Goa Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat die Ergebnisse des G20-Energieministertreffens im indischen Goa als eine „gewisse Enttäuschung“ bezeichnet. In wesentlichen Punkten habe man keine Einigung erzielt. Der indischen G20-Präsidentschaft sei es aber gelungen, den Gipfel formal zu retten, sagte er am Samstag in Goa im Anschluss an das Treffen mit seinen Amtskollegen aus den großen Industrie- und Schwelländern. Das Treffen wurde überschattet vom Ukraine-Krieg. Habeck warf der russischen Seite eine „völlig verdrehte Weltsicht“ vor.
In Verhandlungskreisen hieß es, Habeck habe in seinem Statement vor seinen Ministerkollegen in nichtöffentlicher Sitzung Russlands Krieg gegen die Ukraine scharf kritisiert. Russland sei „ganz klar der Täter“. Das müsse benannt werden. Europa habe im vergangenen Jahr erfahren müssen, dass Russland Energie als Waffe einsetze. Gaslieferungen seien gestoppt worden, um in Deutschland und Europa eine Gasmangellage auszulösen. Europa und Deutschland hätten zu spüren bekommen, was einseitige fossile Abhängigkeiten bedeuteten. Erneuerbare Energien seien deshalb weit mehr als eine Frage des Klimaschutzes, sie seien eine Frage der Energie- und der Wirtschaftssicherheit.
Russlands Energieminister Alexander Nowak war bei dem Treffen selbst nicht anwesend. Lediglich sein Stellvertreter Pavel Sorokin war per Video zugeschaltet. Vor Ort in Goa wurde Russland durch einen Abteilungsleiter aus dem Ministerium vertreten.
Damit reiht sich das Treffen der Energieminister ein in die Reihe von Spitzentreffen auf internationaler Bühne, die vom Ukraine-Krieg überschattet werden. Ein gemeinsames Abschlusskommuniqué kam erwartungsgemäß nicht zustande.
Das Ziel der Verdreifachung des weltweiten Ausbaus der erneuerbaren Energien bis 2030 findet sich nicht als Beschluss der G20-Staaten im Abschlussdokument, sondern nur in der Zusammenfassung der indischen Präsidentschaft. Aktuell sind weltweit 3,3 Terawatt (TW) Erneuerbaren-Kapazität installiert, davon entfallen rund 90 Prozent auf die G20-Staaten. Aus Delegationskreisen hieß es, Ziel sei es gewesen, einen Wert von neun TW in einem gemeinsamen Abschlusskommuniqué festzuschreiben. Das sei aber trotz hart geführter Verhandlungen nicht gelungen.
Habeck: Einige Länder stellen den Schutz der Industrie vor die Verantwortung fürs Klima
Immerhin habe sich aber „die ganz überwiegende Zahl der G20“ für eine Verdreifachung ausgesprochen. Zu den Ländern, die gegen ambitionierte Ziele für den Erneuerbaren-Ausbau stimmten und damit die erforderliche Einstimmigkeit verhinderten, zählten den Angaben zufolge Russland und Saudi-Arabien.
Habeck sagte nach dem Treffen, es sei nicht zu erklären, dass einige Staaten den Schutz der eigenen Industrie vor die gemeinsame Verantwortung für das Klima stellten.
Auch die von deutscher Seite angestrebte „ambitionierte Sprache“ für einen Ausstieg aus fossilen Energien, insbesondere Kohle, war am Ende nicht mehrheitsfähig. „Da hätten wir uns mehr gewünscht“, hieß es aus deutschen Delegationskreisen.
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Lange Einlassungen zu einzelnen Formulierungen ohne inhaltliche Relevanz seien kennzeichnend für die russischen Beiträge während der Verhandlungen im Vorfeld gewesen, die am Mittwoch begonnen hatten, hieß es aus Verhandlungskreisen. Dennoch erzielten die G20-Staaten in einzelnen Fragen Einigungen, etwa mit Blick auf Zugang zu Energie und bei Technologien zur Abscheidung von Kohlendioxid.
Indien will bei der Produktion von grünem Wasserstoff führend werden
Das insgesamt magere Ergebnis ist insbesondere für die indische G20-Präsidentschaft enttäuschend. Premierminister Narendra Modi nutzt den G20-Vorsitz in diesem Jahr, um für sein Land eine führende Rolle bei der Energiewende zu reklamieren und auf internationaler Bühne eine Vorreiterrolle unter den Schwellenländern zu übernehmen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung spielt dabei eine wichtige Rolle, ebenso der Einsatz von Biokraftstoffen.
Außerdem soll grüner Wasserstoff eine Schlüsselrolle bei der Transformation des Landes spielen. Indien verfügt über hervorragende Bedingungen zur Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen – eine Grundvoraussetzung für die Herstellung von grünem Wasserstoff. Grüner Wasserstoff wird hergestellt, indem mit Wind- oder Sonnenstrom Elektrolyseure betrieben werden, in denen Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff getrennt wird. Grüner Wasserstoff ist klimaneutral.
Indien will bei der Produktion und beim Export von grünem Wasserstoff zum globalen Player werden. Das Land will den Wasserstoff auch selbst nutzen, um industrielle Prozesse zu dekarbonisieren. Indische Konzerne haben massive Investitionen angekündigt.
Indien hatte das Thema grüner Wasserstoff auch für das Energieministertreffen in den Fokus gerückt. Die G20-Staaten erkennen im Abschlussdokument die Bedeutung von grünem Wasserstoff als „transformative Technologie“ zum Umbau industrieller Prozesse, etwa in der Stahlindustrie, an.
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