Berlin Die Industriestaaten-Organisation OECD sieht in einer Reform des umstrittenen Ehegattensplittings ein geeignetes Rezept gegen den Fachkräftemangel. „Im internationalen Vergleich sind in Deutschland die Anreize für Zweitverdiener, mehr zu arbeiten, auch aufgrund des Ehegattensplittings gering“, sagte die Leiterin des OECD Berlin Centre, Nicola Brandt, am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters.
Die Erfahrungen mit der Abschaffung in Schweden Anfang der 70er-Jahre und Modellstudien deutscher Wirtschaftsforschungsinstitute zeigten, dass sich durch eine Reform die Vollzeitbeschäftigung unter Frauen deutlich steigern ließe
„Das heißt, eine Reform könnte ein wirksames Mittel gegen Fachkräftemangel sein und gleichzeitig der Geschlechtergerechtigkeit bei bezahlter und unbezahlter Arbeit dienen“, sagte Brandt. „Das gilt besonders, wenn ein weiterer Ausbau hochwertiger Kinderbetreuung damit einhergeht, oder auch eine Ausweitung der Vätermonate beim Elterngeld.“
Es gebe mehrere Konzepte, die zusätzliche steuerliche Belastungen bei einer Reform des Ehegattensplittings nur für Spitzenverdienerhaushalte vorsähen, fügte die Expertin der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hinzu.
„Das derzeitige System ermutigt Zweitverdiener, Teilzeit zu arbeiten oder ihren Verdienst zu begrenzen“, sagte auch die Vizedirektorin der OECD-Wirtschaftsabteilung, Isabell Koske. Um Frauen zu motivieren, mehr zu arbeiten und so dem zunehmenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sei eine Reform der aktuellen gemeinsamen Besteuerungsregeln „von entscheidender Bedeutung“.
Sie könne erhebliche Auswirkungen auf das Arbeitskräfteangebot haben und gleichzeitig zusätzliche Steuereinnahmen bringen. „Zusätzliche Einnahmen aus der Reform könnten dazu verwendet werden, den Zugang zu hochwertiger Kinderbetreuung und frühkindlicher Bildung weiter zu verbessern“, sagte Koske. Das würde mit dazu beitragen, das Angebot an weiblichen Arbeitskräften zu erhöhen.
Streit zwischen Grünen und FDP
SPD-Chef Lars Klingbeil hatte für neu geschlossene Ehen eine Abschaffung des Ehegattensplittings ins Spiel gebracht. Dieses hilft vor allem Paaren, bei denen einer viel und der andere wenig verdient oder gar nicht arbeitet. Das verhindert in der Praxis oft, dass Frauen nach einer familienbedingten Auszeit wieder Vollzeit in den Beruf zurückkehren.
Die Grünen sind offen für Klingbeils Vorschlag, die FDP aber klar dagegen. Die Liberalen wittern eine Form von Steuererhöhungen, die im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien ausgeschlossen sind. „Die Abschaffung des Ehegattensplittings wäre schlicht und ergreifend eine Steuererhöhung für viele Paare“, twitterte der parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Florian Toncar (FDP), kürzlich.
Mehr: Warum auch die Ampel keine Reform des Ehegattensplittings wagt
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