein Tabubruch. Das Königshaus galt in Thailand lange Zeit als unantastbar. 2020 kam es allerdings zu Massenprotesten, die eine Reform der Monarchie forderten.

Die Regierung ging hart dagegen vor. Die Beschwerde vor dem Verfassungsgericht wirft Move Forward nun vor, „das demokratische Regierungssystem mit dem König als Staatsoberhaupt stürzen“ zu wollen. 

>> Lesen Sie hier: Milliardärserbin und Harvard-Absolvent führen bei Parlamentswahl in Thailand

Pita weist auch diesen Vorwurf zurück und will sich ungeachtet der juristischen Verfahren der geplanten Premierministerwahl stellen. Doch obwohl er mit seiner Acht-Parteien-Koalition über eine komfortable Mehrheit verfügt, steht der ehemalige Spitzenmanager des südostasiatischen Taxidienstes Grab vor einer nur schwer bewältigbaren Hürde: Denn laut der von der früheren Militärregierung eingesetzten Verfassung hat auch die zweite Parlamentskammer, der Senat, ein Mitspracherecht bei der Ernennung. Dessen Mitglieder wurden nicht gewählt, sondern von der Junta bestimmt – sie werden daher dem gegnerischen politischen Lager zugerechnet.

Prayut Chan-ocha

Thailands Premierminister zieht sich aus Politik zurück:


(Foto: dpa)

Sollten die Senatoren Pita die Zustimmung verweigern, droht Thailands Politik ein wochen- oder gar monatelanger politischer Stillstand. Derzeit zeichnet sich kein anderer Premierministerkandidat ab, der auf eine Mehrheit kommen könnte. Amtsinhaber Prayut Chan-ocha, der den Putsch von 2014 anführte und nun noch geschäftsführend im Amt ist, kündigte am Dienstag seinen Rückzug aus der Politik an. 

Bei seiner bislang letzten großen Kundgebung am vergangenen Sonntag versuchte Pita trotz des immensen Drucks unter seinen Anhängern, Optimismus zu verbreiten: „Wir sind zu weit gekommen, um zu verlieren“, rief er in sein Mikrofon und versprach: „Wenn ihr nicht aufgebt, werde ich auch nicht aufgeben.“
Mehr: Thailand-Wahl – eine historische Chance für Europa



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