New York/Damaskus Die syrische Regierung hat humanitäre Hilfslieferungen aus der Türkei in Rebellengebiete des Bürgerkriegslandes wieder erlaubt. Davor waren seit Montag Millionen Menschen von neuen Hilfslieferungen der Vereinten Nationen abgeschnitten worden, nachdem Russland im UN-Sicherheitsrat ein Veto gegen eine Verlängerung der Hilfslieferungen eingelegt hatte.
Am Donnerstag schrieb der syrische UN-Botschafter Bassam Sabbach in einem Brief an den UN-Sicherheitsrat, Damaskus habe „die souveräne Entscheidung getroffen“, den UN zu erlauben, den Grenzübergang Bab al-Hawa zu nutzen.
Hintergrund ist ein jahrelanger Streit um Hilfslieferungen. Im Jahr 2014 hatte der Sicherheitsrat UN-Organisationen damit beauftragt, Hilfsgüter aus Nachbarländern in von der Opposition kontrollierte Teile Syriens zu liefern, ohne die Regierung in Damaskus um Erlaubnis zu bitten.
Seit 2018 nutzte Moskau, das im syrischen Bürgerkrieg Machthaber Bashar al-Assad unterstützt, seine Macht im Sicherheitsrat, um den Umfang dieses Mandats von vier Grenzübergängen auf einen – bei Bab al-Hawa – zwischen der Türkei und der von Rebellen gehaltenen Enklave Idlib im Nordwesten zu beschränken.
Diese Woche nun blockierte Moskau im Sicherheitsrat die Verlängerung einer Resolution zur weiteren Öffnung von Bab al-Hawa für neun Monate. Auch ein Gegenentwurf Moskaus, der eine Verlängerung um sechs Monate vorgesehen hätte, scheiterte.
Erlaubnis für Hilfslieferungen gilt für sechs Monate
Syriens Präsident Al-Assad versuchte in der Vergangenheit mit der Schließung der Grenzübergänge, Einfluss auf von Rebellen gehaltene Teile des Landes zurückgewinnen. Über Bab al-Hawa läuft ein Großteil der humanitären Hilfe für den Nordwesten Syriens. Nach Angaben der Vereinten Nationen benötigen in dieser Region des Bürgerkriegslandes 4,1 Millionen Menschen Unterstützung.
Die Erlaubnis für die Hilfslieferungen gelte für sechs Monate, hieß es in dem Schreiben des syrischen UN-Botschafters weiter.
Die syrische Regierung habe damit eine strategische Entscheidung getroffen, sagte der Menschenrechtsaktivist und syrische Oppositionspolitiker, Jasser Al-Farhan der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. „Auf diese Weise versucht das (syrische) Regime, sein Gesicht vor der Weltgemeinschaft reinzuwaschen,“ sagte er. Syrien wolle mit der Entscheidung vor allem die Souveränität und die Macht des eigenen Staates hervorheben.
In einer Petition von oppositionellen, syrischen Aktivisten, Anwälten und Politikern hieß es, die Ankündigung sei nur ein weiterer Versuch der syrischen Regierung, ihre Macht über Millionen von Syrern weiter zu demonstrieren.
In Syrien herrscht seit 2011 ein Bürgerkrieg, der mehr als 350 000 Todesopfer gefordert hat. 13 Millionen Menschen wurden innerhalb Syriens vertrieben oder flüchteten in andere Länder. Die verheerenden Erdbeben im Februar verschlechterten die Lage weiter.
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