Jul 19, 2023
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Konflikt der Supermächte: „Freund des chinesischen Volks“ – Henry Kissinger auf einsamer Friedensmission

Written by Sabine Gusbeth

Peking Schon zu Beginn der 1970er-Jahre hatte Henry Kissinger mit seinen Geheimreisen nach China Diplomatie-Geschichte geschrieben, jetzt versucht er es noch mal. Am Dienstag hatte der ehemalige US-Außenminister in Peking mit dem chinesischen Verteidigungsminister Li Shangfu gesprochen, der wegen Sanktionen nicht in die USA einreisen darf. Am Mittwoch folgte eine Unterredung mit dem chinesischen Spitzendiplomaten Wang Yi.

Bei allen Zerwürfnissen mit der westlichen Supermacht: China bereitete dem 100-jährigen Amerikaner einen freundlichen Empfang. Kissinger wird von chinesischen Politikern häufig als „alter Freund des chinesischen Volkes“ bezeichnet.

Wang Yi lobte denn auch Kissingers historische Leistung, das „Eis zu brechen“ und die chinesisch-amerikanischen Beziehungen zu stärken. „Die US-Politik gegenüber China erfordert diplomatische Klugheit im Stil von Kissinger und politischen Mut im Stil von Nixon“, schmeichelte er.

Unklar blieb, ob Kissinger auf Initiative der US-Regierung nach Peking reiste. Das US-Außenministerium wollte sein Treffen mit Verteidigungsminister Li nicht kommentieren. Man könne nicht für „Privatpersonen sprechen, die nicht Teil der Regierung sind“, hieß es.

Kissinger forderte bei seinem Besuch in Peking, die Vereinigten Staaten und China sollten „Missverständnisse ausräumen, friedlich koexistieren und Konfrontationen vermeiden“, wie ihn die Nachrichtenagentur Reuters zitiert. Die Geschichte und die Praxis hätten immer wieder bewiesen, dass es sich beide Staaten nicht leisten könnten, den anderen als Gegner zu behandeln.

>> Lesen Sie dazu auch: Chinas Schwäche wird zum Risiko für die Weltkonjunktur

Die Reise des ehemaligen US-Außenministers überschneidet sich mit dem Besuch des US-Klimabeauftragten John Kerry in Peking. Kerry will den Klimadialog zwischen den beiden Ländern wiederbeleben, den die Staatsführung aus Protest gegen die Taiwan-Reise von Nancy Pelosi ausgesetzt hatte.

Vor Kerry waren US-Außenminister Antony Blinken und Finanzministerin Janet Yellen zu Gesprächen nach Peking gereist, um die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Staaten zu verbessern. Nach dem Eklat um den Abschuss eines mutmaßlichen chinesischen Überwachungsballons über US-Hoheitsgebiet im Februar hatte zwischen den beiden Staaten monatelang weitgehend Funkstille geherrscht.

Mao Tse-tung (l.), Henry Kissinger im Jahr 1973

Kissingers diplomatische Initiativen trugen in den frühen 70er-Jahren wesentlich dazu bei, dass das kommunistische China vom Westen nicht mehr isoliert wurde.

(Foto: ddp images/AP/)

Das hohe Ansehen Kissingers in der Volksrepublik hängt wesentlich mit seinen Geheimreisen nach China im Jahr 1971 zusammen. Der damalige Sicherheitsberater von US-Präsident Richard Nixon legte in Peking die Grundlage für die Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und dem damals vom Westen weitgehend isolierten kommunistischen Regime.

Im Jahr darauf besuchte der Republikaner und überzeugte Antikommunist Nixon als erster US-Präsident die 1949 gegründete Volksrepublik. Bereits damals war einer der Hauptstreitpunkte zwischen den beiden Staaten der Status von Taiwan. Die Regierung in Taipeh, mit der die USA damals noch offiziell diplomatische Beziehungen pflegte, beanspruchte, für ganz China zu sprechen.

Im sogenannten Shanghai-Kommuniqué, auf das sich die Volksrepublik und die USA zum Abschluss von Nixons Reise verständigten, heißt es: „Die Vereinigten Staaten erkennen an, dass alle Chinesen auf beiden Seiten der Taiwan-Straße die Auffassung vertreten, dass es nur ein China gibt und dass Taiwan ein Teil von China ist.“

Interesse an der friedlichen Lösung der Taiwan-Frage

Die Regierung der Vereinigten Staaten stelle diesen Standpunkt nicht infrage. Sie bekräftige ihr Interesse an einer friedlichen Lösung der Taiwan-Frage durch die Chinesen selbst. Diese sogenannte strategische Ambiguität ist bis heute die offizielle Politik der USA in Bezug auf Taiwan.

Als Außenminister definierte Kissinger die Rolle des Nationalen Sicherheitsberaters neu – seit der Nixon-Regierung werden nationale Sicherheitsinteressen der USA zentral aus dem Weißen Haus heraus gesteuert. So ist es bis heute. Kissinger beriet fast jeden US-Präsidenten in den vergangenen 50 Jahren außenpolitisch, mal mehr, mal weniger formell. Barack Obama und Donald Trump traf er mehrmals, ein offizieller Besuch im Weißen Haus von Biden steht bislang noch aus.

Dass ihm der Konflikt der Supermächte große Sorgen bereitet, hatte Kissinger zuletzt mehrmals hervorgehoben. Kurz vor seinem 100. Geburtstag im Mai warnte er vor den „großen Bedrohungen der Welt“. Er sei „besessen“ vom Thema Künstliche Intelligenz, sagte er bei einem Auftritt in Washington. Neue Abkommen für Rüstungskontrolle müssten die Regulierung von KI zur obersten Priorität erklären.

Wenn die Weltmächte keine Mittel und Wege fänden, um KI einzuhegen, sei der technologische Fortschritt „einfach ein verrücktes Wettrennen, das in eine Katastrophe führt“. Anschließend forderte Kissinger US-Präsident Joe Biden auf, auf China zuzugehen. „Es ist unmöglich, dass eine Seite das Rennen um KI gewinnt. Deshalb sollten sich beide Seiten verpflichten, keinen Hightech-Krieg gegeneinander zu führen.“

Mitarbeit: Annett Meiritz und Katharina Kort

Mehr: Kissinger wird 100 – „Besessen“ vom Thema Künstliche Intelligenz



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