Berlin Im laufenden Ausbildungsjahr sind die Löhne der Lehrlinge in vielen Branchen kräftig gestiegen – teilweise um mehr als 20 Prozent. Das zeigt eine Auswertung von 20 Tarifbranchen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.
„Die Tarifvertragsparteien reagieren hier auf sinkende Ausbildungszahlen und einen zunehmenden Fachkräftemangel, dem ohne eine deutliche Verbesserung der Vergütungsniveaus nicht entgegnet werden kann“, sagte der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Thorsten Schulten. Um die Attraktivität bestimmter Ausbildungsberufe zu erhöhen, sei aber eine Stärkung der Tarifbindung dringend geboten.
In den vergangenen Jahren war die Zahl der neuen Azubiverträge massiv gesunken. Auch für das im Spätsommer beginnende nächste Lehrjahr sieht es bisher nicht besser aus: Bis Ende Juni hatten sich erneut etwas weniger Bewerber bei den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern gemeldet. Zugleich gibt es immer mehr junge Ungelernte.
Die Löhne gelten als eine Stellschraube, um das Interesse an der Ausbildung wieder zu erhöhen. Daher wurde 2020 auch hier der gesetzliche Mindestlohn eingeführt.
Den größten Zuwachs beim Gehalt konnte 2022/23 das Backhandwerk verzeichnen. In den Unternehmen steigen die Ausbildungsvergütungen ab August 2023 im ersten Jahr um 26,5 Prozent.
Nicht in allen Branchen gibt es höhere Löhne für Auszubildende
Erhöhungen um 20 Prozent und mehr gab es auch im Gastgewerbe in Bayern, in der Floristik in Westdeutschland und Unternehmen der Süßwarenindustrie in Nordrhein-Westfalen. Über zehn Prozent stiegen die Azubi-Löhne im Gastgewerbe in Sachsen und im privaten Bankgewerbe. In der Mehrzahl der Branchen stiegen die Vergütungen zwischen zwei und 7,5 Prozent.
In einigen wenigen Branchen gab es keine Erhöhungen. Das liegt zum Teil daran, dass wie etwa bei der Deutschen Bahn oder dem Friseurhandwerk NRW die Tarifverhandlungen noch laufen. In anderen Branchen wie dem Kfz-Handwerk treten vereinbarte Erhöhungen erst später in Kraft.
Die Spannbreite bei den Löhnen ist enorm: Aktuell liegen die tariflichen Ausbildungsvergütungen im ersten Jahr zwischen dem gesetzlich fixierten Mindestlohn von 620 Euro pro Monat, der etwa im Friseurhandwerk oder in der ostdeutschen Floristik gezahlt wird, und bis zu 1580 Euro im westdeutschen Bauhauptgewerbe.
In zehn der 20 untersuchten Tarifbranchen verdienen Auszubildende zumindest teilweise mehr als 1000 Euro pro Monat. Hierzu gehören das Gastgewerbe in Bayern, das mit der jüngsten Erhöhung erstmals die 1000 Euro-Marke erreicht hat, die Textilindustrie in Baden-Württemberg mit 1015 Euro, die Deutsche Bahn mit bundeseinheitlich 1020 Euro und die Druckindustrie, die Neu-Azubis bundesweit 1025 zahlt.
Azubis in öffentlichen Pflegeeinrichtungen bekommen am meisten Geld
Mehr als 1000 Euro gibt es auch im öffentlichen Dienst: Hier zahlen Bund und Gemeinden 1068 Euro pro Monat, die Länder (ohne Hessen) 1087 Euro.
>>Lesen Sie hier: Mehr als 2,6 Millionen Menschen zwischen 20 und 35 Jahren sind ungelernt – ein neues Rekordhoch
Mehr gibt es in der von besonders großem Personalmangel geplagten Pflege: Dort gibt es in öffentlichen Einrichtungen über die Länder schon im ersten Lehrjahr 1231 Euro, über Bund und Gemeinden 1191 Euro. Das sind zugleich die höchsten Azubi-Vergütungen im WSI-Vergleich. In privaten Einrichtungen werde teilweise deutlich weniger bezahlt, teilte das Institut mit.
Die niedrigsten Ausbildungsvergütungen finden sich in der Landwirtschaft im Bezirk Nordrhein mit 790 Euro, im NRW-Friseurhandwerk mit 610 Euro und in der ostdeutschen Floristik mit 585 Euro. Die beiden letztgenannten Bereiche liegen sogar unterhalb der gesetzlichen Mindestausbildungsvergütung.
Mehr: Die Löhne steigen – obwohl die Tarifbindung zurückgeht
<< Den vollständigen Artikel: Ausbildung: Fachkräftemangel treibt Azubi-Löhne in die Höhe >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.